Hygiene

UVC-LEDs gegen multiresistente Keime

31.08.2020 -

Neu entwickelte LEDs sollen multiresistente Keime bekämpfen.

Multiresistente Krankenhauskeime töten Schätzungen zufolge jedes Jahr zwischen 10.000 und 20.000 Menschen in Deutschland. Oft sind herkömmliche Medikamente oder Antibiotika bereits wirkungslos. Im Rahmen des Joint Lab GaN Optoelectronics haben Wissenschaftler*innen des Ferdinand-Braun-Instituts, des Leibniz-Instituts für Höchstfrequenztechnik (FBH) und der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) spezielle LEDs entwickelt, die UVC-Licht bei Wellenlängen um 230 Nanometer (nm) emittieren. „Ziel ist es, diese LEDs gegen multiresistente Keime einzusetzen“, so Prof. Dr. Michael Kneissl, Leiter des Fachgebiets Experimentelle Nanophysik & Photonik an der TU Berlin. UVC-Licht zerstört die DNA oder RNA von Keimen wie Bakterien, Viren und anderen Mikroorganismen und macht sie damit unschädlich und das auf eine Art und Weise, die die Ausbildung von Resistenzen verhindert. Das Besondere an den neuen LEDs ist die eingesetzte Wellenlänge, die nicht tief in die menschliche oder tierische Haut eindringt und diese somit nicht oder nur wenig schädigt. Solche LEDs könnten zum Beispiel zur Desinfektion von Hautoberflächen vor Operationen eingesetzt werden, um das Eindringen von Keimen in eine Wunde zu verhindern.

Die desinfizierende Wirkung von UVC-Licht ist der Wissenschaft lange bekannt. In Form von sogenannten Quecksilberdampflampen wird das Licht bereits eingesetzt, um Wasser oder Materialoberflächen zu desinfizieren. Diese Lampen emittieren Licht bei Wellenlängen um 254 nm. Das Problem: Diese Strahlung muss sehr dosiert und vorsichtig eingesetzt werden und darf keine menschlichen oder tierischen Zellen treffen, um diese nicht zu zerstören. UVC-Licht ist Bestandteil des Sonnenlichtes, erreicht aber unter normalen Umständen nicht die Erde, da es in der Atmosphäre absorbiert wird. Als Folge davon verfügt kein Lebewesen auf der Erde über einen Schutzmechanismus gegen dieses Licht. „Es gibt inzwischen aber eine Reihe von Vorstudien, die dokumentieren, dass das kurzwelligere UVC-Licht der Wellenlänge um 230 nm aufgrund der hohen Absorption der äußeren Hautschichten wenig oder gar nicht in die lebenden Schichten der menschlichen Haut eindringt und damit dort auch keine Schäden an der DNA anrichtet“, erläutert Michael Kneissl.

Nur zwei Gruppen weltweit können diese LEDs herstellen

Die Herausforderung des Projektes liegt vor allem in der Herstellung dieser speziellen LEDs. „Die Lichtquelle besteht aus dem Halbleitermaterial Aluminium-Galliumnitrid (AlGaN). Dabei handelt es sich um einen Verbindungshalbleiter mit einer sehr großen Bandlücke. Um die Vorstufe eines LED-Chips herzustellen, müssen Wafer produziert werden – also viele Tausende hauchdünne Schichten dieses Materials übereinander, die mit Hilfe der metallorganischen Gasphasenepitaxie (MOPVE) abgeschieden werden. Das Besondere dabei: Die Herstellung von LED-Wafern aus diesem Material, die in dem speziellen Wellenlängenbereich emittieren, ist ein komplexer Prozess, der weltweit überhaupt nur von meiner Arbeitsgruppe an der TU Berlin und einer anderen Gruppe beherrscht wird. Die Wafer werden im Reinraum des FBH dann zu Chips prozessiert und in Kooperation mit dem CiS Forschungsinstitut für Mikrosensorik in Gehäuse montiert. 118 dieser LEDs werden auf eine Platine montiert, welche den Kern des UV-Strahlers bilden. Die erste Generation des UV-Strahlers erreicht dann am Ende eine maximale Strahlungsleistung von 0,2 mW/cm2 auf einer Hautoberfläche von rund sechs mal sechs Quadratzentimetern“, erläutert Michael Kneissl die Herausforderung der neuartigen LEDs. Mittelfristiges Ziel ist es, die Lichtleistung der UVC-LEDs weiter zu erhöhen und noch kürzere Wellenlängen zu erreichen. Dazu wird gerade an der TU Berlin eine neue, vom BMBF finanzierte, MOVPE-Anlage für Hochtemperaturepitaxie aufgebaut.

Erste Prototypen werden für medizinische Tests eingesetzt

In dem VIMRE-Projekt (Verhinderung der Infektion mit multiresistenten Erregern über in-vivo UVC-Bestrahlung) sind auch die Klinik für Dermatologie der Charité́ – Universitätsmedizin Berlin sowie das Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Greifswald beteiligt. Die beiden medizinischen Partner testen die LEDs aktuell unter anderem an Gewebeproben und Hautmodellen in Bezug auf die notwendige Dosis und die Unschädlichkeit für die tieferen Hautschichten.

„Für die Zukunft lassen sich viele weitere Einsatzmöglichkeiten dieser speziellen LEDs denken“, so Michael Kneissl. „Sie sind besonders klein und können daher auch an schwer zugänglichen Stellen und auch endoskopisch zum Beispiel im Rachen oder in der Nase eingesetzt werden. Auch ein Einsatz gegen Coronaviren wäre langfristig denkbar, da die DNA beziehungsweise RNA von Viren ebenfalls durch UVC-Licht zerstört wird.“

Das VIMRE-Projekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Konsortiums „Advanced UV for Life“ gefördert.

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