In Paaren denken
Kosten und Qualität im Krankenhaus – wie lässt sich beides optimieren?
Das Gesundheitswesen steht derzeit sowohl unter erhöhtem Kostendruck als auch unter dem Zwang, sein Qualitätsmanagement zu optimieren. Von den meisten Beteiligten wird dies als doppelte Belastung angesehen, die Ärzte und Pflegepersonal von ihren eigentlichen Aufgaben abhält.
Beispiele aus anderen Branchen zeigen, dass die integrierte Nutzung von Kosten- und Qualitätsindikatoren sowohl zu einer Verbesserung der Qualität als auch der Kostensituation führen kann. Man spricht hier von der Nutzung von Indikatorpaaren. Dabei werden jeweils Kosten- und ein Qualitätsindikator zu Paaren zusammengefasst.
Die Idee hinter diesen Indikator-Paaren ist es, die Effekte einer Kostenreduktion auf die Qualität zu beobachten. Betrachtet man gleichzeitig Kosten und Qualität eines Gutes, so ergibt sich typisch folgendes Bild:
D.h., wir sehen bei steigender Kostenreduktion folgende Effekte:
I. Die Qualität des Gutes wird durch die Kosteneinsparungen nicht beeinflusst:
- Im ökonomischen Sinne ist hier die Fehlerrate zu gering; d.h., die Qualität ist „zu gut". Daraus ergibt sich ein weiteres Einsparungspotential bei diesem Gut, das es in die Kategorie zwei überführt.
II. Die Kosteneinsparungen beeinflussen die Qualität des Gutes nur geringfügig:
- Die leichten Qualitätseinbußen beeinflussen die Funktionalität und wahrgenommene Qualität des Gutes nicht. Eine Kostenreduktionsmaßnahme ist sinnvoll.
III. Die Kosteneinsparungen beeinflussen die Qualität des Gutes massiv negativ:
- Dies bedeutet einen deutlichen Qualitätsmangel gegenüber dem Standard. Hier sollte ggf. die Kostenreduktion zurückgenommen werden.
Dieses Konzept von Indikator und Gegenindikator für eine qualitätsgesicherte Kostenreduktion kann auch auf ein Krankenhaus angewendet werden.Derzeit werden im Wesentlichen folgende Hebel genutzt, um Kosten von Kliniken zu senken:
- Reduktion der Personalkosten beim medizinischen bzw. Pflegepersonal.
- Reduktion des medizinischen Materialverbrauchs (Medikamente, Verbandsmaterial, ...).
- Reduktion/Wegfall von diagnostischen Verlaufsroutinen.
- Sonstige Kostenreduktion (Gebäude, Energie, Einkaufscontrolling, Logistik, EDV ...).
Durchgesetzt werden diese Hebel durch die Einführung von Management-Methoden; im stationären Bereich mittels Personalabbau durch Heraufsetzung des Bettenschlüssels, sowie mittels allgemeiner Prozessverbesserungen.
Mögliche Indikatoren und Gegenindikatoren für die genannten Hebel zur Kostenreduktion zeigt exemplarisch die Tabelle unten.
Die Wirkung von Indikator und Gegenindikator lässt sich am besten anhand von Beispielen erklären, z.B. durch die Wirkung von Änderungen an der Verlaufsdiagnostik.
Änderungen an der Verlaufsdiagnostik
Viele Kliniken leisten sich den Luxus von teuren Routinen, ohne dass dahinter ein behandlungsrelevanter begründeter Verdacht steht. Vielfach handelt es sich dabei um eine Verlaufsdiagnostik, die sich nicht mehr auf die spezifische Krankenbeobachtung stützt. Gute Beispiele hierfür sind bakteriologische Routineabstriche und Routine-Blutuntersuchungen, die der reinen Verlaufskontrolle dienen, ohne dass eine spezielle medizinische Indikation hierzu besteht.
Was passiert, wenn darauf verzichtet wird oder die Diagnostik in längeren Intervallen stattfindet? Liegt hier etwa eine zu hohe Qualität vor?
Betrachten wir den Indikator der Routineverlaufsuntersuchungen von bakteriologischen Wundabstrichen unter der Voraussetzung, dass die Wundgebiete mikrobiologisch diagnostisch gesichert und gegebenenfalls spezifisch antibiotisch abgedeckt sind. Wir erwarten wir bei einer Reduktion der Routine-Diagnostik anfänglich die folgenden Effekte:
- Die Kosten für Mikrobiologie sinken.
- Die Kosten für die entsprechenden Verbrauchsmittel sinken.
- Außerhalb der reduzierten bakteriologischen Routine wird dann gezielt diagnostisch untersucht, wenn keine Verbesserung eintritt, sich der Zustand verschlechtert oder ein begründeter Verdacht auf einen neuen behandlungsrelevanten Keim auftritt.
Bei zu geringer Routine-Diagnostik werden die Effekte bei den möglichen Qualitäts-Gegenindikatoren deutlich:
- Ein neuer Keimbefall wird erst auffällig, wenn er makroskopisch erkennbar und/oder sensorisch wahrnehmbar wird.
- Die Infektionsrate mit nicht erfassten neuen Keimbesiedlungen steigt.
- Es kommt infolge nicht erkannter Keimbesiedelungen zu septischen Verläufen.
Als Resultat von überzogenen Sparmaßnahmen treten somit Komplikationen und erhöhte Risiken bei den Patienten auf. Begleitend erhöhen sich die Kosten, diese Komplikationen einzudämmen. Nur durch gleichzeitige Betrachtung der Kosten und der Qualität kann hier ein ausgewogener Kompromiss gefunden werden.
Kosten- und Qualitätsmanagement-Prozess
Wesentlich bei der Nutzung von Indikatoren und Gegenindikatoren zur Überwachung von Kostenreduktionsmaßnahmen ist ein begleitender Management-Prozess, der regelmäßig die dazugehörigen Kennzahlen ermittelt, bewertet und entsprechende Maßnahmen generiert. Typisch ist dabei folgendes Vorgehen:
- Die Kennzahlen, d.h. die jeweiligen Indikatoren und Gegenindikatoren werden monatlich erhoben und allen Betroffenen zur Verfügung gestellt.
- Kennzahlen, die dabei einer Maßnahme bedürfen, werden entsprechend markiert.
- Die Verantwortlichen konzipieren die dazugehörigen Maßnahmen.
- Die entsprechenden Maßnahmen werden in einer monatlichen Besprechung verabschiedet.
Wird auf die Einführung dieser Controlling-Instrumente verzichtet, können Kostenreduktionsmaßnahmen sogar zum gegenteiligen Effekt führen: Die Qualität der medizinischen und pflegerischen Versorgung leidet, und die Kosten steigen infolge der auftretenden Komplikationen.
Insgesamt zeigt sich, dass die Nutzung von Indikatoren und Gegenindikatoren dabei hilft, den optimalen Kompromiss zwischen Qualität und Kosten zu finden. Dazu ist es notwendig, ein integriertes Kosten- und Qualitätsmanagement mit dazugehörigen Prozessen aufzusetzen. Dabei hat sich die Unterstützung durch externe Experten bewährt.
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Susanne Hegewald
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