Zi-Studie zur ambulanten telemedizinischen Versorgung 2017-2021 veröffentlicht
14.07.2023 - In den Corona-Jahren 2020 und 2021 ist der Anteil der Vertragsärzt*innen und Vertragspsychotherapeut*innen, die telemedizinische Leistungen abgerechnet haben, massiv angestiegen.
Waren es 2017 lediglich 4,5 Prozent, schnellte dieser Anteil 2021 auf 25 Prozent in die Höhe. Der Anteil des dafür angeforderten Honorars am entsprechenden Gesamthonorar (2021: 0,8 Prozent, 2017: 0,0 Prozent) sowie der Anteil der telemedizinische Leistungen erhaltenden Patient*innen an allen gesetzlich Krankenversicherten (2021: 1,9 Prozent, 2017: 0,2 Prozent) ist im Vergleich zu den Vorjahren 2017 bis 2019 ebenfalls deutlich angewachsen. Die seit 2020 im Rahmen der COVID-19-Pandemie erbrachten telemedizinischen Leistungen sind überwiegend dem psychotherapeutischen Versorgungsbereich zuzuordnen. Die mittlere Honoraranforderung je Patient*in für alle abgerechneten Leistungen (Telemedizin und übrige Leistungen) bei Patient*innen mit Telemedizinleistungen war überdurchschnittlich (2021: 1.777 Euro) im Vergleich zur übrigen Population gesetzlich Versicherter (2021: 594 Euro).
Der deutliche Anstieg der Patient*innen-Zahlen mit Abrechnung telemedizinischer Leistungen im ersten Pandemiejahr 2020 ist weit überwiegend auf solche Patient*innen zurückzuführen, bei denen ab 2020 erstmals Telemedizin verordnet worden ist. Annähernd die Hälfte der Honoraranforderung bei neuen Telemedizin-Patient*innen 2020 ist auf die Psychotherapie entfallen. Telemedizinisch versorgte Patient*innen wohnten zu 39 Prozent in Großstädten, waren im Mittel jünger (42 Jahre) und zu einem höheren Anteil Frauen (63 Prozent).
Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Versorgungsatlas-Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zur „Telemedizin als alternativer Zugang zu vertragsärztlicher ambulanter Versorgung – Trends im Zeitraum 2017 bis 2021“.
„Der persönliche Kontakt ist nach wie vor die Regel in der ambulanten Versorgung. Während der COVID-19-Pandemie sind die Möglichkeiten telemedizinischer Leistungen erweitert worden, um Ansteckungsrisiken zu senken und medizinische Versorgung trotz Mobilitätseinschränkungen zu ermöglichen. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben diese Möglichkeiten genutzt. In früheren Datenauswertungen konnten wir bereits zeigen, dass sich die Anzahl der Videosprechstunden in der Corona-Zeit deutlich erhöht hat und dass die Inanspruchnahme sehr vom Pandemieverlauf geprägt war. Die aktuelle Analyse zeigt nun deutlich, dass es insbesondere Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten waren, die in dieser Zeit Videosprechstunden angeboten haben. Erstmalig haben wir auch regionale Unterschiede in der Versorgung neuer Telemedizin-Patientinnen und -Patienten seit 2020 beleuchtet. Die entsprechenden Anteile schwanken zwischen 0,82 und 2,91 Prozent. Die höchsten Anteile finden sich in Berlin, Hamburg und Bayern, die niedrigsten in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.
Nach einer Bewährung in Krisenzeiten müsse nun beobachet werden, welche Rolle Telemedizin zukünftig spielen wird und welche Bedeutung sie im Bereich der Psychotherapie, aber auch in anderen Fachgruppen einnehmen kann. „Nach vorläufigen Datenanalysen ging die Zahl der abgerechneten Videosprechstunden im ersten Halbjahr 2022 wieder etwas zurück. Einen weiteren Digitalisierungsschub könnten allerdings die im dritten Quartal 2022 zur Bewältigung der Infektionswelle stark ausgebauten telemedizinischen Leistungen im Bereich der ambulanten Notfallversorgung bringen. Dies könnte den Einsatz der Videosprechstunde perspektivisch steigern. Potenzial sehen wir auch in den erweiterten Aufgaben der Terminservicestellen zur Vermittlung von Videosprechstunden“, so von Stillfried weiter. Bisherige internationale Erfahrungen legten jedoch nahe, dass die Telemedzin nur zu einem Bruchteil auf Videobasis erfolgen dürfte, solange sich andere Alternativen als effizienter erwiesen.
Datengrundlage der vorliegenden Untersuchung waren die bundesweiten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten gemäß § 295 SGB V aus den Jahren 2017 bis 2021. Studienpopulationen waren die abrechnenden Vertragsärzt*innen/-psychotherapeut*innen sowie die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit mindestens einem jährlichen Arztkontakt in Deutschland. Nach der Definition der Arbeitsgemeinschaft Telemedizin der Bundesärztekammer werden als Telemedizin medizinische Leistungen definiert, die über räumliche Entfernungen oder zeitlichen Versatz hinweg erbracht und bei denen Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Auf dieser Grundlage sind 795 relevante Gebührenordnungspositionen (GOP) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) ausgewählt worden. Seit Jahren bestehende gängige Verfahren wie etwa die telefonische Beratung sind nicht in die Auswertung eingeschlossen worden.
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