Alzheimer-Demenz: Früherkennung mittels Positronen-Emissions-Tomografie
10.10.2011 -
Zur Früherkennung der Alzheimer-Demenz ist Leipziger Wissenschaftlern ein wichtiger Schritt gelungen. Gemeinsam mit Forschern in den USA, Australien und der Schweiz haben sie in einer Multicenter-Studie erfolgreich ein Mittel getestet, das es ermöglicht, die Krankheit noch vor dem Ausbruch zu diagnostizieren.
Mit der schwach radioaktiven Marker-Substanz Florbetaben, die in den Arm gespritzt wird und sich dann im Gehirn anreichert, kann das Eiweiß Beta-Amyloid mittels eines Positronen-Emissions-Tomografen (PET) nachgewiesen werden. Beta-Amyloid gilt als Auslöser der Alzheimer-Demenz.
„Die Erkenntnisse der Studie bedeuten eine gravierende Verbesserung bei der Alzheimer-Diagnostik", sagt Prof. Dr. Osama Sabri, Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Leipzig und Leiter der klinischen Prüfung. Die Leipziger Universitätsmedizin war bei dieser von der Bayer Schering Pharma in Auftrag gegebenen Studie das führende Zentrum, das an der Planung der Untersuchung beteiligt war und deren Durchführung mit betreut hat. „Es macht uns sehr stolz, dass nicht München, Berlin, Stanford oder Yale diese Studie bekommen haben, sondern wir. Das ist auch für die Medizinische Fakultät ein riesiger Erfolg", so der Mediziner, der die Leitung der gesamten Studie innehatte und bei der Veröffentlichung als Seniorautor fungierte.
Zehn bis 15 Jahre bevor die Alzheimer-Erkrankung ausbricht, lagert sich Beta-Amyloid im Hirn an und lässt sich zu diesem Zeitpunkt bereits nachweisen. Das Eiweiß, so die Annahme der Mediziner, ist giftig für die Nervenzellen im Gehirn und führt dazu, dass diese absterben. Mit dem neuen sogenannten PET-Tracer könnte die Krankheit in Zukunft bereits diagnostiziert werden, bevor Symptome auftreten. „Das wäre eine wirkliche Revolution in der Alzheimer-Diagnostik", sagt PD Dr. Henryk Barthel von der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin an der Universität Leipzig.
Bisher wird Alzheimer-Demenz mit klinischen Tests, beispielsweise zur Leistung des Gedächtnisses, diagnostiziert. Diese können jedoch nur bedingt Auskunft über eine tatsächliche Erkrankung geben. „In 20 bis 30 % der Fälle ist die Diagnose falsch, etwa weil eine andere Art der Demenz vorliegt", so Barthel. Die derzeit sicherste Methode, Alzheimer festzustellen, ist eine mikroskopische Untersuchung des Hirns nach dem Tod des Patienten.
Das rechtzeitige Erkennen würde eine frühe Behandlung ermöglichen. „Die Krankheit ist im Moment nicht heilbar. Lediglich das Fortschreiten der Erkrankung kann mit Medikamenten bei einem Teil der Patienten verlangsamt werden", erklärt Barthel. Es werde jedoch intensiv an neuen Heilungskonzepten geforscht, die sich beispielsweise darauf stützen, das Beta-Amyloid aus dem Gehirn zu entfernen.
Die aktuelle Studie der Leipziger Wissenschaftler ist die größte und die weltweit erste Multicenter-Studie zum Nachweis von Beta-Amyloid im Gehirn mithilfe der PET-Bildgebung. Insgesamt wurden 150 Menschen, 89 Alzheimer-Patienten und 69 Gesunde, untersucht. Dabei konnten die Wissenschaftler eine sehr hohe Genauigkeit bei der Unterscheidung zwischen gesunden Personen und Alzheimer-Patienten erzielen. „Diese hohe Genauigkeit ist eines der Hauptergebnisse der Studie und die Voraussetzung dafür, dass die Methode in Zukunft auch in der klinischen Routine eingesetzt werden kann", sagt Dr. Barthel.
Bei der Untersuchung wurde den Studienteilnehmern eine schwach radioaktive Substanz in die Armvene gespritzt. Die Strahlung, welcher der Patient dadurch ausgesetzt wird, entspricht in etwa dem Doppelten der natürlichen Strahlenmenge, die ein Mensch im Laufe eines Jahres aufnimmt. Sie ist damit als nicht gesundheitlich bedenklich einzuschätzen. Die Testsubstanz reichert sich nach kurzer Zeit am Beta-Amyloid im Gehirn an, was mittels einer Kamera im Positronen-Emissions-Tomografen gemessen werden kann.
Dabei entsteht ein dreidimensionaler Datensatz, der zusammen mit Daten aus einer Magnetresonanztomografie (MRT) eine genaue Lokalisation des Beta-Amyloids in der grauen Hirnmasse ermöglicht.