Labor & Diagnostik

Brustkrebs-Risikogenen auf der Spur: DNA von mehr als 113.000 Frauen sequenziert

25.06.2021 - Studienergebnisse des Breast Cancer Association Consortium (BCAC) unter Beteiligung der MHH zeigen krankheitsspezifisches Potenzial von weiteren Genmutationen bei Brustkrebs auf.

Bei Verdacht auf familiären Brustkrebs sind Gentests ein fester Bestandteil der medizinischen Praxis. Lange Zeit haben Tests jedoch nur eine begrenzte Anzahl von Genen berücksichtigt, von denen bekannt ist, dass sie mit einem hohen Krebsrisiko in Zusammenhang stehen. So sucht das Testen auf BRCA-Mutationen (BRCA = Breast Cancer) nur nach Veränderungen in den für Brust und Ovarial -Krebs bekannten BRCA1- und BRCA2-Genen.

Neue Studienergebnisse des Breast Cancer Association Consortium (BCAC), unter Beteiligung von Forschenden der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) aus dem Comprehensive Cancer Center Hannover – Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und der Klinik für Strahlentherapie und Spezielle Onkologie, zeigen nun das krankheitsspezifische Potenzial von weiteren Genmutationen bei Brustkrebs auf. Neben der präzisieren Einschätzung des Erkrankungsrisikos, unterstützen die gewonnenen Erkenntnisse nach einer umfassenden Assoziationsanalyse die Beratungsarbeit in der Praxis.

Risikogene für Brustkrebs

Wenn Gene mutieren, verursacht dies Veränderungen innerhalb der DNA-Sequenz. Bestimmte Genmutationen werden mit Krankheiten in Verbindung gebracht. Proteinverkürzende Varianten waren in neun der 34 untersuchten Gene (ATM, BRCA1, BRCA2, CHEK2, PALB2, BARD1, RAD51C, RAD51D und TP53) signifikant mit dem Brustkrebsrisiko assoziiert. Seltene Missense-Varianten (Punktmutationen) konnten in den Genen ATM, CHEK2 und TP53 mit einem Brustkrebsrisiko in Verbindung gebracht werden. Insgesamt waren für BRCA1, BRCA2 und TP53 die Missense-Varianten, die nach Standardkriterien als pathogen eingestuft würden, ebenfalls mit einem Brustkrebsrisiko verbunden, wobei das Risiko dem von Proteinkürzungsvarianten ähnlich war.

„Wertvolle Informationen für die Beratung“

„Die Ergebnisse der Studie erlauben eine präzisere Einschätzung des Erkrankungsrisikos für Brustkrebs. Das Lebenszeitrisiko für Brustkrebs ist bei Genveränderungen im BRCA1-, BRCA2- und PALB2-Gen hoch. Veränderungen in den Genen ATM, CHEK2, BARD1, RAD51C, RAD51D sind mit einem moderat erhöhten Risiko assoziiert. Diese Informationen sind sehr wertvoll und helfen uns bei der Beratung, insbesondere vor risikoreduzierenden Operationen“, sagt Professorin Dr. Tjoung-Won Park-Simon, Bereichsleitung Gynäkologische Onkologie der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der MHH. Die Ergebnisse der Studie sind bereits in die neuen Empfehlungen der Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie eingeflossen.

Assoziationsanalyse bei mehr als 113.000 Frauen

Der Studie liegt eine umfassende Assoziationsanalyse zu Grunde. Es wurde ein Panel entwickelt, das aus 34 bekannten oder vermuteten Genen für die Anfälligkeit für Brustkrebs besteht. Mit diesem Panel sequenzierten die Forschenden die genomische-DNA von mehr als 60.000 Frauen mit Brustkrebs und mehr als 53.000 Kontrollen, die an Studien des BCAC teilnahmen.

„Mit Panel-Sequenzierung ist das Testen von größeren Gen-Gruppen möglich geworden. Jedoch ist in solchen Panels für viele Gene der Nachweis eines Zusammenhangs mit Krebs häufig schwach“, erklärt Dr. Natalia Bogdanova. „Die zugrundeliegenden Risikoschätzungen sind nicht genau, und es fehlen zuverlässige subtypspezifische Analysen. Um die mit dem Brustkrebsrisiko verbundenen Gene besser zu definieren, wurde ein spezielles Panel entworfen. Die umfassenden Assoziationsanalysen haben zudem ermöglicht, das krankheitsspezifische Potenzial bestimmter Genmutationen festzustellen“, sagt die Leiterin des Strahlenbiologischen Forschungslabors in der Klinik für Strahlentherapie und Spezielle Onkologie der MHH. Mit den Daten konnten die Forschenden das Risiko von Brustkrebs insgesamt und Tumorsubtypen abschätzen, die mit Keimbahnprotein-Verkürzungsvarianten und seltenen Missense-Varianten in den untersuchten Genen assoziiert sind.

Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „The New England Journal of Medicine” veröffentlicht. Co-Autoren sind Professor Dr. Peter Hillemanns, Professorin Dr. Tjoung-Won Park-Simon, Dr. Thilo Dörk-Bousset, Peter Schürmann (Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der MHH), Prof. Dr. Hans Christiansen, Dr. Natalia Bogdanova, Prof. Dr. Michael Bremer (Klinik für Strahlentherapie und Spezielle Onkologie der MHH).

Die Studie wurde vom Forschungs- und Innovationsprogram der European Union Horizon 2020 BRIDGES und B-CAST, Wellcome Trust und Cancer Research UK sowie von der Claudia von Schilling Stiftung für Brustkrebsforschung, der Rudolf Bartling Stiftung und der Stiftung MHHplus gefördert.

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