Nadelstichverletzungen. Vorkommen – Vorschriften – Vorsorge
20.08.2010 -
NSV sind das größte Risiko für beruflich bedingte Infektionen im medizinischen Bereich. Die Gefahren einer Stichverletzung liegen bei vorherigem Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten in der möglichen Übertragung von Infektionen vor allem mit Viren, aber auch Bakterien und Pilzen. Die Hauptrisiken von NSV sind die Übertragungen von Hepatitis-B-, -C- sowie von HI-Viren. Kommt es bei den Verletzten zu einer Infektion, können vor allem die langfristigen Folgen fatal sein. Bei einer Hepatitis-B-Infektion kommt es bei etwa 10 % der Infizierten zu einem chronischen Verlauf. Bei einer Infektion mit Hepatitis C verlaufen etwa 85 % der Infektionen chronisch, und bei 20 % von ihnen kommt es zu einer Leberzirrhose. Diese Patienten haben ein hohes Risiko für einen Leberkrebs.
Medizinisches Personal sollte gegen Hepatitis B geimpft sein. Laufende Kontrollen des Impfschutzes sind unerlässlich. Es ist die Aufgabe des Trägers der medizinischen Einrichtung, die notwendigen Informationen und Mittel zum Schutz der Mitarbeiter/-innen bereitzuhalten.
Verletzungssichere -Instrumente - TRBA 250 gilt uneingeschränkt
Laut der „Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250" müssen alle Tätigkeiten, bei denen „Körperflüssigkeiten in infektionsrelevanter Menge übertragen werden können", mit verletzungssicheren Instrumenten durchgeführt werden. Die TRBA 250 gilt uneingeschränkt seit August 2007. Experten fordern jedoch, den Mitarbeiterschutz weiter zu verbessern: In Deutschland muss flächendeckend auf verletzungssichere Instrumente umgestellt werden, Ärzte und Pflegekräfte sollen vermehrt über die Risiken durch NSV aufgeklärt und Infektionen durch NSV vollständig statistisch erfasst werden.
Technische Qualitätsstandards gefordert
Alle sicheren Produkte müssen den Anforderungen der TRBA 250 entsprechen. Die TRBA 250 nennt konkrete Kriterien für „Sichere Instrumente". Außerdem fordern die Experten technische Qualitätsstandards. „Sichere Arbeitsgeräte" verfügen über einen integrierten Sicherheitsmechanismus, der entweder nach der Verwendung automatisch ausgelöst wird oder vom Anwender aktiviert werden muss. Um einen optimalen Schutz vor NSV zu gewährleisten, muss sich der Sicherheitsmechanismus der Instrumente problemlos aktivieren lassen, sie dürfen keine Kratzverletzungen und keine Blutspritzer verursachen. Durch den Einsatz von sicheren Arbeitsgeräten können Stichverletzungen weitgehend vermieden werden.
Schulung an sicheren Arbeitsgeräten
Sichere Arbeitsgeräte unterschiedlicher Hersteller sollten zunächst unter Beteiligung der Mitarbeiter getestet werden, um das geeignete System für die spezifischen Anforderungen in der Klinik zu finden und um die Qualität der Instrumente zu kontrollieren. Anschließend sollten die Mitarbeiter unbedingt in der Anwendung der Arbeitsgeräte ausreichend geschult werden. Notwendig ist zudem eine stärkere Berücksichtigung des Mitarbeiterschutzes und die Verwendung von „Sicheren Instrumenten" bei den Qualitätszertifizierungen (KTQ).
Gefährdungsbeurteilung
Die Biostoffverordnung verlangt vom Arbeitgeber eine Beurteilung der Infektionsgefährdung von Beschäftigten im Rahmen derer Tätigkeiten. Diese Gefährdungsbeurteilung muss dokumentiert werden. Eine Möglichkeit ist die Dokumentation im Rahmen des Hygienehandbuchs bzw. Hygieneplans. Bei der Gefährdungsbeurteilung leisten der Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit Unterstützung.
Welche Ausnahmen der TRBA 250 gibt es?
Unter Berücksichtigung der TRBA 250 sind sichere Arbeitsgeräte einzusetzen. Auf deren Verwendung kann nur verzichtet werden, wenn im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgestellt wird, dass ein Einsatz aus technischen Gründen nicht möglich ist oder das Infektionsrisiko vernachlässigt werden kann. Diese Gefährdungsbeurteilung ist unter Beteiligung des Betriebsarztes zu erstellen, und die Ergebnisse sind gesondert zu dokumentieren.
Hinweise zur -Gefährdungsbeurteilung
Aus technischen Gründen ist ein Einsatz z. B. nicht möglich, wenn sichere Arbeitsgeräte für den vorgesehenen Verwendungszweck noch nicht auf dem Markt erhältlich sind (z. B. Pen-Systeme zur Insulininjektion) oder ihre Verwendung Patienten gefährden würde. Das Infektionsrisiko ist lt. TRBA 250 beispielsweise dann vernachlässigbar, wenn der Infektionsstatus des Patienten bekannt und insbesondere für HIV, HBV und HCV negativ ist.
Derzeit bestehen keine weiteren Möglichkeiten eines vernachlässigbaren Infektionsrisikos für Tätigkeiten mit schneidenden oder stechenden Arbeitsgeräten (z. B. Punktionen, Injektionen, Blutentnahmen). Da beim Aufziehen von Arzneimitteln aber keine Infektionsgefährdung besteht, müssen hierfür keine sicheren Arbeitsgeräte verwendet werden.