Wie können Chefs gute Hygiene vorleben?
Alle haben es in der Hand – Hygiene als Teamarbeit
„Action speaks louder than words" - mit diesem Leitmotto umschreibt Prof. Dr. Markus Dettenkofer den Grundgedanken einer effektiven Strategie zur Verbesserung der Situation in der Krankenhaushygiene. Chefs als Vorbilder seien nur glaubwürdig, wenn der Kant'sche Imperativ Anwendung fände: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde." „Viel Substanz im Kant'schen Sinne, wenig Show!", skizziert Dettenkofer die Grundidee. Hygiene sei Teamarbeit, genauso wie Medizin Teamarbeit sei. „Als Chef ist man immer auch abhängig von anderen, vom Team und nicht nur der große Chef, der allein alles schon richten wird", so Dettenkofer. Prämisse für Effizienz sei ein Zusammenwirken von Krankenhausteams, Hygienebeauftragten, Ärzten und Hygienelabors.
Das wichtigste Erregerreservoir sowohl von empfindlichen Staphyloccocus-aureus-Stämmen als auch von MRSA sei der Nasen-Rachen-Raum, erklärt er. Hauptübertragungsweg sei der Handkontakt bzw. durch nicht gewechselte Handschuhe. Als Prävention käme der Händehygiene bei Patientenkontakt als Standardhygienemaßnahme eine herausragende Bedeutung zu. Hierbei sei es unerheblich, ob Risikoerreger aktuell bekannt seien oder nicht. Händehygiene zur Prävention nosokomialer Infektionen müsse als Grundvoraussetzung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestellt werden. Jedoch dürfe es nicht die Alternative sein, „Behandlungs- und Pflegeroboter" zu entwickeln, die keine „Händedesinfektion" mehr „vergessen". „Die immer besser aufgeklärten und kritischer werdenden Patienten jedenfalls", so Dettenkofer, „werden es nicht mehr lange akzeptieren, dass sie in Kliniken vermeidbaren Risiken und hier besonders Übertragungen von Risikoerregern ausgesetzt werden."
„Weiterhin können sie", postuliert Dettenkofer, „von einem exzellenten, aber auch teueren Gesundheitssystem einwandfrei sterilisierte Instrumente im Operationssaal erwarten, genauso wie keine Keimübertragung durch das Personal an Händen beziehungsweise an den Handschuhen." Die aktuelle Rechtsprechung habe hier eine Beweislastumkehr festgelegt, wenn „voll beherrschbare Risiken" bei medizinischen Maßnahmen nicht durch adäquate organisatorische Vorkehrungen minimiert würden. Zu diesen gehörten sowohl die konsequente Infektionsprävention als auch die wirksame Kontrolle von Multiresistenzen, so Dettenkofer.
„Chefs sollten nicht in ihren Klubs sitzen, sie sollten sich zu Kampagnen bewegen, sie sollten sich auch ausbilden lassen und Vorbilder sein!", fordert Dettenkofer und verweist auf die seit 2004 erfolgreich durchgeführten 64 Kurzfortbildungen an seinem Universitätsklinikum Freiburg, „gekrönt" von der
Teilnahme an der „Aktion saubere Hände".
„Grenzen hinterfragen und forschen!", so Dettenkofer, „das ist unser Anspruch in der Universität - nicht nur Altes replizieren, sondern Neues ausprobieren." Das müsse nicht immer nur die große kontrollierte Studie sein, sondern könne auch bedeuten, in die Praxis zu gehen und Mitarbeiterbefragungen durchzuführen: „Wo klemmt's? Wo müssen wir ansetzen?" Er verweist auf diverse Studien zu dem Thema. So konnte gezeigt werden, dass die Adhärenz zur Händehygiene bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen, die eine intensive Schulung zur Händehygiene durchlaufen hatten, vor allem auf Gruppendruck und hoher Selbstwirksamkeit basierte - das Argument der Patientensicherheit rangierte auf nachrangigem Platz. „Determinants of good adherence to hand hygiene among healthcare workers who have extensive exposure to hand hygiene campaigns."
„Motivation, ganz modern wie im Stile Obamas ‚Yes, we can!‘, darf nicht fehlen!", ergänzt Dettenkofer. Und genau wie in der Politik, bleibt er im Vergleich, seien Grenzen des Systems zu erkennen und ein langer Atem für die mittelfristige Realisierbarkeit erforderlich, da die Ziele nicht gleich heute zu erreichen seien.
Das Motto lautet: „Alle haben es in der Hand!" Ergänzend resümiert Dettenkofer: „Jedoch, wenn die Händehygiene funktioniert, sind wir lange noch nicht fertig. Aber wir haben den richtigen Schritt getan, da die Hände des medizinischen Personals der wichtigste Übertragungsweg für Keime im Krankenhaus sind."