IT & Kommunikation

Strategische KIS-Auswahl und Implementierung

10.06.2012 -

Strategische KIS-Auswahl und Implementierung. Moderne Krankenhaus-Informationssysteme (KIS) und Informationstechnologie (IT) werden für Krankenhäuser zunehmend zum strategischen Erfolgsfaktor und müssen heutzutage wesentlich mehr bieten als eine reine Dokumentationsfunktion medizinischer, pflegerischer und administrativer Daten. Ohne eine funktionierende IT-Unterstützung ist eine vollständige und zeitnahe Bereitstellung medizinischer sowie betriebswirtschaftlicher Informationen und damit die Sicherstellung eines effizienten Krankenhausbetriebes nicht mehr möglich.

Die Software-Systeme für Krankenhäuser werden immer komplexer und umfangreicher, eine Vergleichbarkeit der einzelnen Produkte somit zunehmend aufwändiger. Firmenübernahmen, Kooperationen und Fusionen seitens der Anbieter machen den Markt darüber hinaus zunehmend undurchsichtiger. Statistisch betrachtet kommt es in einem Krankenhaus ca. alle acht Jahre zu einer grundsätzlichen Neuorientierung hinsichtlich der eingesetzten Systeme und damit verbunden zu einer Systemauswahl. Es erscheint für Krankenhäuser nahezu unmöglich, im Hinblick auf alle relevanten Parameter ständig auf einem aktuellen Wissensstand zu bleiben und darüber hinaus den Prozess der Systemauswahl optimal und kostengünstig zu steuern. Im Zeitalter der intersektoralen Kooperation und der Nutzung gesundheitstelematischer Funktionalitäten entscheidet im Wesentlichen die gute Unterstützung von medizinischen Arbeitsabläufen („Workflow“) über die Eignung eines Systems für das Unternehmen Krankenhaus. Die reine Zusammenschaltung einzelner Leistungen für Fachabteilungen ist in diesem Sinne nicht zielführend. Vielmehr muss ein an den Unternehmenszielen des Krankenhauses orientiertes, flexibel ausbaufähiges System ausgewählt, beschafft, implementiert und betrieben werden. Dementsprechend ergeben sich für ein solches strategisches KIS– Projekt die Phasen:

  • Pflichtenheft und Systemauswahl,
  • fachliche Vertragsverhandlung und -gestaltung,
  • Implementierung und Pilotbetrieb,
  • Echtbetrieb.

Die medizinischen Fachabteilungen, die medizin-technischen Funktionsbereiche und die administrativen Bereiche des Krankenhauses sollten frühzeitig in die Konzeption eingebunden werden. Dazu können z.B. JJ J J im Vorfeld Interviews oder Workshops in den betreffenden Abteilungen durchgeführt werden.

Anforderungsanalyse und Systemauswahl

Der erste Schritt ist die Definition der spezifischen Anforderungen an das neue KIS gemeinsam mit der Geschäftsleitung und der Projektgruppe des Krankenhauses. Dabei ist es sinnvoll, vorhandene und bereits erprobte Anforderungskataloge oder Pflichtenhefte zu verwenden und diese nach Bedarf anzupassen. Es ist darauf zu achten, dass sich diese Dokumente zum strukturierten Vergleich der Anbieter im Sinne einer Nutzwertanalyse eignen. Erfahrene Beratungsunternehmen verfügen über aktuelle und erprobte Anforderungskataloge zur bedarfsgerechten Unterstützung der Angebotseinholung und Auswertewerkzeuge zur professionellen Unterstützung des Auswahlverfahrens. Nach Fertigstellung der Spezifikation und der Pflichtenhefte/Anforderungskataloge wird entweder eine öffentliche Ausschreibung oder eine strukturierte Preisanfrage an in Frage kommende Anbieter durchgeführt. Für Krankenhäuser in privater oder frei-gemeinnütziger Trägerschaft empfiehlt sich dabei i.d.R. das freie Verhandlungsverfahren, während Häuser der öffentlichen Trägerschaft (Kommune, Kreis, Land, Bund u.a.) häufig formal stärker strukturierte Vergabeverfahren nach den öffentlichen Vergabeverordnungen (VOL, VGV) durchführen. Damit können auf der Grundlage der definierten Mengengerüste, der Nutzeranforderungen und den projektbedingten Spezifikationen von den ausgewählten Anbietern Preisinformationen bzw. Angebote strukturiert angefordert werden.

Die Antworten der Anbieter werden mit geeigneten Werkzeugen ausgewertet. Neben einem reinen Vergleich von Funktionalität und Kosten kann auch eine aufwändigere Nutzwertanalyse der Funktionen durchgeführt werden. Die Struktur des zu bewertenden Kriterienkataloges wird eng an die Systematik einer funktionalen Leistungsbeschreibung (Pflichtenheft) angelehnt bzw. kann durch diese bereits vorgegeben sein. Die Beurteilungskriterien für das KIS werden anhand dieser Systematik z.B. durch Zusammenfassen einzelner Kriterien zu Kriterien(haupt)gruppen, diese wiederum in Einzelkriterien unterteilt. Zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der Angebote können z.B. die aus den beantworteten Anforderungskatalogen ermittelten und gewichteten Kriterien/Leistungspunkte ins Verhältnis zum Angebotspreis gesetzt werden, um einen Nutzwert wie folgt zu ermitteln: N (Nutzwert) = Leistungspunkte* Angebotspreis *(Summe der gewichteten Wertepunkte) Das Angebot mit dem höchsten Nutzwert wird in der Regel als das wirtschaftlichste betrachtet. Unter Einbeziehung der Betrachtung der Folgekosten und der Angaben des Bieters zu Vertragskonditionen erfolgt die Entscheidung oder, je nach Ausschreibungsform, Gespräche/Verhandlungen mit einigen wenigen Anbietern.

Fachliche Vertragsgestaltung – Verhandlung

Mit mindestes zwei in Frage kommenden Anbietern werden Bietergespräche geführt. Dabei ist es empfehlenswert, spezielle, juristisch geprüfte KIS-Masterverträge als Grundlage der Verhandlung zu verwenden und diese im Sinne einer fachlichen Vertragsgestaltung an das Vorhaben anzupassen. Die alleinige Verwendung von Standard EVB-IToder BVB-Verträgen ist aus Gründen der Komplexität von KIS-Projekten nicht durchgängig zu empfehlen. Die vertrieblichen Zusagen sowie die Angebote, Spezifikationen (ggf. Produktinformationen) und Projektstrukturpläne sollten zum Bestandteil der Vertragswerke gemacht werden. Eine optimale Verhandlungsposition wird erreicht, wenn zum Abschluss der Verhandlungsphase mindestens zwei Vertragswerke inklusive aller Anlagen zur Unterschrift bereitliegen und dann das Entscheidungsgremium des Krankenhauses eine endgültige Entscheidung trifft.

Dieses Vorgehen ist auch sehr hilfreich, wenn innerhalb der Trägerschaft mit mehreren Einrichtungen verschiedene Systeme/Anbieter konkurrieren. Im Falle des strukturierten Verfahrens nach VOL erfolgt i.d.R. eine Vergabe an den Anbieter mit dem sog. „wirtschaftlichsten“ (bestes Kosten- Nutzen-Verhältnis gemäß den vorher veröffentlichten Ausschreibungs-/ Vergabekriterien) Angebot. Für den Fall, dass dieser Anbieter die vertraglichen Bedingungen nicht akzeptiert, erfolgt die Vergabe an den zweitplatzierten Anbieter, insofern sich dieser bereit erklärt, auf die vertraglichen Bedingungen einzugehen.

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