Forschung zur Triple-Therapie bei Mukoviszidose ausgezeichnet
19.04.2023 - Das Mukoviszidose Institut verleiht Dr. Simon Gräber den Adolf-Windorfer-Preis.
Dr. Simon Gräber (Charité – Universitätsmedizin Berlin) beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den funktionalen Messungen der CFTR-Aktivität bei Menschen mit Mukoviszidose und hat daran mitgearbeitet, verschiedene Messmethoden in der klinischen Mukoviszidose-Versorgung und Forschung zu etablieren. Aktuell forscht er zu den Auswirkungen der Dreifachkombination Kaftrio auf die Funktion des CFTR-Kanals. Für aktuelle Arbeiten auf diesem Gebiet, die Gräber in enger Kooperation mit anderen Mukoviszidose-Zentren durchgeführt hat, zeichnet der Mukoviszidose e.V. Gräber stellvertretend für die Autorengruppe mit dem diesjährigen Adolf-Windorfer-Preis aus. (Mukoviszidose – Cystische Fibrose, CF)
Beobachtungsstudie untersucht Wirkung von CFTR-Modulatoren über klinische Messungen und Untersuchungen zur CFTR-Funktion
Die aktuelle Forschungsarbeit von Gräber und der Arbeitsgruppe beantwortet wichtige Fragestellungen zur Wirkung der Triple-Therapie (Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor – ETI, Kaftrio) in der „Real Life“-Situation, d. h. nach Zulassung. Für diese Beobachtungsstudie wurde multizentrisch zusammengearbeitet, sodass insgesamt 107 Studienteilnehmer aus Zentren des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) in Berlin, Hannover, Gießen und Heidelberg gewonnen werden konnten, bei denen vor und acht bis 16 Wochen nach Beginn einer ETI-Therapie verschiedene Untersuchungen durchgeführt wurden. Dabei wurde sowohl auf die klinischen Parameter der Lungenfunktion (FEV1%) und BMI (Body Mass Index) geschaut, als auch zusätzliche Methoden zur direkten Messung der CFTR-Kanalaktivität als Biomarker durchgeführt: die nasale Potentialmessung (nPD) an der Nasenschleimhaut und intestinale Kurzstrommessung (intestinal current measurement, ICM) an Darmepithelzellen.
CFTR-Funktion durch Triple-Therapie verbessert – 40 bis 50 Prozent im Vergleich zu Gesunden
Von den 107 Studienteilnehmern waren 52 F508del-homozygot und 55 Betroffene F508del-heterozygot mit einer Minimalfunktionsmutation. Die Verbesserung der klinischen Parameter FEV1 und BMI lagen bei den Gruppen in der Größenordnung wie sie auch zuvor in den klinischen Studien vor der Zulassung gezeigt wurden. Die Messungen der CFTR-Kanalaktivität bei den homozygoten Patienten zeigte, dass die CFTR-Funktion in der nPD bis zu 47,4% und in der ICM bis zu 45,9% an CFTR-Aktivität im Vergleich zu Gesunden erreicht. Bei Heterozygoten sind die Zahlen ähnlich: bis zu 46,5% für die nPD und bis zu 41,8% in der ICM-Messung.
Die Korrelation der klinischen Parameter FEV1 und BMI nach kurzfristiger Therapie mit nPD und ICM war hingegen eher gering, sodass die Autoren von einer begrenzten Empfindlichkeit der klinischen Parameter FEV1 und BMI für die Erkennung des Ansprechens auf CFTR-Modulatoren auf Ebene des zugrundeliegenden Defekts, der fehlerhaften CFTR-Aktivität, sprechen.
Diese systematische Studie zeigt, dass die Therapie mit Kaftrio die CFTR-Funktion im Nasenepithel und in den Zellen der Darmschleimhaut deutlich erhöht und die verwendeten Methoden zur Untersuchung des Ansprechens auf Modulatoren auf Ebene des CFTR-Kanals sehr gut geeignet sind. Die Daten zeigen aber auch, dass die Modulatoren auf die Verbesserung der CFTR-Funktion einen sehr ähnlichen Effekt haben, egal ob zwei oder nur eine F508del-Mutation vorliegen. Darüber hinaus kann man aus den Daten schließen, dass durch Kaftrio nicht das Level an CFTR-Aktivität von Gesunden erreicht wird. Demnach schöpft auch Kaftrio möglicherweise noch nicht das ganze therapeutische Potential aus und weitere Therapie-Entwicklungen für Menschen mit Mukoviszidose sind notwendig.
Weitere Forschung zur Untersuchung der Wirkung von Modulatoren auf Zellebene ist schon gestartet
Gräber, der an der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin an der Charité arbeitet und Fellow des BIH Charité Clinician Scientist Programm ist, setzt seine systematische Untersuchung der ETI-Wirkung aktuell in einem vom Mukoviszidose e.V. geförderten Projekt fort: Er beschäftigt sich zusammen mit Dr. Saskia Trump vom Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) mit der Analyse des Einzelzelltranskriptoms von nativen Atemwegsepithel- und Immunzellen bei Patienten mit Mukoviszidose.
Der Adolf-Windorfer-Preis
Der mit 5.000 Euro dotierte Adolf-Windorfer-Preis wird einmal jährlich für eine herausragende Arbeit auf dem Gebiet der Erforschung und der Therapie der Mukoviszidose vergeben. Finanziert wird der Preis im jährlichen Wechsel von den regionalen Selbsthilfegruppen und Landesverbänden des Bundesverbands, im Jahr 2023 von der Regionalgruppe Unterfranken im Mukoviszidose e.V. Die Preisverleihung erfolgt im Rahmen der Jahrestagung des Mukoviszidose e.V. am 13. Mai 2023.
Über Mukoviszidose
In Deutschland sind mehr als 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose betroffen. Durch eine Störung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper bildet sich bei Mukoviszidose-Betroffenen ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse irreparabel schädigt. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 150 bis 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren.
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Mukoviszidose Institut – gemeinnützige Gesellschaft für Forschung und Therapieentwicklung mbH
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