Keimfrei, rein und genusstauglich! Bedeutung der Wasserhygiene in Krankenhaus und häuslichem Umfeld
26.08.2014 -
Keimfrei, rein und genusstauglich! Bedeutung der Wasserhygiene in Krankenhaus und häuslichem Umfeld. Anlässlich der Veranstaltung des Hygiene Councils in London (14. Juli 2006) wies Prof. Dr. Martin Exner, Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Universität Bonn und u.a. Vorsitzender der Trinkwasserkommission beim Bundesumweltamt, auf die Vielfalt von Infektionsrisiken im Haushalt hin. Dabei betonte er u.a. die abnehmenden Hygienekenntnisse der Bevölkerung, die Zunahme der Zahl sehr frühzeitig aus den Kliniken entlassener pflegebedürftiger Personen und die Kontamination von Wasser in Hausinstallationen mit bestimmten Krankheitserregern.
Dr. Ernst M. W. Koch, Alsbach, unterhielt sich hierüber mit Prof. Exner.
M & K: Ergeben sich wichtige Zusammenhänge zwischen Krankenhaushygiene und Hygiene im Haushalt?
M. Exner: Hygiene im Haushalt wurde zu einem eigenen Wissenschaftsgebiet, wobei aber in jedem Fall Zusammenhänge zur Hygiene im Krankenhaus gegeben sind.
Die Erfahrungen, die bei der Eindämmung von Krankenhausinfektionen im Zusammenhang mit der Wasserversorgung gemacht wurden, lassen sich in einigen Bereichen auf die Verhältnisse im Haushalt übertragen.
Es ist bekannt, dass der Anteil Wasser-assoziierter Infektionen bzw. Kolonisationen durch Pseudomonas aeruginosa auf Intensivstationen (40 %) – aber auch auf Normal-Stationen – beträchtlich sein kann.
Als Folge treten die besonders durch Pseudomonas aeruginosa gefürchteten Wundinfektionen, Pneumonien und Harnwegsinfektionen auf, die den Klinikaufenthalt drastisch verlängern und zu Todesfällen führen können.
Bei der Pflege immunsupprimierter Patienten im häuslichen Umfeld sind derartige Infektionsübertragungen nicht auszuschließen.
Bei 50 % der dem RKI gemeldeten Legionellen- Infektionen wird als wahrscheinlicher Infektionsort das häusliche Umfeld angegeben.
Eigene Untersuchungen ergaben, dass in jeweils 7 % des Wassers des Hausinstallationssystems zum Teil erhebliche Konzentrationen von Pseudomonas aeruginosa und Legionellen (in drei Fällen sogar mit Konzentrationen über dem Gefahrenwert) nachgewiesen wurden.
Im häuslichen Bereich ergeben sich Risiken durch vorhergehende Expositionen im Krankenhaus oder auf Reisen sowie bei mehrtägiger Nichtbenutzung oder Reparaturarbeiten der Hausinstallation – aber auch nach Unwettern mit Überschwemmungen.
Es ist daher nötig, den hospitalisierten aber weiter pflegebedürftigen Patienten vor seiner Entlassung nach Hause bzw. dessen Angehörige über die wichtigsten Hygienemaßnahmen im Haushalt zu informieren.
Der Patient muss wissen, dass er hygienische Sauberkeit durch Reinigungsmittel und Wasser erreichen kann.
Er soll erkennen, wo wichtige Infektionsreservoire im Haushalt sind und welche wichtige Bedeutung der Händereinigung, der Reinigung von Handkontaktflächen und der Desinfektion bei Verunreinigungen mit Stuhl, Blut, Eiter oder Erbrochenem zukommt und dass unter hygienischen Aspekten für die Reinigung von Geschirr und Wäsche Temperaturen über 60 °C nötig sind.
Die Aufnahme von Wasser erfolgt nicht nur durch Trinken von Leitungswasser, sondern auch durch Eiswürfel, Verdünnung von Säften, Verschlucken beim Baden (in Freizeitgewässern) bzw. beim Waschen von Obst und Gemüse, aber auch durch Einatmen von Aerosolen beim Duschen.
