Gesundheitsökonomie

Facility-Management im Krankenhaus: Mehr Transparenz und klare Benchmarks

21.12.2011 -

Facility-Management im Krankenhaus: Mit dem Ziel, mehr Transparenz sowie die Grundlagen für ein Benchmarking zu schaffen, arbeitet der Arbeitskreis „FM im Krankenhaus" der GEFMA (German Facility Management Association) an der DRG-gerechten Raum-Vollkosten-Erfassung für die wesentlichen Funktionsräume im Krankenhaus. Dr. Sigrid Odin, Sprecherin des GEFMA Arbeitskreises Krankenhaus, weiß über die Einzelheiten Bescheid.

M & K: Sie haben im GEFMA-Arbeitskreis „FM im Krankenhaus" eine DRG-gerechte Erfassung von Raum-Vollkosten erarbeitet. Was sind die Ziele dieser Erfassung?

Sigrid Odin: Wir möchten Antworten finden auf Fragen, die sich die FM-Verantwortlichen in Krankenhäusern täglich stellen: Wie hoch sind meine Raum-Vollkosten im Vergleich zu anderen Krankenhäusern? Wie verteile ich FM-Kosten verursachergerecht und welchen Anteil haben sie an den jeweiligen Fallpauschalen? Wie kann ich gegebenenfalls Leerstand bewirtschaften?

Wie ist der gegenwärtige Stand dieser Arbeit?

Sigrid Odin: Wir arbeiten ja seit 2005 an diesem Thema und befinden uns heute in der dritten Runde unserer Benchmark-Erfassung, an der sich Technische Leiter und Controller von rund 20 Kliniken bundesweit beteiligen. Deren Ergebnisse wurden auch veröffentlicht und in den Benchmarking-Report des GEFMA eingefügt - in anonymisierter Form. Die beteiligten Kliniken erhalten die Benchmarks selbstverständlich im Detail, aber auch anaonymisiert.

Den Vergleich der FM-Kosten auf der Basis von Quadratmeterpreisen etwa für die Reinigung oder für den Energieaufwand halten Sie nicht für ausreichend. Warum nicht?

Sigrid Odin: Als Benchmarks sind solche Zahlen nicht ausreichend, weil die Kliniken unterschiedlich alt sind und sich auch baustrukturell unterscheiden. Auch Infrastruktur und Rahmenbedingungen sind nicht vergleichbar. Die Quadratmeterkosten eines 1.000-Betten-Hauses weichen von denen eines 400-Betten-Hauses teilweise stark ab - aber die Höhe der DRGs ist prinzipiell gleich. Demzufolge reichen uns m2-Preise für die eigentliche Aufgabe zur Optimierung der nichtmedizinischen Infrastrukturkosten nicht aus. Es hat sich gezeigt, dass unser Ansatz der Vollkosten für unterschiedliche Räume da hilfreicher ist.

Wie sieht ihr Konzept dagegen aus?

Sigrid Odin: Mit der Vollkostenberechnung für den Raum folgen wir dem medizinischen Pfad, somit der Behandlung des Patienten, der auch der DRG-Kontrolle zugrunde liegt. Wir geben dem medizinischen Controlling zusätzlich die Möglichkeit, nicht nur die medizinischen Kosten des jeweiligen Behandlungsschrittes zu kalkulieren, sondern quasi den Aufwand des Raumes, in dem der Behandlungsschritt vorgenommen wird, verursachungsgerecht hinzuzubewerten. So kommen wir zu einer Aufwandsstruktur im FM-Bereich, die an die Kalkulation des Kerngeschäfts angepasst ist - also an die Fallpauschalen. Statt Quadratmeterkosten ermitteln wir zu diesem Zweck spezifische Raum-Vollkosten.

Dabei arbeiten Sie mit Raum-Clustern?

Sigrid Odin: Ja. Wir sagen: Jede einzelne Maßnahme im Rahmen der Betreuung und Behandlung eines Patienten geschieht in einem bestimmten Raum. Dabei fassen wir bestimmte Raum-Cluster zusammen, die auf einer pragmatischen Zuordnung von Räumen zu den ohnehin üblichen Funktionsbereichen im Krankenhaus basieren: So schließt beispielsweise der OP-Raum einen ganzen Trakt mit ein, der die OP-Einleitung sowie die Zuwegung umfasst. Im Ergebnis ist dann die Gesamtfläche des Klinikums auf ca. acht Raum-Cluster aufgeteilt, Kostengruppen werden als Hauptkostentreiber festgelegt und gewichtet über die Raum-Cluster verteilt, denn ein OP benötigt nun einmal mehr Strom als ein Bettenzimmer etc.

