Krankenhausschließungen statt nachhaltiges Versorgungskonzept im Vordergrund
16.07.2019 -
„In der Studie der Bertelsmann Stiftung zu einer zukunftsfähigen Krankenhausversorgung wird am Beispiel einer Versorgungsregion in NRW die Simulation einer theoretischen Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft vorgenommen, die aber erst einmal einem Realitäts- und Faktencheck standhalten muss“, erklärte Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, nach einer ersten Bewertung der heute veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung zur Neustrukturierung der Krankenhausversorgung am Beispiel der Versorgungsregion 5 im Sinne der Krankenhausplanung des Landes Nordrhein-Westfalen.
„Auch die KGNW ist offen für einen Strukturwandel zur Weiterentwicklung der stationären Versorgung und unterstützt Strukturveränderungen, die in den Regionen und vor Ort entwickelt und gelebt werden müssen“, stellte der KGNW-Präsident heraus. Er kritisierte aber, dass die Verfasser in der Studie zwar ihre Vision von einer für sie optimal strukturierten stationären Krankenhausversorgung am Beispiel der Region Köln darstellten, aber einige zentrale Aspekte außer Acht gelassen hätten, die die Umsetzbarkeit schwierig bis nahezu unmöglich machten.
„Für die im Gutachten vorgeschlagene Reduzierung der Anzahl der Krankenhäuser in der Region von 45 auf 12 oder 14 Standorte sind erhebliche Investitionen notwendig, die an keiner Stelle erwähnt oder beziffert werden. Allein für diese grundlegende Umstrukturierung wären nach unseren überschlägigen Berechnungen Mittel in Höhe von bis zu 3,3 Mrd. Euro erforderlich,“ untermauerte Brink seine Kritik. Das Geld für diese Strukturveränderung müsste vom Land kommen, aber bereits jetzt fehle den 344 Krankenhäusern in NRW – auch von der Politik anerkannt – jährlich rund eine Mrd. Euro an Fördermitteln von der Landesregierung. Dies allein zeige schon den fehlenden Realitätsbezug des Simulationsgutachtens.
Geradezu grotesk werde es hinsichtlich des vorgeschlagenen Kapazitätsabbaus für die Region aufgrund kartellrechtlicher Gründe, die Krankenhauszusammenschlüssen und -kooperationen entgegenstünden, so Brink und nannte Köln als Beispiel. Hier habe vor kurzem das Bundeskartellamt im Hauptprüfverfahren eine Trägerfusion im Krankenhausbereich in Köln aufgrund von vermuteten Marktbeherrschungen untersagt.
„Auch ist bei einer Zentralisierung und Kapazitätsaufteilung die Verbundbildung von Krankenhäusern eine entscheidende Voraussetzung. Eine Verbundbildung setzt aber zwangsläufig auch einen Konsens unterschiedlicher Träger voraus und kann nicht einfach verordnet werden, was sonst einer Enteignung gleichkommt. Auch dies bleibt in der Analyse unberücksichtigt,“ hob Brink hervor.
„Zudem finden in den Modellrechnungen und Analysen die stadtplanerischen Hemmnisse gerade in Ballungsräumen wie Köln keine Berücksichtigung. Schon jetzt fehlen für dringend benötigte Wohnungen die erforderlichen Baugrundstücke. Wo sollen die benötigten Flächen für die im Gutachten beschriebenen Erweiterungen von bestehenden Kliniken von bis zu 2000 Betten herkommen“, merkte Brink an.
„Ein weiterer Aspekt ist die Forderung der Autoren als eine Voraussetzung ihres Konzeptes, deutlich mehr bislang stationär erbrachte Leistungen in ambulante Leistungen zu überführen. Hier sehen auch wir durchaus Möglichkeiten. Dies kann aber nur gelingen, wenn die Krankenhäuser mit ihren medizinischen Kompetenzen und mit ihrer Infrastruktur für die Erbringung ambulanter Leistungen vom Gesetzgeber zugelassen werden und an der Versorgung weiter teilnehmen können,“ unterstrich der KGNW-Präsident. „Die niedergelassenen Praxen können diese Leistungen nicht auffangen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die Versorgungsengpässe im ambulanten Bereich seit Jahren nicht lösen können. Hier gilt es jetzt, neue Wege zu gehen,“ so Brink.
„Wir haben immer wieder betont, dass bei der Weiterentwicklung der Krankenhausstrukturen nicht der Aspekt des Kapazitätsabbaus im Vordergrund stehen darf. Wir brauchen eine gestaltende Gesundheitspolitik, die gemeinsam ein nachhaltiges Versorgungskonzept im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in NRW verfolgt,“ betonte Brink. „Planspiele anhand statistischer Daten mit fehlendem Realitätsbezug sind dabei nicht wirklich hilfreich.“
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