Die Gestaltung der Nasszelle im Krankenhausbau
05.12.2011 -
Die Gestaltung von Nasszellen im Krankenhausbau steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Weiterentwicklung hygienischer Standards und dem Wandel des Pflegezimmers vom historischen Krankensaal zum heute zeitgemäßen Ein- und Zweibettzimmer.
Als abgeschlossener Individualraum ist das Patientenbad erst Mitte des 20. Jahrhunderts jedem Patientenzimmer direkt beigestellt worden. Zuvor war das WC mit dem Pflegebad gemeinschaftlich für alle Patienten auf dem Flur untergebracht. Der Gebäudebestand der gründerzeitlichen Krankenhäuser prägt dieses alte Bild der Pflege. Mit den großen Klinikneubauten der 1960er und 1970er Jahre konnten neue Konzepte entwickelt und auch im Bereich der Pflege neue Standards gesetzt werden.
Das Büro tönies+schroeter+jansen freie Architekten hat in zahlreichen Projekten während der vergangenen 30 Jahre die Standards im Krankenhausbau auch im Bereich der Patientenhygiene mitentwickelt. Dazu gehören technische, hygienische und räumliche Standards wie Barrierefreiheit und Arbeitsraum für das Pflegepersonal sowie gestalterische und technische Standards wie Fragen zu zukunftsorientiertem Oberflächen- und Objektdesign und die Weiterentwicklung der Baufertigung.
Neben der konventionellen Herstellung von Nassräumen, bei der bis zu zehn unterschiedliche, haustechnische und hochbauliche Gewerke nacheinander und Stück für Stück die Badzelle auf der Baustelle zusammensetzen, ist der Einbau vorgefertigter Sanitärzellen eine häufige und beliebte Bauweise, die terminlich, wirtschaftlich und qualitativ Vorteile birgt. Der äußere Korpus wird hierbei aus Glasfaserkunststoff, Leichtbeton, Betonwerkstein oder Stahlblechen im Werk geformt, technisch installiert und mit Objekten und Oberflächen gebrauchsfertig ausgestattet. Die fertige und mit einer Bautür verschlossene Zelle wird dann bereits während des Rohbaus sukzessive Geschoss für Geschoss eingebaut und dort nur noch an die bauseits vorhandenen technischen Medien angeschlossen.
Die steigenden Ansprüche an die Aufenthaltsqualität der Patientenräume und der Wettbewerb der Krankenhäuser um den Patienten fordern bei der Gestaltung der Wasch- und Sanitärräume zunehmend ein gehobenes, hotelähnliches Design. Die beschriebenen Fertigungswege nutzen auch hier ihre spezifischen Vorteile: Die konventionelle Bauweise wird schrittweise in Roh- und Ausbauplanung mit der Gesamtgebäudeplanung entwickelt und lässt so Bauherren und Fachplaner Raum und Zeit für die erforderlichen Abstimmungsprozesse.
Im Rahmen der baulichen Umsetzung bleibt Gelegenheit, auf Unvorhergesehenes sowie auf Planungs- und Bedarfsänderungen reagieren zu können. Die konventionelle Bauweise kommt insbesondere im Gebäudebestand häufig zum Einsatz. Die vorgefertigte Badzelle, die früher gerne wegen ihrer geringen Kosten gewählt wurde - später auch aus Gründen der Bauabwicklung und Terminkontrolle -, kann gerade auch im gehobenen Designbereich ihre Vorzüge ausspielen.
Die Fertigung aller Gewerke aus einer Hand, in einer temperierten Werkhalle und unabhängig von Wetter und Baubetrieb ermöglicht aber auch eine hohe maßliche Präzision in Technik und Gestalt, einen geschützten Ausbau von hochwertigen Objekten und Materialien sowie eine gleichmäßige und qualitativ hochwertige Produktion in großer Stückzahl.
Die serielle Vorfertigung erleichtert also nicht nur die Aufgaben der Bauüberwachung und verkürzt die Bauzeit, sie verspricht bereits zu einem frühen Zeitpunkt eine hohe Kosten-, Termin- und Qualitätssicherheit sowie eine Gewährleistung aus einer Hand. Vier Beispiele des Büros tönies+schroeter+jansen aus den Jahren 1985, 1995, 2008 und 2013 zeigen unterschiedliche Nasszellen in sowohl konventioneller als auch vorgefertigter Bauweise:
1985: Universitätsklinikums Schleswig-Holstein
Für den Neubau der Zentralklinik des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein Campus Lübeck entwickelte das Büro zu Beginn der 1980er Jahre eine erste Generation von Fertigteilnasszellen in Glasfaserkunststoffbauweise (GFK). Die Sanitärzelle ist auf der Fassadenseite des Patientenzimmers angeordnet und natürlich belichtet und belüftet. Wand- und Deckenflächen sind wie die Bodenfläche aus großflächigen GFK-Elementen hergestellt, die von außen verschraubt und von innen mit einer Dichtung versehen sind.
Das Design der 1980er war pragmatisch: Der Glasfaserkunststoff wurde als fugenarme Oberflächen im Innenraum sichtbar belassen, farbige Akzente wurden nur über Anbauelemente, Haltestangen, Haken und Duschsitz gesetzt. In einem zweiten Bauabschnitt wurde für die Kinderklinik die Ausstattung um einen Wickeltisch und eine Kinderbadewanne ergänzt.
1995: Klinikums Neustadt/Holstein
Zehn Jahre später, also 1995, wurden im Rehabilitationsbereich des Klinikums Neustadt/Holstein die Nasszellen bereits in vorgefertigter Stahl-Bauweise erstellt. Die Wandoberflächen der Stahlzelle sind innen so hoch wie die Tür und farblich zurückhaltend gefliest. Mit dem breiten, in eine steinerne Ablage eingelassenen Waschtisch, den zusätzlichen Ablageflächen und dem großflächigen Spiegel wurde auf eine großzügige Raumgestaltung Wert gelegt.
2008: Klinikum der Johannes-Gutenberg-Universität
Eine Weiterentwicklung gab es 2008 beim Neubau der Konservativen Medizin am Klinikum der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Hier wurden Nasszellen mit selbsttragenden Wandelementen aus Betonwerkstein verwendet. Diese wurden als 31 Millimeter dicke Wandelemente im Sandwich-Verfahren hergestellt, ohne weitere Unterkonstruktion aufgestellt und als Trennwand-, Vorwand- und Installationswandkonstruktion zu den fertigen Nasszellen zusammengefügt. Die fugenlose Oberfläche der Elemente ermöglicht eine leichte Reinigung und wirkt Schmutzablagerungen entgegen.
2011: Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Im Neubau des Hamburg schließlich werden bis 2013 die Nasszellen in herkömmlicher Bauweise nach Einzelgewerken geplant und ausgeführt.
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