Gesundheitsökonomie

Medizinische Versorgungszentren

04.05.2012 -

Medizinische Versorgungszentren. Seit Anfang 2004 nehmen Medizinische Versorgungszentren (MVZ) als fachübergreifend ärztlich geleitete Einrichtungen an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teil. Dass diese Kooperationsform immer interessanter und attraktiver wird, zeigen die aktuellen Zahlen: In derzeit über 650 zugelassenen MVZ sind über 2.600 Ärzte tätig, von denen fast zwei Drittel im Angestelltenverhältnis arbeiten. Äußerungen über das Pro und Contra in Bezug auf die Etablierung von MVZ sind dabei entscheidend auf die Zielsetzungen der einzelnen Interessensgruppen im deutschen Gesundheitswesen zurückzuführen.

Gesetzgeber

Der Gesetzgeber verfolgt durch die Zulassung von MVZ u.a. das Ziel, die Versorgungsstrukturen im Bereich der ambulanten medizinischen Versorgung weiterzuentwickeln. Durch die Verzahnung der unterschiedlichen Sektoren des Gesundheitswesens soll die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung verbessert werden. MVZ haben nach Auffassung des Gesetzgebers folgende wesentliche Vorteile:

  • Besondere Eignung für die Zusammenarbeit mit sonstigen Leistungserbringern
  • Bessere Verzahnung der einzelnen Teilschritte der Versorgungskette mit dem Ziel einer besser abgestimmten Behandlung
  • Erschließung von Wirtschaftlichkeitspotentialen durch die gemeinsame Nutzung der Verwaltung und Medizintechnik
  • Möglichkeit für junge Ärzte im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses in der ambulanten Versorgung tätig zu sein, ohne dabei die ökonomischen Risiken einer Niederlassung tragen zu müssen

Niedergelassene Ärzte und Kassenärztliche Vereinigung

Dem ärztlichen Nachwuchs bieten MVZ durch die Möglichkeit einer Angestelltentätigkeit im Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung eine berufliche Alternative. Der Vertragsarzt kann sich durch MVZ entweder in Konkurrenz zu anderen Leistungserbringern oder als gleichberechtigter Partner als medizinischer Unternehmer betätigen. Er hat durch den Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit, sich Einflussmöglichkeiten und Gestaltungsfreiheiten zu sichern, die er in seiner Einzelpraxis vorher nicht verwirklichen konnte. MVZ können den betreibenden Ärzten die Chance bieten interdisziplinär, effektiver, kostengünstiger und evtl. auch „einnahmestärker“ ärztlich tätig zu sein. Trotz aller Chancen und Möglichkeiten gibt es auch viel Kritik und Befürchtungen im Hinblick auf die sich verändernde ambulante vertragsärztliche Versorgungslandschaft. Den „Facharzt um die Ecke“ wird es immer seltener geben, da dieser sich vermehrt in den Versorgungszentren ansiedeln wird. Mit der Umsetzung der Möglichkeiten des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes (VÄndG) seit 1. Januar 2007 (Anstellungsmöglichkeiten in Praxen, Praxisfilialen und überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften) sind zusätzlich weit reichende Änderungen auf die ambulante vertragsärztliche Versorgungsstruktur zugekommen. Trotz dieser neuen Möglichkeiten wird das Konzept MVZ aber nicht an Bedeutung verlieren.

Krankenhäuser und Krankenhausgesellschaft

Krankenhäusern wird ermöglicht, ein MVZ zu gründen und auf diese Weise an der vertragsärztlichen Versorgung zu partizipieren. Diese Möglichkeit gewinnt vor allem vor dem Hintergrund, dass immer mehr Leistungen vom stationären in den ambulanten Bereich verschoben werden, an Bedeutung. Für diese Leistungsverschiebungen sind insbesondere ökonomische Gründe bedingt durch den Kostendruck im Gesundheitswesen verantwortlich. Für die Krankenhäuser ergibt sich daraus ein immer stärker werdender Handlungsdruck neue Geschäftsfelder zu erschließen. Dieser Handlungsdruck wird durch die Faktoren sinkende Verweildauern, Fehlbelegungsprüfungen und Konzentrations- und Spezialisierungstendenzen verstärkt. Durch die Gründung eines MVZ am Krankenhaus bietet sich für die Krankenhäuser die Chance, Praxen niedergelassener Ärzte über das MVZ an das Krankenhaus zu binden. Ein MVZ unter Trägerschaft des Krankenhauses bietet unter DRGGesichtspunkten und sich abzeichnender sektorenübergreifender Vergütungsstrukturen die sinnvolle Möglichkeit, die Krankenhaustätigkeit in den ambulanten Bereich hinein zu verlängern. Krankenhäuser verfügen zudem über die räumlichen Ausstattungen mögliche ambulante Behandlungsformen umzusetzen. Einen Dämpfer erhält die Euphorie der Krankenhäuser MVZ zu gründen allerdings durch die Höhe der benötigten Investitionsmittel.

Krankenkassen

Krankenkassen versprechen sich durch die Zulassung von MVZ zur ambulanten Versorgung eine zwischen den Leistungserbringern der unterschiedlichen Sektoren besser abgestimmte und vor allem auch kostengünstigere Versorgung. Durch die interdisziplinär fachübergreifende Zusammenarbeit innerhalb des MVZ und die bereits angesprochene Bedeutung der MVZ als Vertragspartner für die Integrierte Versorgung versprechen sich die Krankenkassen die Erschließung von Synergieeffekten und Rationalisierungspotentialen sowie die Vermeidung teurer Doppeluntersuchungen.

Patienten

Der Gesetzgeber hat die MVZ als Einrichtungen für eine fachübergreifende Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachgebiete vorgesehen, die dem Patienten eine medizinische Versorgung aus einer Hand anbieten sollen. Die Zusammenarbeit der an der Behandlung des Patienten beteiligten Leistungserbringer soll durch eine gemeinsame Verständigung über Krankheitsverlauf, Behandlungsziele und Therapie intensiviert werden. Ein großes Leistungsspektrum unter einem Dach und bei Überweisungen nur wenige Türen weitergehen zu müssen, macht für viele Patienten den großen Vorteil eines MVZ aus.

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