Stiftung-Münch-Projekt: Impulse aus USA für deutsches Gesundheitswesen
07.01.2016 -
Mehr Experimentierfreudigkeit und eine bessere Steuerung der Patienten im US-Gesundheitssystem sowie die Einführung der elektro-nischen Patientenakte sind laut einer von der Stiftung unterstützten Projektstudie mit der Universität Bayreuth positive Aspekte.
Die Stiftung Münch hat in einem Projekt mit der Juniorprofessur Gesundheitsmanagement der Universität Bayreuth die „Obamacare“-Auswirkungen in den USA untersucht und Impulse und Schlussfolgerungen für das deutsche Gesundheitswesen identifiziert:
- Das deutsche Gesundheitswesen sollte mehr Experimente zulassen. Dabei ist darauf zu achten, dass eine zu starke Fragmentierung vermieden wird.
- Die gezielte Steuerung von Patienten zu den für sie geeigneten Behandlungseinheiten birgt große Chancen sowohl für die Behandlungsqualität als auch für die ökonomische Effizienz. Das sollte gezielt angestrebt werden. Dies bestätigt eine zentrale Forderung des Konzepts der Netzwerkmedizin. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Etablierung innovativer, patientenzentrierter Vergütungssysteme.
- Die Einführung der „Electronic Health Records“ (elektronische Gesundheitsakte) in den USA führt zu einer stärkeren Vernetzung von Ärzten und Patienten sowie von Leistungserbringern untereinander. Durch finanzielle Anreize (positiver und negativer Natur) ist die Teilnahme der Leistungserbringer stark angestiegen. Die Patienten profitieren von der elektronischen Dokumentation. Dies bestärkt die Forderung nach Einführung einer elektronischen Patientenakte zur Erhöhung der Behandlungsqualität.
Das US-Gesundheitssystem wird oft aufgrund seiner bestenfalls durchschnittlichen Qualität bei zugleich hohen Kosten kritisiert. Dennoch lohnt sich ein differenzierter Blick. Die aus der starken Fragmentierung des Systems entstehenden Probleme eröffnen viele Ansatzpunkte für Experimente mit neuen Versorgungs- und Vergütungsformen. Zugleich treffen viele der in den USA vorliegenden Probleme auch auf Deutschland zu: Kostendruck, Brüche in der Kontinuität der Versorgung, Qualitätsdefizite, die Gefahr impliziter Rationierung, unzureichende IT-Infrastruktur, um nur einige zu nennen.
Ziel des von der Stiftung Münch geförderten Projekts war es, herauszuarbeiten, inwiefern sich aus den Erfahrungen in den USA Impulse für eine Reform des deutschen Gesundheitswesens ableiten lassen, die sich am Konzept der Netzwerkmedizin orientiert. Hierzu werden zentrale Reformelemente des „Patient Protection and Affordable Care Acts“ skizziert und die ersten vorliegenden Ergebnisse diskutiert.
Die ersten Erkenntnisse lassen sich zu zehn Impulsen verdichten:
◾ Mehr Experimente zulassen,
◾ unternehmerische Freiheit sichern,
◾ Vergütungssystem flexibilisieren,
◾ Qualitätsmessung fördern,
◾ finanzielle Anreize für „Electronic Health Records“ (elektronische Patientenakte) setzen,
◾ Patienten gezielt durch das Versorgungssystem steuern,
◾ regionale Cluster fördern,
◾ konzentrierte Strukturen vermeiden,
◾ Blockade der Selbstverwaltung durchbrechen und
◾ zu starke Fragmentierung verhindern.
Die Studie der Stiftung Münch wurde von der Juniorprofessur Gesundheitsmanagement der Universität Bayreuth unter Leitung von Prof. Andreas Schmid und Sebastian Himmler durchgeführt.