Reduzierung der Mortalität und Kosteneinsparung
01.09.2022 - Die multizentrische europäische Studie zu der Vorhersage eines schweren COVID-19-Verlaufs mittels Urin-Proteom-Analyse ist erfolgreich abgeschlossen.
„Durch den Proteom-Test sind schwere Krankheitsverläufe schon ab dem ersten Tag der COVID-19-Diagnose prognostizierbar und ermöglichen z.B. einen effizienten Einsatz von Medikamenten gegen das SARS-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2)“, so Prof. Joachim Beige, Forschungschef der Nephrologie und Geschäftsleiter Medizin des KfH Kuratoriums für Dialyse und Nierentransplantation am Klinikum St. Georg Leipzig und Studienleiter der vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten COVID-19 Studie (CRIT-CoV-U) zur frühen Erkennung der Komplikationsverläufe.
„Dieser Proteom-Test ist ein echter Meilenstein in der effizienten Erkennung komplikationsbehafteter COVID-19-Erkrankungen und könnte bei dieser pandemischen Erkrankung über exakte Prognose und Therapiesteuerung entscheidende Vorteile bieten. Zusätzlich können durch die Nutzung dieses Tests bedeutsame Kosten für das Gesundheitssystem eingespart werden“, ergänzt Beige. Schwere Verläufe von COVID-19 fordern täglich immer noch über 100 Todesopfer in Deutschland und führen bei noch mehr Patienten zu erheblichen Gesundheitsschäden, wie z.B. „Long COVID“. Bundesgesundheitsminister Prof. Lauterbach prognostiziert für den Herbst ein erhebliches Anwachsen der schweren Verläufe und Todesfälle.
Möglichkeit zu gezielter, personalisierten Therapie
Mit dem Proteom-Test steht weltweit erstmals ein Urintest zur Verfügung, der den schweren COVID-19-Verlauf ab dem Tag „0“ nach COVID-19-Diagnose vorhersagen kann. Es ist der einzige Test, der in einer prospektiven Studie belegt wurde und eine Genauigkeit der Prognose von über 80% auf den „harten Endpunkt“ – Tod – belegt. Damit ist die Möglichkeit zu gezielter, personalisierter Therapie gegeben, denn viele Therapeutika zur Behandlung von COVID-19 wirken vor allem in der Frühphase, wenn normalerweise noch keine Prognose über den weiteren Krankheitsverlauf möglich ist.
Die präemptive Verordnung von Medikamenten zur Vermeidung eines schweren COVID-19-Verlaufes ist aber oft nicht ohne Nebenwirkungen, wie z.B. bei Paxlovid (siehe Stellungnahmen der RKI-Fachgruppe „COVRIIN“ und des Verbandes der Hausärzte). Ohne eindeutige Symptome in den ersten Tagen ist keine sichere Therapiesteuerung bei bis zu 30 Mio. Vorerkrankten zu erwarten. Die Folge sind nach wie vor potenziell vermeidbare schwere COVID-19-Verläufe mit tödlichen Auswirkungen.
Die nun vollständig publizierte klinische Studie mit 1.074 Patienten aus acht europäischen Ländern mit 17 Behandlungszentren, davon 432 aus der Leipziger Klinik für Infektiologie, Tropenmedizin, Nephrologie und Rheumatologie des Klinikums St. Georg, ist am 31. August 2022 in der renommierten Wissenschaftszeitschrift „The Lancet Digital Health“ erschienen und bestätigt die Ergebnisse der Sonderzulassung von Dezember 2020.
Wie in der Publikation anhand von Modellrechnungen gezeigt wird, könnte die Anwendung des Proteom-Tests erhebliche Kosteneinsparungen für das Gesundheitssystem zur Folge haben und letztlich zu einer bedeutsamen Reduktion der Mortalität führen. Mit einer Proteom-gesteuerten Therapie wäre bei den etwas über 1.000 Studienpatienten ca. 1,5 Mio € Aufwand für stationäre und intensivmedizinische Therapie gespart worden.
Die klinische Proteom-Analyse analysiert die molekulare - proteomische - Reaktion des Organismus auf SARS-CoV-2, unabhängig von der jeweiligen Virusvariante. Sie ist eine disruptive Technologie zur erstmaligen Erkennung von Erkrankungen auf der molekularen Ebene, durch Feststellung der Verteilung von vielen Tausend krankheitsassoziierten Eiweißbruchstücken. Alle chronischen Krankheiten manifestieren sich sehr früh auf der Proteom-Ebene. Werden sie (zu) spät, wie derzeit erst bei Verlust der Organfunktion, erkannt, ist das Risiko für akute Komplikationen oder vitale Bedrohungen, aber auch für dauerhafte Schäden und langfristige Einschränkungen der Lebensqualität, deutlich größer. Zudem sind es diese Patienten mit fortgeschrittenen chronischen Erkrankungen, die besonders vulnerabel für einen schweren COVID-19-Verlauf sind.