Was Krebsmetastasen besonders gefährlich macht
08.06.2023 - Bei den meisten Krebserkrankungen bestimmt nicht das Wachstum des Primärtumors die Prognose für den Patienten, sondern ob es zu einer Streuung und Ausbildung von Tochtergeschwüren kommt, der sogenannten Metastasierung.
Dieser Prozess ist sehr komplex. Zwischen der ursprünglichen Ausbreitung und dem tatsächlich aggressiven Wachstum der Metastasen, die viele Organe wie etwa Lunge, Leber oder Gehirn angreifen können, liegen oft Monate oder sogar Jahre. Forschende am Hautkrebszentrum der Ruhr-Universität Bochum, des Helmholtz-Zentrums München, des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg und der Eidgenossenschaftlichen Technischen Hochschule Zürich haben die Umstände des Metastasen-Wachstums bei Brustkrebs untersucht. Dazu wurden auch Biopsien von zehn betroffenen Patientinnen untersucht. Sie berichten in der Zeitschrift Cell Reports vom 30. Mai 2023.
Zellen wechseln ihre Identität
Die Forschenden betrachteten einen speziellen zellulären Mechanismus, die sogenannte epithelial-mesenchymale Transition (EMT). Dadurch gewinnen die an sich sesshaften Krebszellen Mobilität, können zunächst in das umgebende Gewebe eindringen und schließlich über Blut- und Lymphbahnen in entfernte Organe transportiert werden. Dabei wechseln die Krebszellen, wie der Begriff EMT beschreibt, ihre zelluläre Identität von „epithelial“ nach „mesenchymal“, was anhand verschiedener Marker nachgewiesen werden kann.
In den Metastasen-Biopsien waren jedoch beide Arten von Zellen vorhanden. Anschließende Experimente zeigten, dass diejenigen Zellen, die ihre ursprüngliche epitheliale Identität bewahrt hatten, neue Metastasen bilden konnten, also die Krebserkrankung vorantrieben. Die Forscher wiesen nach, dass ein komplexes zelluläres Programm die zelluläre Identität der Krebszellen schützt und verhindert, dass diese ihre Fähigkeit verlieren, sich zu vermehren.
Künftige Arbeiten müssen Erkenntnisse in Therapie überführen
„Über die genaue Relevanz des EMT-Mechanismus in Metastasen gibt es unterschiedliche, sich teilweise widersprechende Daten“, betont Co-Autorin Dr. Christina Scheel von der Dermatologischen Universitätsklinik Bochum im St. Josef-Hospital (Katholisches Klinikum). „Wir glauben jedoch, dass unsere Studie einen wichtigen Fortschritt gebracht hat, indem wir beschreiben, wie verschiedene zelluläre Programme in Krebszellen auf molekularer Ebene zusammenwirken, um das Voranschreiten der Erkrankung zu bewirken. Der Prozess des Metastasen-Wachstums ist hier besonders wichtig, da Krebserkrankungen grundsätzlich in diesem Stadium am schwierigsten zu behandeln sind.“ Es wird nun Aufgabe künftiger Forschung sein herauszufinden, wie diese experimentellen Erkenntnisse für eine Therapie der aggressivsten Krebszellen genutzt werden können.
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