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Medizinische Versorgungszentren: Steuertipps von Dr. Oliver Schmidt

04.04.2011 -

Medizinische Versorgungszentren: Steuertipps von Dr. Oliver Schmidt. Nur jene „360-Grad-Anbieter“ werden mittelfristig eine Chance haben, die von Prävention bis Wellness alles unter einem Dach anbieten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. Anfang 2005 in Deutschland gab es 121 Medizinische Versorgungszentren (MVZ), in denen Ärzte und Psychotherapeuten mit Krankenhäusern, Apothekern oder Physiotherapeuten kooperieren. Heute sind es schon über 1.000. Der Trend geht nach oben. Allerdings sind die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen einer MVZ-Gründung komplex. Für den langfristigen Erfolg ist entscheidend, Konfliktpotential im Gründungsvertrag nicht auszusparen.

Mit welchen Partnern sollte eine so weitreichende vertragliche Beziehung auf Dauer eingegangen werden? Die Antwort sollten sich Gründer eines MVZ nicht leicht machen und eigene Kriterien definieren.

Ferner stellt der Gesetzgeber Anforderungen an die Kooperationspartner: So bedarf es eines fachübergreifenden Leistungsangebots. Ärzte verschiedener Fachrichtungen oder Psychotherapeuten müssen somit im MVZ vertreten sein. Als mögliche Gründer nennt die Gesetzesbegründung beispielhaft Vertragsärzte, Heilmittelerbringer, häusliche Krankenpflegedienste, Apotheken und Krankenhäuser. Allerdings gibt es Ausnahmen, so dass die Gründereigenschaft frühzeitig mit dem Zulassungsausschuss geklärt werden sollte.

Auch wer zunächst zum Kreis der möglichen Gründer eines MVZ gehört, kann diese Eigenschaft nachträglich verlieren. Aufgrund nach wie vor unklarer Rechtslage, riskiert dies z. B. ein Vertragsarzt, der seine Praxis in das MVZ einbringt, Gesellschafter der MVZ-GmbH wird und sich von dieser als Geschäftsführer anstellen lässt.

Vorsicht bei Durchgriffshaftung der Gesellschafter

Sind geeignete Kooperationspartner gefunden, stellt sich die Frage der Rechtsform des Versorgungszentrums. Eine in der Praxis verbreitete Möglichkeit ist die Gründung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei der die Vertragsärzte ihre Freiberuflichkeit behalten. Krankenhäuser haben meist nur eingeschränkte Auswahl. Sie firmieren oft als GmbH, so dass auch für den Betrieb eines MVZ meist nur diese Rechtsform in Frage kommt. Das Haftungsschild, das die GmbH den Gesellschaftern bietet, ist jedoch seit letztem Jahr infolge des „Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts sowie anderer Vorschriften“ (VÄndG) wirkungslos. Danach müssen die Gesellschafter eines MVZ, das in der Rechtsform einer juristischen Person betrieben wird, für Forderungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen persönlich bürgen.

Problematisch ist dies vor allem bei einem gemeinnützigen und damit steuerbegünstigten Gesellschafter eines gewerblichen MVZ. Denn eine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft gefährdet dessen Gemeinnützigkeit. In besonders schwerwiegenden Fällen kann sie rückwirkend für bis zu zehn Jahre entzogen werden. Dann ist die wirtschaftliche Entwicklung des MVZ daher besonders genau zu planen und zu beobachten.

Wirtschaftliches Umfeld sorgfältig analysieren

Schon im Vorfeld jeder MVZ-Initiative müssen sich die Gründer intensiv über dessen Wirtschaftlichkeit Gedanken machen. Dazu zählen eine solide Investitions- und Finanzplanung, steuerliche Berechnungen und last but not least, Branchenumwelt und Wettbewerb gründlich zu prüfen. Wie viele Einwohner gibt es am Standort? Wie groß ist die Zahl der Ein- und Auspendler? Wie viele Menschen können das MVZ tagsüber in Anspruch nehmen? Wie ist die demographische Entwicklung? Nackte Zahlen sind für die Auswahl des Standortes ebenso wichtig wie Fragen der Infrastruktur: Verkehrsanbindung, langwierige Parkplatzsuche oder ein angegliedertes Café. Je nach Standort, Bildungsniveau, Kaufkraft oder Altersstruktur unterscheidet sich auch die Krankenkassenzugehörigkeit potentieller Patienten.

Funktionierendes Management sicherstellen

Sind die grundlegenden Voraussetzungen des Gesetzgebers, des Fiskus und die wirtschaftlichen Faktoren geklärt, muss das Augenmerk auf der späteren Praxis liegen. Wie verläuft der Weg des Patienten durch das MVZ? Welcher ärztliche Leiter ist wofür verantwortlich? Welche Aufgaben hat die Geschäftsführung? Das MVZ steht und fällt mit der Qualität der Aufbau- und Ablauforganisation und einer sorgfältigen Planung von Personalbedarf und -einsatz. Nicht selten führen organisatorische Mängel zu einer wirtschaftlichen Schieflage.

Alle diese Überlegungen müssen im Vertragswerk Eingang finden. Zu den Mindestinhalten zählt, die Sprechstundenzeit übereinstimmend mit allen Gesellschaftern und den dort vertretenen Arztgruppen zu definieren. Welche Arbeitszeit schuldet jeder einzelne Gesellschafter, um seinem Anteil am Gewinn gerecht zu werden? Wer vertritt wen wann? Wer übernimmt welche Managementaufgaben? Klarheit muss herrschen über die Willensbildung im MVZ: Worüber entscheidet die Gesellschafterversammlung? Sinnvoll ist ein im Vertrag beschriebenes Einigungsverfahren, wenn die Gesellschafter zu keiner Lösung kommen. Durch Einstimmigkeit sollten sich nur grundlegende Fragen wie die Beteiligungsverhältnisse ändern lassen. Um Streitigkeiten bei der Gewinnverteilung vorzubeugen, ist im Vertrag zu regeln, wie das Betriebsergebnis ermittelt wird.

Fazit

Ein Gesellschaftsvertrag mit durchdachten, individuellen Regelungen, der Gründungsmotive und Zukunftsperspektiven widerspiegelt, ist für den langfristigen Erfolg eines MVZ ebenso wichtig wie eine detaillierte Klärung steuerlicher Fragen oder die Best- und Worst-Case-Berechnung der Einnahmemöglichkeiten. Streit in der Praxis umgeht, wer mögliches Konfliktpotential bei den Verhandlungen nicht ausspart und die Interessen aller Parteien im Vertrag abbildet. Einen ständigen Ansatz für Unstimmigkeiten birgt wirtschaftliches Ungleichgewicht. Es ist hilfreich, den Partnern ausreichende Entscheidungskompetenz zuzugestehen, auch wenn diese sich wirtschaftlich weniger engagieren.

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