Klimabewusstsein in der Hausarztpraxis
08.07.2022 - Das Gesundheitswesen ist in Deutschland für rund 5 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. In der hausärztlichen Versorgung verursachen inhalative Arzneimittel, vor allem bei Asthma bronchiale und COPD, die höchsten Emissionen.
Bei den inhalativen Arzneimitteln können die Wirkstoffe als Dosieraerosol oder als Pulverinhalator verordnet werden. Im Gegensatz zu den Dosieraerosolen schädigen Pulverinhalatoren das Klima deutlich weniger. Um deren Verordnung zu fördern und den CO2-Fußabdruck im Gesundheitswesen zu reduzieren, hat die DEGAM eine neue S1-Leitlinie für die ärztliche Praxis veröffentlicht.
Der Klimawandel ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit – auch im Gesundheitswesen, das in Deutschland mit rund 5 Prozent zu den entscheidenden Treibern der CO2-Emissionen gehört. Im hausärztlichen Bereich verursacht die Verordnung von Medikamenten den größten CO2-Fußabdruck. Dabei sind es insbesondere inhalative Arzneimittel (Dosieraerosole), die aufgrund der verwendeten Treibmittel am schädlichsten für das Klima sind. Es gibt aber etablierte Alternativen: Inhalatoren, die den Wirkstoff in Pulverform beinhalten. Alle Inhalativa werden vor allem bei Asthma bronchiale und chronisch obstruktiver Bronchitis (COPD) verordnet – also bei Krankheitsbildern, die durch den Klimawandel bzw. seine Ursachen (zum Beispiel Feinstaubbelastung) begünstigt werden. Ein problematischer Kreislauf, denn Asthma bronchiale und COPD nehmen nach wie vor zu.
Durch einen Wechsel von Dosieraerosolen zu Pulverinhalatoren ließe sich der CO2-Fußabdruck im Gesundheitswesen deutlich reduzieren. Vor diesem Hintergrund hat die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) eine neue S1-Leitlinie veröffentlicht. Damit ist sie die erste Leitlinie, die explizit die Bedeutung der Verschreibung einer Medikamentengruppe für den Klimawandel thematisiert: „Klimaschutz ist ein wichtiger Beitrag zur globalen Gesundheit. Als wissenschaftliche Fachgesellschaft sind wir uns unserer Verantwortung bewusst. Mit dieser neuen Leitlinie möchten wir den Hausärztinnen und Hausärzten valide Informationen zur Verfügung stellen, damit sie in der Praxis eine klimabewusste Entscheidung treffen können“, erklärt PD Dr. Guido Schmiemann als federführender Autor der Leitlinie.
Bisher orientiert sich die Auswahl des inhalativen Arzneimittels vor allem an Handhabung und Atemtechnik. Für die meisten Patientinnen und Patienten sind auch Pulverinhalatoren gut zu nutzen, nur für Kinder unter fünf Jahren oder geriatrische Patientinnen und Patienten wird man meistens auf Dosieraerosole setzen, da sie etwas leichter einzuatmen sind. Für alle anderen Patientengruppen bieten sich die Pulverinhalatoren gleichermaßen an – mit einem klaren Vorteil in der Klimabilanz. Dazu gibt die neue Leitlinie konkrete Hilfestellungen für die ärztliche Praxis: Die vorhandene Evidenz zur Entscheidung zwischen Pulverinhalatoren und Dosieraerosolen wird zusammengefasst und der Aspekt des Klimaschutzes durch Treibmittel explizit aufgegriffen.
Die Leitlinie informiert darüber, dass eine randomisierte Studie zu dem Ergebnis kommt, dass die Umstellung auf die klimafreundlicheren Pulverinhalatoren zu einer substanziellen Verringerung des Treibhausgasausstoßes ohne Nachteile in Bezug auf die Asthmakontrolle führt. Auch andere Studien kamen zu dem Ergebnis, dass es keine klinisch relevanten Unterschiede zwischen den beiden Darreichungsformen gibt.
Neben Ärztinnen und Ärzten werden mit der Leitlinie auch alle anderen Gesundheitsfachberufe (wie zum Beispiel Apothekerinnen und Apotheker) angesprochen, die in der Beratung von Betroffenen tätig sind.
Kontakt
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