Gesundheitsökonomie

Weiterentwicklung in Richtung evidenzbasierte Krankenhausversorgung ist geboten

29.07.2019 -

Das EbM-Netzwerk hat sich mit einer Stellungnahme zur aktuellen, durch eine Studie der Bertelsmann-Stiftung ausgelösten Debatte um die Krankenhausversorgung positioniert und hofft, dass nunmehr ein sachlicher Diskurs über eine grundlegende Neuordnung des Krankenhaussektors entstehen kann.

Die jetzt vorgelegte Untersuchung des IGES im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zur zukunftsfähigen Krankenhausversorgung löst massiven Widerspruch, aber auch zustimmende Reaktionen aus. Die Forderung, mehr als die Hälfte der Krankenhäuser in Deutschland zu schließen, stößt bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Bundesärztekammer und dem Marburger Bund auf Abwehr. Es wird auf die Bedeutung einer wohnortnahen Gesundheitsinfrastruktur verwiesen und die Zerstörung von sozialer Infrastruktur in abenteuerlichem Ausmaß sowie die Gefährdung der staatlichen Daseinsfürsorge vorausgesagt. Von wissenschaftlicher Seite hingegen wird der Vorschlag der grundlegenden Neuordnung des Krankenhaussektors vielfach als sinnvoll beurteilt.

Der Vorschlag ist keineswegs neu. Eine reduzierte Anzahl der Krankenhäuser und deren Spezialisierung kann zur Stärkung der verbleibenden Zentren führen und der Mangelausstattung und Personalknappheit entgegenwirken. Dies kann vor allem aber auch der Mengenausweitung entgegensteuern, die eben nicht am Patientenwohl, sondern am auskömmlichen Standorterlös und an der Gewinnmaximierung orientiert ist.

Wenn jetzt von wortstarken Gruppen das gute alte, auf niederschwellige Erreichbarkeit ausgerichtete Krankenhaussystem gepriesen wird, darf vor allem nicht vergessen werden, dass Deutschland im europäischen Vergleich eher schlecht dasteht – es werden sehr viele Ressourcen für vergleichsweise schlechte Ergebnisse investiert. Nicht das irgendwie ausgestattete Krankenhaus um die Ecke als Symbol für Heimat sollte die Direktive sein, sondern eine evidenzbasierte – wirksame und kosteneffektive – Gesundheitsversorgung, die von erfahrenen Teams auf dem Stand der Wissenschaft durchgeführt wird.

Der Zusammenhang zwischen hoher Versorgungsqualität und Routine bzw. Erfahrung plus exzellenter Ausstattung ist hinreichend belegt; ebenso wie der Zusammenhang zwischen niedriger Versorgungsqualität und fehlender Routine bzw. fehlender Erfahrung plus unzulänglicher Ausstattung. Dieser Zusammenhang dürfte den Bürgerinnen und Bürgern, Landräten und (Lokal-)Politikern in Deutschland vermittelbar sein. Die Ressourcen – Kapital, Sachmittel und Personal – für Gesundheitsversorgung sind endlich und es ist geboten, sie so kosteneffektiv wie möglich zur Erlangung des höchsten Ausmaßes an Versorgungsqualität und Patientensicherheit einzusetzen. Das DNEbM hat zuletzt im Februar dieses Jahres darauf hingewiesen.

Die IGES Untersuchung hat eigentlich keinen neuen Erkenntniswert, da durch frühere Analysen und Gutachten alle Argumente zur Notwendigkeit, die Krankenhauslandschaft hierzulande massiv umzugestalten, bereits seriös aufbereitet und publiziert wurden. Doch durch die mediale und politische Aufmerksamkeit ist zu hoffen, dass unsachliche und an der Besitzstandswahrung ausgerichtete Argumentation zugunsten der Ratio einer evidenzbasierten Gesundheitsversorgung überwunden werden können.

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