In Deutschland wird im Durchschnitt 1,5 l Trinkwasser pro Tag zu sich genommen, in größerem Umfang auch unabgekocht, oft unter Verwendung von Wassersprudlern zur Herstellung von Sodawasser.
Bei diesen Geräten kann bei unsachgemäßem Umgang das Risiko einer Kontamination mit Darmkeimen oder mit Pseudomonas bestehen, was bei Abwehr-geschwächten Personen zu Infektionen führen kann.
Teilweise werden Reinigungsvorschriften schlecht befolgt, oder die vorgeschriebene Reinigung mit lauwarmem Wasser bedingt Kontamination durch Keime mit der Bildung von Biofilmen, wodurch sie zum Teil über Jahre persistieren können.
M & K: Welche Keime stellen hinsichtlich der Übertragung durch Wasser der Hausinstallation ein besonderes Problem dar?
M. Exner: Wasser-übertragene nosokomiale Krankheitserreger in der Hausinstallation sind Legionellen, Pseudomonas aeruginosa, atypische Mykobakterien, Serratia marcescens, Acinetobacter und Enterobacter spp.
Die „Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch“ trat Anfang 2003 in Kraft.
Sie bezieht sich neben dem Trinkwasser auf Wasser für Körperpflege und zur Reinigung von Gegenständen, das durch Einatmen oder Kontakt zur Übertragung von Krankheitserregern führen kann.
M & K: Welche Forderungen werden laut dieser Verordnung an das Wasser in allen Bereichen gestellt?
M. Exner: Wasser für den menschlichen Gebrauch soll frei von Krankheitserregern, rein und genusstauglich sein.
Hierbei werden unter Krankheitserregern vermehrungsfähige Agenzien (Bakterien, Viren, Protozoen, Parasiten) verstanden.
Krankheitserreger dürfen nicht in Konzentrationen im Wasser enthalten sein, durch die eine Infektionsgefährdung für die Verbraucher resultieren kann.
M & K: Welche Maßnahmen sind entsprechend der Verordnung zur Infektionsprävention vorgesehen?
M. Exner: Entsprechend der Verordnung von 2003 wird den Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen – Pflegeheimen, Altenheimen und Arztpraxen – eine eigenständige Verantwortung für die Qualität des Wassers in ihren Hausinstallationen zugewiesen.
Die Vermeidung von Wasser-bedingten Infektionen umfasst eine sorgfältige Gefährdungsanalyse, die Veranlassung von notwendigen baulichen oder weiteren Maßnahmen, rechtzeitige Informationen an die Behörden (Gesundheitsamt) und die Öffentlichkeit.
Als Präventionsstrategie kommt der Planung und Konstruktion, der Inbetriebnahme und dem Betrieb von Hausinstallationssystemen, der Wasseraufbereitung und der Desinfektion eine entscheidende Bedeutung zu.
So müssen die Hausinstallationen der Wasserversorgung und jene für den Hygienebereich unter hygienischen Aspekten sorgfältig geplant, ausgeführt und kontrolliert werden, so dass die Bildung eines Infektionsreservoirs vermindert wird.
M & K: Wie lassen sich wasserübertragene Infektionen durch Legionellen und Pseudomonaden außerhalb von medizinischen Einrichtungen unter Kontrolle bringen?
M. Exner: Im häuslichen Bereich sind, ähnlich wie in Kliniken, nach Perioden langer Stagnation oder bei Neuinstallation Wasseruntersuchungen durchzuführen, die besonders nach Auftreten von Legionellen- oder Pseudomonadeninfektionen sinnvoll sind.
Die Abklärung von wasserbedingten Infektionen sollte nach Empfehlung des Umweltbundesamtes nur durch Gesundheitsämter in Kooperationen mit Landesoder Hygiene-Instituten an den Universitäten unter Leitung eines Facharztes für Hygiene und Umweltmedizin durchgeführt werden.
Dr. Ernst M. W. Koch, Alsbach