Geben Sie uns ein Beispiel?

Sigrid Odin: Ein ganz einfaches Beispiel ist eine Reinigungsrechnung. Der Reinigungsaufwand wird mit dem Dienstleister, sagen wir einmal, für die gesamte Klinik vereinbart und abgerechnet. Da aber auch der Reinigungsaufwand in den einzelnen Räumen unterschiedlich anfällt, wird die Gesamtrechnung raumspezifisch gewichtet aufgeteilt, sodass man dem OP mehr davon zuordnet als etwa einem Technikraum.

Diese Gewichtung ergibt sich bei allen FM-Kosten aus den gebündelten Erfahrungswerten der Arbeitskreisteilnehmer. Mit den so besser einschätzbaren raumspezifischen Kosten lassen sich z.B. Ausschreibungen für Fremddienstleister genauer gestalten und sogar für künftige Reinigungsverträge raumspezifische Kosten abfragen und vereinbaren. Schwieriger ist es für Technik, Klimaanlage etc. Eine separate Kostenerfassung ist hier gar nicht möglich oder zu aufwendig, wenn Sie an die Unmassen von Stromzählern denken würden - eine Gewichtung nach Raum-Clustern ist zwar grob, aber für das Steuerungsziel genau genug. Insgesamt gesehen können auf diese Weise die FM-Kosten pragmatisch und transparent den jeweiligen medizinischen Leistungen DRG-gerecht zugeordnet werden.

Die Ärzte müssen die Raumnutzung also in ihre Kalkulation mit aufnehmen ...

Sigrid Odin: Ja. Bislang bezieht der Arzt in seine Kalkulation noch nicht mit ein, welche seiner Leistungen in welchem Raum durchgeführt wird. Aber der Arzt kalkuliert ohnehin minutengenau seine Schnitt-Naht-Zeiten bzw. die Personalbindung, einschließlich der für den Gesamtprozess benötigten Geräte und Arzneimittel. Dazu braucht er noch zu ergänzen, welche Räume er wie lange benötigt. Das Controlling und die Planung der Kliniken ist häufig noch nicht so weit - wir liefern aber die Grundlagen für diese Kalkulation, die durchaus auch schrittweise in den Klinikalltag überführt werden kann.

Welchen Nutzen bringt die DRG-gerechte Berechnung der Raum-Vollkosten für die Klinik?

Sigrid Odin: Der ganz klare Vorteil ist zusammengefasst der, dass Sie das Raumangebot mit dem Raumbedarf harmonisieren können, der sich aus den medizinischen Pfaden für das jeweilige Fall-Mix einer Klinik ergibt. Dadurch können Kliniken z.B. nicht benötigten Räume umnutzen: Leerstände lassen sich an Belegärzte und Medizinische Versorgungszentren vermieten. Dafür gab es bislang keine Kostenbasis - mit den Raum-Vollkosten hat man jetzt eine transparente Grundlage. Sie kann ferner genutzt werden, um die Aufwendungen je Fall zu präzisieren. Neben Transparenz der Raumkosten im eigenen Haus hat man auch eine Grundlage für die Masterplanung - etwa für Neu- oder Umbauten.

Kann diese Berechnungsmethode auch unerwünschte Folgen haben - etwa zulasten vermeintlich unproduktiver Räume, etwa Empfang oder Aufenthaltsräume?

Sigrid Odin: Nein, denn zum einen werden unterstützende „unproduktive" Räume auf die „produktiven" umgelegt, soweit sie z.B. für vor- und nachbereitende Tätigkeiten des Therapeuten erforderlich sind. Ebenso werden Technikräume einbezogen. Die Entscheidung, wie viel ein Raum kosten darf - und dazu zählen auch Empfang und Aufenthaltsräume -, ist nach wie vor eine Frage der Abwägung: Wie viel muss ein Raum kosten, damit der Patient kommt - und wie viel darf er kosten, damit der Patient bleibt bzw. die Klinik die Ausgaben decken kann. Dafür braucht man aber Kostentransparenz, und die schaffen wir.

Mit welchen langfristigen Folgen rechnen Sie bei einer flächendeckenden Anwendung dieser Methode?

Sigrid Odin: Sie wird die medizinische Planung, den Fallmix und die Raumplanung beeinflussen. Die Bereitstellung der klinischen Infrastruktur wird bedarfsgerechter. Das gilt für Neubauten, ist aber noch wichtiger für den Bestand - dieser muss für den Bedarf ständig optimiert werden. Ziel ist letztlich die höchstmögliche Anpassung der Räume an den medizinischen Bedarf.

 

Kontakt

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