63 € jährlich für mehr Sicherheit: Nadelstichverletzungen – Geänderte TRBA 250 verpflichtet zum Einsatz sicherer Instrumente
29.08.2014 -
63 € jährlich für mehr Sicherheit: Nadelstichverletzungen – Geänderte TRBA 250 verpflichtet zum Einsatz sicherer Instrumente. Im Juli 2006 erschien im Bundesarbeitsblatt eine Änderung und Ergänzung der Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“. Dabei änderte sich der Abschnitt 4.2.4 der TRBA, der sich mit dem Schutz der Beschäftigten vor Nadelstichverletzungen befasst.
Als Nadelstichverletzungen werden Verletzungen durch bereits verwendete spitze und scharfe Gegenstände wie Kanülen oder Lanzetten bezeichnet. Sie sind die häufigste Ursache für Infektionen mit blutübertragbaren Krankheitserregern im Gesundheitswesen.
Angesichts von schätzungsweise 1.400 solcher Unfälle täglich in Deutschland handelt es sich um ein ernstes Problem: Hier rechnen Experten mit rund 400 Hepatitis- B-, 75 Hepatitis-C- und einer HIV-Infektion jährlich in Deutschland.
Dabei lassen sich Nadelstichverletzungen durch den Einsatz sicherer Instrumente verhindern, wie Studien z.B. am Universitätsklinikum Heidelberg belegen. Zwar enthielt bereits die alte Fassung der TRBA 250 eine Soll-Bestimmung zum Einsatz sicherer Instrumente, die Umsetzung war bislang jedoch zurückhaltend.
Darum wurde der Abschnitt 4.2.4 der TRBA neu gefasst.
Neuerungen in der TRBA 250
Sichere Instrumente müssen jetzt eingesetzt werden, wenn Patienten behandelt werden, die nachgewiesenermaßen durch Erreger der Risikogruppe 3 wie Hepatitis-B oder HIV infiziert oder fremdgefährdend sind.
Sichere Instrumente sind auch bei Tätigkeiten im Rettungsdienst, in der Notaufnahme sowie in Gefängniskrankenhäusern Pflicht. Grundsätzlich sollen sichere Instrumente bei allen Tätigkeiten benutzt werden, bei denen Körperflüssigkeiten in infektionsrelevanter Menge übertragen werden können.
Dazu gehören vor allem Blutabnahmen oder sonstige Punktionen zur Entnahme von Körperflüssigkeiten.
Die Anwendung herkömmlicher Arbeitsgeräte ist nur dann zulässig, wenn ein geringes Verletzungs- bzw. Infektionsrisiko vorliegt. Dieses lässt sich im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung ermitteln, an der der Betriebsarzt beteiligt ist.
Maßnahmen, die getroffen werden, um das Verletzungsrisiko zu verringern, sind gesondert zu dokumentieren.
Bei der Auswahl sicherer Instrumente ist darauf zu achten, dass die Beschäftigten ihren Einsatz akzeptieren und mit ihnen umgehen können. Das setzt eine Schulung voraus.
Letztlich hat der Arbeitgeber die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen zu überprüfen.
Was sind sichere Arbeitsmittel?
Sichere Arbeitsmittel zur Verhütung von Stich- und Schnittverletzungen lassen sich ebenso wie die herkömmlichen für alle Anwendungsbereiche einsetzen. Es gibt zwar unterschiedliche Konstruktionen der Sicherheitsmechanismen, doch alle sollen folgende Eigenschaften aufweisen:
Der Mechanismus
• ist Bestandteil des Systems und kompatibel zu anderem Zubehör.
• lässt sich mit einer Hand sofort nach Gebrauch aktivieren.
• schließt einen erneuten Gebrauch aus.
• kennzeichnet die Aktivierung mit einem deutlichen Signal.
Seit 2002 werden viele neue Produkte in Deutschland angeboten. Einen Überblick bietet www.infektionsfrei.de.
Sicherheit für 63 € pro Mitarbeiter und Jahr
Bislang waren die höheren Kosten der sicheren Instrumente oft ein Argument gegen deren Einsatz. Experten rechnen jedoch damit, dass mit steigender Nachfrage auch die Preise fallen werden.
Schließlich ergibt sich aus der überarbeiteten TRBA die Verpflichtung, die sichere Technik in vielen Bereichen anzuwenden.
Die TRBA 250 legt keine Übergangsfrist für die Einführung fest.
Der Länderausschuss für Biologische Arbeitsstoffe erarbeitet zurzeit einen Vorschlag, da die Länderbehörden den Vollzug der Arbeitsschutzmaßnahmen überwachen.
Darin wird den Einrichtungen ausreichend Zeit eingeräumt werden, einen üblichen Vorrat an Instrumenten zu verbrauchen.
Nicht nur rechtliche und ethische Gründe sprechen für die Einführung sicherer Technik.
500.000 Nadelstichverletzungen jährlich verursachen Kosten von rund 30 Mio. € im Gesundheitsdienst.
Zwar übernehmen die Träger der gesetzlichen Unfallversicherungen einen Großteil dieser Kosten, rund ein Drittel entfällt vorwiegend durch Arbeitsausfall aber auf die Einrichtungen.
Eine Komplettausstattung mit sicheren Instrumenten kostet hingegen rund 63 € im Jahr pro Mitarbeiter.
Kontakt:
Jörg Feldmann
Bundesanstalt für Arbeitsschutz
und Arbeitsmedizin (BAuA)
D-Dortmund
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