Felix Balzer übernimmt Institut für Medizinische Informatik der Charité
27.01.2021 - Prof. Dr. Dr. Felix Balzer hat eine W3-Professur auf Lebenszeit für Medical Data Science an der Charité – Universitätsmedizin Berlin übernommen.
Mit Jahresbeginn hat Prof. Dr. Dr. Felix Balzer eine W3-Professur auf Lebenszeit für Medical Data Science an der Charité – Universitätsmedizin Berlin übernommen. Der Facharzt für Anästhesiologie ist nicht nur Mediziner, sondern auch Informatiker. An der Charité vermittelt der Wahlberliner unter anderem in der Funktion des Chief Medical Information Officer (CMIO) zwischen den Anforderungen im medizinischen Bereich und der Informationstechnologie. Künftig wird er das Institut für Medizinische Informatik leiten, den Digitalisierungsprozess in der Krankenversorgung an der Charité koordinieren und auf dem Gebiet der Datenmedizin lehren und forschen.
Informatik in Medizin übersetzen. Anforderungen aus der Klinik – sowohl von Ärztinnen, Ärzten und Pflegenden als auch von Patientinnen und Patienten – mit passenden IT-Lösungen beantworten. Daten aus Medizin und Gesundheitsversorgung für eine zugeschnittene Diagnostik und individuelle Therapien nutzbar machen. Darum geht es bei Medical Data Science, einem starken und sich schnell entwickelnden Zweig der digitalen Transformation. „In der Digitalisierung des Gesundheitswesens liegen viele ungenutzte Potenziale. Die derzeitige Pandemie hat das sehr deutlich gezeigt. Für Digitalisierungsprozesse in der Medizin müssen aber nicht nur technische Hürden bewältigt, sondern auch gesellschaftliche Akzeptanz erarbeitet und ethische Fragen beantwortet werden“, sagt Charité-Dekan Prof. Dr. Axel R. Pries. Er ist wie Prof. Balzer Vorstandsmitglied des Berliner Einstein Centers Digital Future (ECDF), das gegründet wurde, um Meilensteine in der Digitalisierungsforschung zu setzen und die dafür notwendige interdisziplinäre Expertise zu bündeln.
Im ECDF vertritt Prof. Balzer den Bereich Digitale Gesundheit, seit 2018 hatte er hier und an der Charité eine Stiftungsprofessur für E-Health and Shared Decision Allocation inne. In diesem Rahmen arbeitet er interdisziplinär mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter anderem aus den Bereichen Wirtschaftsinformatik, Soziologie und Designforschung zusammen. „Wir bieten jungen Professorinnen und Professoren die Plattform und den Freiraum, um ihre Forschung innovativ und kreativ zu entwickeln. Die exzellente Arbeit von Prof. Balzer wurde sowohl national als auch international wahrgenommen. Umso mehr freue ich mich, dass er Berlin verbunden bleibt und auch zukünftig wesentliche Beiträge für eine nachhaltige Entwicklung des Bereichs E-Health leisten wird“, sagt Prof. Dr. Odej Kao, Vorstandsvorsitzender des ECDF. Somit bringt Prof. Balzer weiterhin in der Berliner Universitätsmedizin seine Expertise an zentraler Stelle ein, um digitale Lösungen zu entwickeln, die neue Optionen für Diagnostik und Therapie, mehr Patientensicherheit, mehr Behandlungsqualität und weniger bürokratisches Arbeiten für medizinisches Personal eröffnen. „Ganz wichtig ist dabei, dass er diese Ansätze und Kenntnisse zunehmend an neue Medizinergenerationen vermitteln wird“, ergänzt Prof. Pries.
Als Arzt und Informatiker kennt Prof. Balzer beide Perspektiven: Den medizinischen Bedarf wie auch die technologischen Möglichkeiten und Hürden in der Umsetzung digitaler Lösungen. „Durch den technologischen Fortschritt hat sich innerhalb weniger Jahre das Verständnis der Medizin erheblich verändert“, sagt der neue Direktor des Instituts für Medizinische Informatik. „Es entstehen große Datenmengen in bisher ungekannter Granularität. Diese werden nun verfügbar, sodass sich ganz neue Möglichkeiten ergeben, mit denen sich Patienten und Krankheiten auf neuartige Weise charakterisieren lassen.“ Die interdisziplinär ausgerichtete Arbeit am Institut für Medizinische Informatik hat zum Ziel, diese medizinischen Daten effektiv und effizient in der Forschung und Patientenversorgung nutzbar zu machen. So sollen beispielsweise das Langzeit-Outcome für Patientinnen und Patienten weiter verbessert und medizinische Ressourcen bestmöglich eingesetzt werden.
