Gesundheitsökonomie

DKI-Studie zur Neuordnung von Aufgaben des Ärztlichen Dienstes

01.07.2011 -

DKI-Studie zur Neuordnung von Aufgaben des Ärztlichen Dienstes. Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Rudolf Kösters, hat eine verstärkte Übertragung ärztlicher Tätigkeiten an andere medizinische Berufsgruppen im Krankenhaus gefordert. „Für die Krankenhäuser ist der effiziente Personaleinsatz eine schiere Überlebensnotwendigkeit“, erklärte Kösters bei der Vorstellung der Studie des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) in Berlin Mitte April.

Die von der DKG in Auftrag gegebene Studie zeigt nach Kösters, dass von einer Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf nicht ärztliche Berufsgruppen positive Effekte auf einen effizienten Mitteleinsatz im Krankenhaus ausgehen können. „Die bisherigen Erfahrungen in den Krankenhäusern zeigen, dass es dabei zu einer Entlastung des ärztlichen Dienstes kommt, ohne dass dadurch die Qualität der Krankenhausleistungen abnimmt“, bekräftigte der DKGPräsident. Die Palette übertragbarer Tätigkeiten reiche nach Angaben der 304 an der Studie beteiligten Krankenhäuser vom Standardrepertoire delegierbarer Leistungen (z. B. Verbandswechsel, Anlegen von Infusionen, venöse Blutentnahme) über das Legen von Sonden, Kathetern oder peripheren venösen Zugängen bis hin zu Funktionsuntersuchungen (z. B. Ultraschall, EKG). Zudem nannten befragte Kliniken komplexe Tätigkeiten wie die des Case-Managements als mögliche übertragbare Tätigkeit. Durch Delegation und Neu-Allokation von Tätigkeiten könnten Probleme in der Rekrutierung von Ärzten, aber auch wirtschaftliche Belastungen durch hohe Tarifabschlüsse und andere Rahmenbedingungen zumindest gelindert werden.

Die berufsrechtliche Aufgabenverteilung zwischen Arzt und nicht ärztlichem Personal wird durch die bestehenden gesetzlichen Regelungen – bis auf sehr wenige Ausnahmen – nicht geregelt, so ein Gutachten von Prof. Karl Otto Bergmann, das in die DKI-Studie einfloss. Derzeit kann lediglich von den Grundsätzen der Rechtsprechung (Richterrecht) ausgegangen werden. Diese gehen generell von den Erfordernissen der fachqualifizierten und lückenlosen Patientenbetreuung aus. Danach gibt es einen Kernbereich medizinischer Behandlung, der nicht delegierbar ist: Behandlungsmaßnahmen, die aufgrund ihrer Schwierigkeit, ihrer Gefährlichkeit oder wegen der Unvorhersehbarkeit etwaiger Reaktionen professionelles ärztliches Fachwissen voraussetzen. Demzufolge sind Delegation und Neuordnung ärztlicher Tätigkeiten insofern zulässig, soweit sie nicht die Kernbereiche, vor allem Diagnostik und Therapie, betreffen. In der Studie wird auch das Problem erörtert, ob der Patient vor der Behandlung von der Delegation in Kenntnis zu setzen ist und ob er dieser zustimmen müsse. Unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung des BGH wird darauf hingewiesen, dass der Patient vor der Behandlung nicht informiert werden muss.

Folgende ärztliche Tätigkeiten werden schon in von der Studie erfassten Krankenhäusern an nicht ärztliches Personal übertragen. Dr. Kösters empfiehlt die zügige flächendeckende Übertragung. Bei diesen kurzfristig umsetzbaren ärztlichen Leistungen handelt es sich eher um einzelne, genau definierte Tätigkeiten. Es werden in Abhängigkeit von der Patientengefährdung und der vorausgesetzten formellen und materiellen Qualifikation fünf Kategorien unterschieden:

  • Qualifikation durch Aus- oder Weiterbildung (z. B. Kodierung von Diagnosen und Prozeduren im Nachgang zur ärztlichen Festlegung durch Krankenpflegekräfte oder Medizinische Dokumentationsassistenten).
  • Qualifikation durch Ausbildung und Einweisung (z. B. venöse Blutentnahme oder Vitalzeichenkontrolle durch Krankenpflegekräfte und andere Medizinische Fachangestellte).
  • Qualifikation durch qualifizierende Ausbildung (z. B. intramuskuläre Injektion oder Blutentnahme aus einem peripheren Venenkatheter durch Krankenpflegekräfte).
  • Qualifikation durch qualifizierende Ausbildung und spezifische Schulung (z. B. intravenöse Injektion eines Arzneimittels mit großer therapeutischer Breite oder Anlage einer Venenverweilkanüle durch Krankenpflegekräfte).
  • Qualifikation durch qualifizierende Ausbildung und strukturierte Weiterbildung, Delegation nur im Einzelfall unter Aufsicht eines Arztes (intravenöse Applikation von Zytostatika bei Vorliegen einer Medikamentenpositivliste oder Punktion eines Portkatheters durch Krankenpflegekräfte).

Tätigkeiten, die mittelfristig delegiert oder neu zugeordnet werden können, erfordern eine umfangreichere Anpassung der Qualifikation. Grund ist das höhere Gefährdungspotential der Patienten. Umfangreiche und zeitintensive Weiterbildung ist notwendig. Zudem sind zeitliche Mindestanforderungen an die Ausbildungszeit und die berufliche Tätigkeit zu stellen. Überwiegend sind diese Tätigkeiten komplexe und/ oder umfangreiche Tätigkeitsbereiche, die Reorganisationsprozesse erfordern. Beispiele sind nicht ärztliche Chirurgieassistenz bei operativen Eingriffen, Case- Management, Wundpflege-/Schmerz-Management.

Diese Übertragungen erfordern einen gesetzgeberischen Vorlauf und die Etablierung neuer Aus- und Weiterbildungsgänge. Beispiele sind hier Möglichkeiten in den Bereichen Anästhesie (Einsatz eines nicht ärztlichen Mitarbeiters bei Parallelnarkose) und Endoskopie (Einsatz von Pflegefachkräften in Großbritannien bei endoskopischen Untersuchungen).

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