Bauliche und logistische Neubau-Herausforderungen im laufenden Betrieb
05.08.2015 -
Sollen Neubauten bei laufendem Betrieb eines Krankenhauses errichtet werden, stellt dies sehr hohe Herausforderungen sowohl an die Planer als auch an die Klinikmitarbeiter.
Grund dafür ist, dass die Anzahl an durchgeführten Operationen und Pflegetagen aufgrund der Baumaßnahmen im Krankenhaus nicht beeinträchtigt werden dürfen. Nicht selten aber behindern zu geringe Logistikflächen und unnötig lange Wege den Gesamtbetrieb, sowohl in den Interims-Bauphasen als auch im finalen Bautrakt. Ebenso ist sicherzustellen, dass während der Bauphasen die Betriebsabläufe ohne hygienische Einschränkungen erfolgen.
Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Operationsbereich. Eine OP-Abteilung ist gegenüber dem übrigen Krankenhaus ein abgetrennter Bereich, in welchem spezielle hygienische Anforderungen zu berücksichtigen sind. Daher müssen auch in den Interimsphasen die funktionell-baulichen hygienischen Anforderungen einer Operationsabteilung umgesetzt werden. Diese werden vom Robert Koch-Institut definiert.
Es wird u. a. beschrieben, welche Räume benötigt werden, um einen OP-Bereich zu betreiben. Diese Anforderungen gelten sowohl für die finale Bauphase als auch für die einzelnen Bauabschnitte. Damit gewährleistet werden kann, dass die Patienten im OP-Bereich versorgt/behandelt werden, müssen zur Bevorratung von Materialien Logistikflächen eingeplant werden. Dies reicht von Sterilgütern über Medikalprodukte bis zu Arzneimitteln. Auch die benötigten Geräte müssen zugriffsnah gepuffert werden.
Problematisch ist allerdings, dass in den einzelnen Interimsphasen zum Teil ein verringerter Flächenbedarf für logistische Prozesse sowie für Pufferungsflächen zur Verfügung steht. Somit muss bereits im Vorfeld zum Bauvorhaben detailliert geplant werden, welche Materialien im OP-Bereich benötigt werden und in welcher Menge jeweils. Falls ein zu geringer Flächenbedarf für die Materiallagerung vorhanden ist, müssen alternative Versorgungs- und Lagerkonzepte entwickelt werden.
Das Wege- und Aufzugskonzept
Neben den Logistikflächen stellt eine weitere Herausforderung das Wege- und Aufzugskonzept für die einzelnen Interimsphasen dar. Grund hierfür ist, dass zum Teil einzelne Bereiche/Aufzugsknoten aufgrund von Baumaßnahmen für den Krankenhaus-Betrieb gesperrt sind. Dies hat zur Folge, dass die Personen- und Materialströme in jeder Bauphase unterschiedlich durch das Gebäude gelenkt werden und somit einzelne Kanten/Wege vermehrt belastet werden können.
Bei jedem Wegekonzept muss ebenfalls das zugehörige Aufzugskonzept mitbetrachtet werden. Hierbei muss überprüft werden, ob aufgrund des veränderten Wegekonzeptes die Aufzugskapazitäten für das zukünftige Transportaufkommen, für die Personen- und Materialströme, ausreichend sind. Das Wege- und Aufzugskonzept muss sowohl für die Interimsphasen als auch für den fertigen Neubau geplant werden.
Für den Neubau ist dies elementar, wenn dieser über bestehende Aufzugsknoten mitversorgt werden soll. Hier muss kritisch hinterfragt werden, ob der bestehende Aufzugsknoten zusätzlich zur jetzigen Transportlast die zukünftigen Transporte tragen kann. Falls dieser die zukünftige Transportlast, für die Personen- und Materialströme, nicht zusätzlich leisten kann, muss ein alternatives Wege- und Aufzugskonzept entwickelt werden. Das primäre Ziel ist, dass zu jedem Zeitpunkt jeder Bereiche des Krankenhauses ver- und entsorgt werden kann. Mithilfe von abgestimmten Wegekonzepten, in Bezug auf die Kanten- und Aufzugsbelastung, kann dies erzielt werden.
Diese beschriebenen Fragestellungen werden u. a. in einem logistischen Betriebskonzept ganzheitlich sowohl für die Interimsphasen als auch für den finalen Bautrakt erarbeitet. Hiermit kann erzielt werden, dass Leistungseinbußen aufgrund von zu geringen Logistikflächen oder suboptimalen Wegekonzepten verhindert werden. Ebenso kann mittels eines logistischen Betriebskonzepts sichergestellt werden, dass Leistungssteigerungen im Neubau erzielt werden. Insgesamt können durch ein ganzheitlich abgestimmtes logistisches Betriebskonzept die Investitions- und die Betriebskosten eines Krankenhauses reduziert werden.
Dresdner Uniklinikum: Neue Wege für das geplante OP-Zentrum
Das Dresdner Uniklinikum hat während der Bauplanung des OP-Zentrums, mit insgesamt 17 Operationssälen, eine logistische Planungsüberprüfung durch das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, Abteilung Health Care Logistics, erstellen lassen. Das Ziel war, die bestehenden Logistikkonzepte für die Ver- und Entsorgung im Hinblick auf die Flächenbedarfe und Realisierbarkeit in der geplanten Gebäudestruktur zu untersuchen, um möglichst frühzeitig Schwachstellen und einen strukturellen Anpassungsbedarf zu identifizieren.
In diesem Rahmen wurden die logistischen Flächen auf den Pflegestationen und im OP-Bereich sowie die gesamte logistische Erschließung des Gebäudes, z. B. über die geplanten Aufzugsgruppen, analysiert und bewertet. Die erzielten Ergebnisse wurden dem Bauherren in Form von konkreten Anforderungen zur Überarbeitung von einzelnen Konzepten und zugehörigen Flächen aufgezeigt.