Nur ein Beispiel hierfür ist die kontinuierliche Überwachung von Vitalfunktionen und weiterer klinischer Parameter durch Monitoringsysteme im Krankenhaus wie auch in der ambulanten Vor- oder Nachsorge. Mithilfe telemedizinischer Anwendungen lässt sich der Gesundheitszustand von Patientinnen und Patienten über lange Zeiträume hinweg beobachten. So können Rückschlüsse auf Behandlungen und Therapieergebnis im Sinne einer „High-Definition Medicine“ gezogen werden. „Die daraus resultierende dynamische Sicht auf den Patienten und seine Krankheit steht dabei im Gegensatz zur traditionellen Sichtweise der Medizin, bei der therapeutische Entscheidungen häufig auf isolierten Momentaufnahmen der behandelnden Ärztinnen und Ärzte beruhen“, sagt Prof. Balzer.
Ein Schwerpunkt in den Forschungsarbeiten von Prof. Balzer liegt auf dem Thema Patientensicherheit an der Schnittstelle zwischen Intensivstation und perioperativer Versorgung, also der Versorgung im Umfeld eines chirurgischen Eingriffs. „Es geht darum, in den im Krankenhaus erhobenen Routinedaten neue Indikatoren zu finden, die die weitere Behandlung und Genesung der Patientinnen und Patienten beeinflussen könnten“, erklärt Prof. Balzer. „Gleichzeitig sollen Patientinnen und Patienten im Sinne von Shared Decision Allocation, also geteilter Entscheidungsverantwortung, stärker in Behandlungsentscheidungen eingebunden werden. Denn über intelligente Apps stehen ihnen künftig immer mehr Daten zum eigenen Gesundheitsstatus zur Verfügung. Dabei entstehen neben technischen Problemen auch wichtige Fragen im Bereich Datensicherheit und Selbstbestimmungsrecht.“
Medizinische Prozesse im Zuge der weiteren Digitalisierung an der Charité und im Verbund mit anderen Krankenhäusern, Gesundheitseinrichtungen, regionalen und überregionalen Partnern zu begleiten und zu harmonisieren, wird eine zentrale Aufgabe Prof. Balzers sein. Hierzu ist an der Charité Mitte 2020 die Funktion des Chief Medical Information Officer (CMIO) geschaffen worden – der Medizininformatiker agiert hierbei als Bindeglied zwischen IT und Klinik. Um die Translation von Ergebnissen aus der Forschung in die Krankenversorgung zu unterstützen, ist die Professur zu einer Hälfte im Geschäftsbereich IT der Charité verortet. „Diese Verknüpfung von Medizininformatik und Krankenhaus-IT gewährleistet eine konstruktive Rückkopplung zwischen Wissenschaft und Tagesgeschehen, was Elfenbeinturmdenken und das Scheitern guter Ideen an der Umsetzbarkeit verhindert“, sagt Martin Peuker, Chief Information Officer (CIO) und Leiter des Geschäftsbereichs IT. Die Medizininformatiker der Charité und des Berlin Institute of Health (BIH) werden darüber hinaus künftig noch stärker die Ziele der Medizininformatikinitiative (MII) des Bundes und den Aufbau des HiGHmed-Standorts Berlin unterstützen.
Kurzvita Prof. Dr. Dr. Felix Balzer
Der in Hamburg geborene Felix Balzer studierte Medizin und Informatik mit Auslandsaufenthalten in Paris und an der Weill Cornell University in New York. Nach der Promotion zum Dr. med. in Medizinischer Informatik an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg begann er 2009 die Facharztausbildung an der Charité und habilitierte dort 2015 im Fach Experimentelle Anästhesiologie. Ein Jahr später erhielt er das Zertifikat „Medizinische Informatik“ der GMDS/GI/BVMI. 2017 folgte die Anerkennung zum Facharzt für Anästhesiologie und die Promotion zum Dr. rer. nat. am Institut für Informatik der Humboldt-Universität zu Berlin. 2018 trat er die Stiftungsprofessur für E-Health and Shared Decision Allocation am Einstein Center Digital Future (ECDF) an. 2021 folgte der Ruf auf die W3-Professur für Medical Data Science an der Charité.
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