Gesundheitsökonomie

Niedersächsische Krankenhausgesellschaft kritisiert die Studie der Bertelsmann-Stiftung

16.07.2019 -

Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) unterstreicht die Bedeutung der schnellen Erreichbarkeit von Krankenhäusern im Flächenland Niedersachsen. Damit warnt sie zugleich vor Bestrebungen der Bertelsmann-Studie, die Notwendigkeit einer solchen flächendeckenden Krankenhausversorgung infrage zu stellen.

„Abbau und Zentralisierung von Krankenhäusern sind keine flächendeckende Option“, so Marten Bielefeld, stellvertretende Geschäftsführer der NKG. „Der sichere Zugang und die gute Erreichbarkeit von Krankenhäusern sind wesentliche Qualitätsmerkmale des niedersächsischen Gesundheitswesens.“

Hinter der von der Bertelsmann-Stiftung vorgeschlagenen Zentralisierung steht die Einschätzung, dass die medizinische Versorgung nur in Großkrankenhäusern gut beziehungsweise besser werden könnte - eine absolut unbelegte Einschätzung. Seit Jahren messen Krankenhäuser anhand vieler Indikatoren die Qualität der medizinischen Versorgung. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bestätigt Jahr für Jahr den an dem Verfahren beteiligten Krankenhäusern ein hohes Qualitätsniveau. Wo einzelne Kliniken Qualitätsdefizite haben, finden Interventionen statt.

Die Behauptung, die derzeitigen flächendeckenden Krankenhausstrukturen „befeuerten“ den Pflegenotstand, lebt offensichtlich von der Erwartung, dass die von Klinikschließungen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in zum Teil weit entfernte verbleibende Krankenhäuser wechseln. Es ist zu bezweifeln, dass dies in dem offenbar unterstellten hohen Maße gelingt - und die Betroffenen nicht ortsnah in andere Jobs abwandern. Also noch mehr Lasten für das vorhandene Pflegepersonal. Eine Zentralisierung löst den Pflegenotstand mit Sicherheit nicht.

Bei Zentralisierungsbestrebungen sei eine systemische Analyse der Gesundheitsversorgung notwendig, betont Dr. Hans-Heinrich Aldag, Vorsitzender der NKG, und fordert eine Betrachtung von Prozessen und Schnittstellen. Nicht zuletzt bedeute jede Form von Standortentwicklung gewaltige Investitionsanstrengungen weit über die bisherigen Fördermittel der Länder und des Bundes hinaus. Die Studie führe zu diesem Punkt leider nicht aus.

Beim Vergleich mit anderen Ländern, wie er auch in der Studie vorgenommen wird, müsse zudem immer das gesamte Gesundheitssystem betrachtet werden: „Gibt es eine freie Arzt- und Krankenhauswahl, wie es bei uns der Fall ist? Ist es ein staatliches bzw. zentral gesteuertes System? Wie ist der Rettungsdienst ausgestaltet? Gibt es Wartezeiten im Krankenhaus?“ Das alles sind zentrale Fragen, die ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Insofern greife eine simple Erklärung „weniger Krankenhäuser gleich bessere Qualität“ viel zu kurz.

Die Krankenhausstrukturen in Niedersachsen seien historisch gewachsen, stellt Dr. Aldag heraus. „Veränderungen wurden und werden im Wechselspiel zwischen regionaler Erreichbarkeit und Umsetzbarkeit hinsichtlich finanzieller und räumlicher Restriktionen geplant. Zur Strukturentwicklung gehören der Erhalt, die Stärkung und die Weiterentwicklung von Standorten mit Versorgungsdefiziten ebenso wie der Abbau von nicht notwendigen Kapazitäten.“ In Niedersachsen habe mit dieser flexiblen und bedarfsorientierten Vorgehensweise eine der niedrigsten „Bettenziffern“ Deutschlands herausgebildet.

Die NKG werde sich weiterhin für eine gute flächendeckende Erreichbarkeit von Krankenhäusern stark machen, fasst Marten Bielefeld zusammen. Dies entspreche auch der Zielsetzung des Koalitionsvertrages zwischen SPD und CDU, der in der Wohnortnähe eines Krankenhauses insbesondere in den ländlichen Regionen eine wichtige Rolle sehe. Der flächendeckende Zugang zu medizinischer Versorgung sei ein entscheidendes Qualitätsmerkmal.

 

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