MDK: Anstrengungen für Patientensicherheit verstärken
26.09.2019 -
14.133 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern hat der Medizinische Dienst der Krankenversicherung 2018 erstellt.
In jedem vierten Fall wurde ein Fehler bestätigt. Das geht aus der Begutachtungsstatistik hervor, die Mitte Mai in Berlin vorgestellt wurde. Sicherheitsmaßnahmen müssen konsequent umgesetzt werden. Notwendig sind Patientensicherheitsbeauftragte und eine nationale Strategie zur Fehlervermeidung.
Die Anzahl der Gutachten ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. In knapp jedem vierten Fall (3.497) bestätigten die MDK-Gutachter den Verdacht der Versicherten. In jedem fünften Fall (2.799) stellte der MDK fest, dass der Fehler den erlittenen Schaden auch verursacht hat. „Unsere Begutachtungsstatistik zeigt jedoch nur einen kleinen Ausschnitt. Daher lassen sich keine generellen Aussagen zum Gefährdungsrisiko ableiten. Wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass auf jeden festgestellten Behandlungsfehler etwa 30 unentdeckte Fälle kommen. Die Dunkelziffer ist hoch“, sagt Dr. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS).
Das Wichtigste sei, über schwerwiegende und sicher vermeidbare Schadensereignisse wie Seiten- und Medikamentenverwechslungen oder im Körper verbliebene Fremdkörper nach Operationen – Never Events − zu berichten, um diese künftig systematisch zu vermeiden. Gronemeyer regt die Schaffung einer nationalen Never-Event-Liste und den Einsatz von Patientensicherheitsbeauftragten an, um die Sicherheitskultur in Deutschland voranzubringen. Denn, so Gronemeyer: „Sicherheitskultur ist auch Berichtskultur“.
Unterschiedlichste Fachgebiete betroffen
In der aktuellen MDK-Begutachtungsstatistik betrafen zwei Drittel der Vorwürfe Behandlungen in der stationären Versorgung, zumeist in Krankenhäusern (9.433 Fälle); ein Drittel bezog sich auf Arztpraxen (4.649 Fälle). „Hintergrund dieser Verteilung ist, dass sich die meisten Behandlungsfehlervorwürfe auf operative Eingriffe beziehen und diese erfolgen meist in der stationären Versorgung“, sagt Prof. Dr. Astrid Zobel, Leitende Ärztin des MDK Bayern.
31% aller Vorwürfe betrafen die Orthopädie und Unfallchirurgie, 13% die Innere Medizin und Allgemeinmedizin, 9% die Allgemein- und Viszeralchirurgie, ebenfalls 9% die Frauenheilkunde und Geburtshilfe, 8% die Zahnmedizin und 5% die Pflege. „In Fachgebieten, in denen häufig Behandlungsfehler vorgeworfen werden, werden anteilmäßig nicht die meisten Fehler bestätigt. Eine Häufung von Vorwürfen sagt nichts über die Fehlerquote oder die Sicherheit in dem jeweiligen Fachbereich aus“, erläutert Zobel. Häufungen würden viel mehr darüber etwas aussagen, wie Patienten Behandlungen erlebten. Fehler seien für Betroffene bei chirurgischen Eingriffen meist leichter erkennbar als z.B. Medikationsfehler auf der Intensivstation.
Die festgestellten Fehler betreffen die unterschiedlichsten Erkrankungen und die verschiedensten Behandlungen. Sie reichen von Hüftgelenksimplantationen über Zahnentfernungen bis hin zu Kaiserschnittentbindungen und Blinddarmoperationen. Die Zahlen sind nur repräsentativ für die vom MDK begutachteten Fälle, aber nicht für alle Behandlungsfehler in Deutschland. Daher lassen die Daten auch keine generellen Rückschlüsse auf die Patientensicherheit insgesamt zu.
Never Events von großer Bedeutung
Fehler, die sicher zu verhindern wären und gleichzeitig große Schäden verursachen können – wie Verwechslungen des Patienten, der Seite, des beabsichtigten Eingriffs oder eines Medikaments – sind für das Erkennen, Umsetzen und Bewerten von Sicherheitsmaßnahmen von großer Bedeutung. „Wenn ein Never Event geschieht, dann bedeutet das nicht, dass Einzelne in der Medizin oder in der Pflege einen besonders verwerflichen Fehler gemacht haben.
Es zeigt vielmehr, dass Sicherheitsvorkehrungen unzureichend umgesetzt wurden und Risiken im konkreten Versorgungsprozess bestehen“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Max Skorning, Bereichsleiter Qualität und Patientensicherheit beim MDS. Für die systematische Fehlervermeidung seien die gezielte Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen und das Messen der Schadensereignisse entscheidend. Denn nur dann kann man feststellen, ob die Maßnahmen zu weniger Fehlern und zu weniger Schäden führen. „Erfolge, die nicht klar gemessen werden, sind nicht von Dauer“, sagt Skorning.
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