Zukunftspotenzial Gesundheitsdatennutzung
31.03.2023 - TipluDB macht Versorgungsdaten nutzbar: das eröffnet Möglichkeiten für Forschung und Entwicklung in Medizin, Gesundheitsökonomie und Medizininformatik.
In deutschen Kliniken sammeln sich seit Jahren medizinische Daten in beträchtlicher Fallzahl.
Für medizinische Forschung, (Public) Health Surveillance oder die Entwicklung Künstlicher Intelligenz zur klinischen Entscheidungsunterstützung bieten diese vielfältige Möglichkeiten – ein enormes Potenzial, das in Deutschland aktuell weitgehend ungenutzt bleibt. Für Krankenhäuser ist es meist schwierig, strukturiert auf Patientendaten zuzugreifen: Offene KIS-Schnittstellen bilden die Ausnahme, system- und krankenhausübergreifend ist häufig keine semantische Interoperabilität gegeben.
Diese Hindernisse möchte die Tiplu GmbH überwinden. Dafür entwickelt das Hamburger Unternehmen in Kooperation mit mehreren Universitätskliniken eigeninitiativ das neue, praktisch nutzbare System „TipluDB“, dessen deutschlandweiter Verkaufsstart für Anfang 2024 geplant ist.
TipluDB trägt die Versorgungsdaten aus dem KIS und Subsystemen zusammen, strukturiert sie und macht ihren Inhalt mittels FHIR-Schnittstelle verfügbar. FHIR steht für „Fast Healthcare Interoperability Resources” und ist ein Standard, der den Datenaustausch zwischen Softwaresystemen im Gesundheitswesen unterstützt, strukturiert und definiert.
Es entsteht eine umfangreiche, optional auch anonymisierte FHIR-Patientenakte, die diverse medizinische Daten strukturiert abbildet und anerkannte Standards vervollständigt. Personen- und Aufenthaltsdaten, Laborwerte, Vitalparameter, Medikamente, Abrechnungsinformationen etc. sowie schriftliche Behandlungsdokumente (z. B. Arztbriefe, Befunde, OP-Berichte etc.) werden in semantisch interoperabler, klinikübergreifend standardisierter Form zur Verfügung gestellt und für vielfältige Zwecke nutzbar.
Mit der FHIR-Schnittstelle bietet TipluDB zum einen einen technischen Zugang als Datenquelle für nachgelagerte Live-Anwendungen hinsichtlich aktuell liegender Patienten, sowie zur retrospektiven Analyse historischer Falldaten. Zum anderen sind die in TipluDB gespeicherten Patientendaten grafisch als Web-Applikation verfügbar, wobei einzelne Fallakten übersichtlich dargestellt werden können. So können auch Nicht-IT-Anwender, wie etwa Mediziner, Analysen über große Fallgruppen durch integrierte Regeln durchführen.
Insbesondere für Projekte im Bereich der Künstlichen Intelligenz – genauer des Maschinellen Lernens (ML) – wird TipluDB interessant. Durch das System können Gesundheitsdaten zum Training von ML-Modellen verwendet werden. So wurden in mehr als 130 Partnerkrankenhäusern des Tiplu-eigenen ML-Netzes Tiplu-Risikoprädiktionsmodelle trainiert, wofür bis zu 10 Millionen anonymisierte Datensätze gemeinsam ausgewertet wurden. Die auf dieser Basis entwickelten Tiplu-Risikoprädiktionsmodelle möchte Tiplu zukünftig in der Clinical Decision Support-Software MAIA verwenden. Die Tiplu-Risikoprädiktionsmodelle erlernen aus digitalen Dokumenten, Labor- und Vitalparametern bestimmte Muster, die sie in der Anwendung bei einzelnen Patienten wiedererkennen sollen, sodass entsprechende Hinweise für Mediziner generiert werden können.
Die durch TipluDB nutzbare, große Datenmenge stellt darüber hinaus eine wertvolle Basis für Forschungsprojekte dar. Für statistische Datenanalysen kann sie aufschlussreiche Erkenntnisse ermöglichen. So können medizinische Doktorarbeiten unterstützt, Studienpopulationen für Forschungsprojekte identifiziert oder Leitlinien (bspw. zum Antibiotikaeinsatz) untersucht werden.
Weitere Möglichkeiten zeigen sich bei den Entwicklungspartnern. Rudolf Dück, CIO des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein: „Mit TipluDB können Expertensysteme unterschiedlicher Anbieter im UKSH auf einer einheitlichen Datenschnittstelle basieren, was den Aufwand in unseren IT-Abteilungen nachhaltig reduzieren wird. Bei Systemmigrationen kann TipluDB zudem als Quelle für Datenübernahmen fungieren.“
Ann-Kathrin Schwarz, Mitarbeiterin IT, Klinische Applikationen im Stiftung Krankenhaus Bethanien für die Grafschaft Moers: „TipluDB bietet uns die Grundlage zur Darstellung strukturierter Gesundheitsdaten. Auf dieser Basis wird aktuell ein CDR (Clinical Data Repository) mit Benutzeroberfläche, aufsetzend auf TipluDB, entwickelt.“ Arne Rabiega, stellv. Leiter IT ergänzt: „Mit dem Ausbau von FHIR-fähigen Systemen haben wir hoffentlich auch bald die Möglichkeit zur Anbindung weiterer Subsysteme. Insbesondere durch das Mapping auf bspw. LOINC bieten sich so Ansätze für semantische Interoperabilität.“
Die FHIR-Patientenakte kann die Grundlage für einen neuen Standard darstellen, mit dem der Übergang der ePA der gesetzlichen Krankenversicherung von unstrukturierten Daten auf strukturierte Behandlungsdaten ermöglicht wird. Perspektivisch wird insbesondere die Vernetzung der TipluDB-Systeme vieler Kliniken auf nationaler Ebene interessant. Zahlreiche (Live-)Daten könnten so gemeinsam ausgewertet und im Public Health Monitoring, für statistische Analysen und im Machine Learning für Forschung und Entwicklung klinischer Tools eingesetzt werden – es gibt diverse Anwendungsmöglichkeiten, bei denen am Ende vor allem die Patientenversorgung im Mittelpunkt steht.
Weitere Informationen hier:
Jonas Schön – Produktleitung TipluDB & FHIR-Patientenakte
Tiplu GmbH
Karnapp 25
21079 Hamburg
E-Mail: j.schoen@tiplu.de