Gesundheitsökonomie

Konfliktherd Krankenhaus: Ursachen und Lösungen

16.08.2015 -

Welche Gründe gibt es, dass das Krankenhaus seine Mitarbeiter krank macht? Welchen Folgen entstehen und was kann man dagegen tun?

Eine der Hauptursachen für zwischenmenschliches Konfliktpotential im Krankenhaus sind die besonderen Machtverhältnisse, die ein Spezifikum des Krankenhauses darstellen, da die Charakteristik der hierarchischen Struktur deutlich ausgeprägter ist, als dies in anderen Wirtschaftsbereichen der Fall ist. Die über viele Jahrzehnte tradierten Arztattribute sind zwar nicht vollständig erhalten geblieben, dennoch genießt der Arzt im Krankenhaus eine besondere, teilweise zu begründende Art der Vorrangstellung.

Einen wichtigen Faktor stellt auch die Tatsache dar, dass das Pflegepersonal, obwohl es, wie eben erwähnt, zum Kernprozess zuzuordnen ist, von übergeordneter Instanz, also den Ärzten, zwar nicht pauschalierbar, aber oft als nur unterstützender Hilfsbereich betrachtet wird. Dadurch entsteht nicht nur kontraproduktive Rivalität zwischen Ärzten und Pflegepersonal, sondern oft wird auch der Behandlungserfolg, so er erzielt wird, seitens der Patienten in überwiegendem Maße der Ärzteschaft zugeschrieben. Dies verstärkt das ohnehin bestehende Gefälle und Machtungleichgewicht noch.

Ursachen für Belastungen und Konfliktpotential

Eine wichtige und eher gesamtgesellschaftliche Ursache für psychosoziale Belastungen des Einzelnen ist sicherlich der große Kostendruck, der auf den Krankenhäusern lastet, und das damit verbundene Erfordernis einschneidender Sparmaßnahmen. Die Institution Krankenhaus ist besonders von dem steigenden ökonomischen Druck betroffen, da in einem Umfeld von Hilfebedürftigkeit der Patienten und Hilfsbereitschaft der Pflegenden wirtschaftliche Zwänge, denen z. B. durch Stellenabbau Gestalt verliehen wird, nur schwerlich zu akzeptieren sind.

Als eher individuelle Ursachen sind Umstände zu verstehen, die weniger jeden Beschäftigten im Krankenhaus betreffen, sondern vielmehr von einigen Mitarbeitern als besonders belastend empfunden werden und von anderen entweder symptomfrei akzeptiert werden oder auf diese gar keine negative Auswirkung haben. Meist haben Pflegende sehr hohe Idealvorstellungen von ihrem Berufsbild und vor allem bezüglich ihrer Erwartungshaltung an sich selbst. Wer sich für den Beruf der Pflege anderer Menschen entscheidet, wird nicht von ökonomischen Beweggründen getrieben, sondern in aller Regel von dem Bedürfnis zu helfen.

Auswirkungen

Ein bedeutendes Symptom, das aus der Überforderung der Beschäftigten und der Unvereinbarkeit zwischen eigenem Anspruch und der Wirklichkeit resultiert, ist das Burn-out-Syndrom. Eine weitere Auswirkung ist die hohe Anzahl von Arbeitsunfähigkeitstagen, von der der Gesundheitsbereich deutlich stärker betroffen ist als jeder andere Wirtschaftsbereich. Hier zeigt sich eine der wenigen eindeutig messbaren Auswirkungen eines belastenden Beschäftigungsumfeldes.

Darüber hinaus besteht auch eine erhöhte Suchtgefahr für Beschäftigte im Krankenhaus. Diese Auswirkung der belastenden Faktoren manifestiert sich einerseits, weil der Gebrauch bzw. die Gabe von Medikamenten zur alltäglichen Selbstverständlichkeit geworden ist und weil viele Medikamente für Ärzte wie auch für Pflegende sehr leicht zugänglich sind. Hier soll nicht die Selbstverständlichkeit im Umgang mit Medikamenten für Patienten kritisiert werden, sondern auf die Gefahr hingewiesen werden, dass es gerade im Krankenhaus suchtbegünstigende Faktoren gibt. Ebenfalls sind körperliche Erkrankungen sehr oft die Folge einer langjährigen Beschäftigung im Krankenhaus; hier sind für den pflegerischen Bereich an erster Stelle die Skeletterkrankungen zu nennen. Gerade Band-scheibenvorfälle und andere Rückenleiden ereignen sich durch das schwere Heben oder das Lagern von Patienten. Dies ist allerdings nicht nur im Krankenhaus zu beobachten, sondern in mindestens vergleichbarem Ausmaß in Alten- und Pflegeheimen.

Lösungsansätze

Die adäquate Führung nimmt eine besondere Stellung ein, wenn es darum geht, Belastungssituationen und Konflikten vorzubeugen. Besonders wichtig ist hierbei, dass sich die Beschäftigten von ihren Vorgesetzten ernst genommen fühlen, also dass ihren Äußerungen und Handlungen Gewicht beigemessen wird. Die Führungsebene muss sich allerdings in diesem Kontext die Frage stellen, ob die Autonomie, die dem Mitarbeiter zugestanden wird, überhaupt beabsichtigt. Grundsätzlich empfinden Mitarbeiter, denen mehr Verantwortung zugestanden wird, dies als Bereicherung und als Anerkennung ihrer Kompetenz. Andererseits kann ein zu hohes Maß an Selbstbestimmtheit auch als belastend und überfordernd empfunden werden. Hier bedarf es großer Feinfühligkeit seitens der Führungsebene und eines enormen Fingerspitzengefühls, solche Entscheidungen nicht pauschal zu fällen, sondern individuell für den Einzelfall zu entscheiden. Dies erfordert aber enormes Delegationsgeschick.

Motivation ist ein Schlüssel, um Konflikten und Belastungserscheinungen Erfolg versprechend entgegenzuwirken. Dabei ist es von unschätzbarer Bedeutung, dass alle Beschäftigen gleichermaßen eingebunden werden. Jeder Mitarbeiter muss sich seiner Wichtigkeit für das gesamte Krankenhaus und für das Gelingen des Kernprozesses bewusst sein. Mitarbeiter sollen selbst das Resultat ihrer eigenen Arbeit wahrnehmen können und dafür auch die ihnen gebührende Anerkennung ernten dürfen. Dies kann auf einfache informelle Weise durch ein schlichtes Lob geschehen. Zudem ist diese Form der Anerkennung sogar kostenlos und zugleich wirkungsvoll. Auch ist es unerlässlich, dass die Meinung oder eventuelle Verbesserungsvorschläge und Ideen aufmerksam angehört werden, damit der Mitarbeiter den großen Eigenanteil seiner Leistung erkennen kann und sich dies positiv sowohl auf sein Selbstwertgefühl als auch auf seine zukünftige Belastbarkeit auswirkt.

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