EUSOMA-Zertifizierung für Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden
06.05.2012 -
EUSOMA-Zertifizierung für Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden. Die Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden und das Mammographie Screening Zentrum gehören zu den wenigen Einrichtungen, die von der Europäischen Gesellschaft für Brusterkrankungen (EUSOMA) akkreditiert wurden. Dr. Volker Heyl, Chefarzt der Frauenklinik Asklepios Klinik Wiesbaden, gibt in einem Interview Auskunft zu ersten Erfahrungen mit der Zertifizierung und Reaktionen der Patientinnen.
Management & Krankenhaus: Warum haben Sie sich zertifizieren lassen?
Volker Heyl: Seit mehr als 20 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit der Behandlung von Brustkrebs. Damals war die Qualität der Brustkrebsbehandlung in Deutschland noch sehr unterschiedlich. Zwischenzeitlich hat sich die Behandlungsqualität glücklicherweise deutlich verbessert. Dies ist hauptsächlich durch den berechtigten Anspruch betroffener Frauen katalysiert, die das Behandlungsangebot immer wieder kritisch hinterfragt und über vielfältige Aktivitäten in gesundheitspolitische Entscheidungen Einfluss genommen haben. Hierdurch fand eine Auslese von engagierten und qualitativ hochwertigen Behandlungseinheiten statt, wobei die Transparenz der Qualität hauptsächlich durch Zertifizierungsverfahren abgebildet werden kann. Heute sind auf nationaler Ebene die Zertifizierungsverfahren der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Senologie und auf europäischer Ebene die Zertifizierung durch die EUSOMA herauszustellen. Beide Zertifizierungen stellen ein aufwändiges und differenziertes Verfahren zur Qualitätsprüfung dar. Die Verfahren sind klar strukturiert und auch für den Laien nachvollziehbar. Da wir hier in Wiesbaden inzwischen ein funktionierendes Netzwerk etabliert haben und somit eine Brustkrebsbehandlung auf höchstem Niveau anbieten können, war es mir ein Anliegen, diese Behandlungsqualität im Rahmen einer Zertifizierung transparent zu machen. Zusätzlich sollte es heute für jedes Brustzentrum eine Selbstverständlichkeit sein, sich sinnvollen Zertifizierungsverfahren anzuschließen.
Management & Krankenhaus: Haben Sie bereits positive Auswirkungen der EUSOMA-Zertifizierung feststellen können?
Volker Heyl: Betroffene Frauen und behandelnde Ärzte sind heute sehr gut informiert. Bei Diagnosestellung ist es somit für viele Frauen eine Selbstverständlichkeit Behandlungsangebote kritisch zu hinterfragen und sich Zweit- und Drittmeinungen einzuholen. Viele Frauen fragen dezidiert nach vorliegenden Zertifizierungen, wobei im Rahmen der Diagnosemitteilungen auch dezidiert Fragen zur Struktur und zum Netzwerk des Brustzentrums gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist die bei uns vorliegende EUSOMA-Zertifizierung in vielen Fällen vertrauensbildend, so dass die Behandlungszahlen in unserer Einheit zugenommen haben, wobei auch immer mehr Frauen von außerhalb teilweise weite Wege in Kauf nehmen.
Management & Krankenhaus: Fragen Patientinnen nach der Zertifizierung?
Volker Heyl: Diese Frage kann mit einem deutlichen „ja“ beantwortet werden. Derzeit bestehen in Deutschland vielfältige Aktivitäten, um die Brustkrebsbehandlung zu verbessern. Erinnert sei hierbei auch das Disease Management Programm Mammakarzinom, wobei Frauen bei diesem Programm auch außerhalb von zertifizierten Brustzentren operiert werden dürfen. Zudem wird Frauen zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr ein Mammographie- Screening angeboten. Viele Kliniken definieren sich als Brustzentren, obwohl keine Zertifizierungen vorliegen. Es bestehen somit de facto derzeit Parallelstrukturen, die von Patientinnen nur bedingt verstanden werden. Die EUSOMAZertifizierung wird von den Patientinnen sehr wohl verstanden und deshalb auch gezielt nachgefragt.
Management & Krankenhaus: Was unterscheidet die EUSOMAZertifizierung von anderen Zertifizierungen?
Volker Heyl: Wie bereits erwähnt, prüft die Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Senologie und der Deutschen Krebsgesellschaft und die EUSOMA-Zertifizierung Strukturqualität auf hohem Niveau. Ziel der EUSOMA-Zertifizierung ist es, eine europaweite Datensammlung über die Behandlungsqualität aufzubauen, so dass Kliniken europaweit verglichen werden können. Es sei daran erinnert, dass in Deutschland derzeit kein flächendeckendes Krebsregister existiert, so dass Behandlungszahlen nur bedingt vorliegen. Diesem Missstand wird mittelfristig und langfristig durch die EUSOMA-Zertifizierung Abhilfe geschaffen. Weiteres Ziel der EUSOMA-Zertifizierung ist es, gleiche Behandlungsqualität für alle Frauen in Europa aufzubauen und zu garantieren. Es sollte für die Patientin kein Unterschied bestehen, ob die Diagnose in Frankreich, England, Italien, Polen oder Jugoslawien gestellt wird. Zudem sollen die Aktivitäten des Mammographie-Screenings mit den Aktivitäten der Brustzentren zusammengeführt werden, um die Behandlungsqualität zu verbessern.
Management & Krankenhaus: Sehen Sie die Gefahr einer „Über- Zertifizierung“ frei nach dem Motto: Es wird alles zertifiziert, was zu zertifizieren ist?
Volker Heyl: Diese Gefahr sehe ich nicht. Letztendlich ist abzuwarten, ob nationale oder europäische Initiativen zielführend sind. Aus meiner Sicht sollte der europäische Gedanke insbesondere in der Gesundheitspolitik vorangetrieben werden. Es geht um die berechtigten Interessen der Frauen und nationale und föderale Interessen sollten in den Hintergrund treten. An Transparenz durch Zertifizierungsverfahren auf nationaler und/oder europäischer Ebene führt somit kein Weg vorbei.
Management & Krankenhaus: Was würden Sie Kliniken raten, die an eine EUSOMA-Zertifizierung denken?
Volker Heyl: Ich möchte betonen, dass sich die Zertifizierung der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Senologie und die EUSOMA-Akkreditierung sinnvoll ergänzen. Durch unsere Beteiligung am Modell-Projekt zum Mammographie- Screening in Wiesbaden und durch die Kontakte, die wir hierdurch knüpfen konnten, war es in unserem Fall nahe liegend, die EUSOMA- Akkreditierung als erstes anzustreben. Grundsätzlich ist es zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll, die Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Senologie und der Deutschen Krebsgesellschaft ergänzend durchzuführen. Der normale Weg wird der sein, zuerst eine nationale Zertifizierung und dann als „Sahnehäubchen“ die europäische Akkreditierung anzustreben. Beide Verfahren sind sehr aufwändig und müssen entsprechend vorbereitet werden, wobei dies ohne Unterstützung durch das Klinikmanagement nicht möglich sein wird. Insofern würde ich jeder gut organisierten Brustklinik mit entsprechenden Fallzahlen raten, einen Zeitplan für die Zertifizierung aufzustellen und dies mit dem Klinikmanagement abzusprechen. Im Einzelfall wird die Unterstützung durch professionelle Hilfe notwendig sein. Eine Zertifizierung ohne entsprechende Unterstützung in Ergänzung zu dem Klinikalltag wird eher nicht zielführend sein.