Automatisierte Immunchemie: Labordiagnostik der Anämie
13.11.2011 -
Automatisierte Immunchemie: Labordiagnostik der Anämie. Eisenmangel ist weltweit die Hauptursache für Anämien (Eisenmangelanämie, IDA) und macht 50 % aller Anämiefälle aus. Die Anämie chronischer Erkrankungen (ACD) ist die zweithäufigste Form der Anämie und wird auch als „Anämie chronischer Entzündungen“ bezeichnet. ACD tritt häufig bei Infektionen, Krebserkrankungen, Autoimmunkrankheiten und chronischen Nierenerkrankungen auf. Die Diagnose eines Eisenmangels als Ursache einer IDA beruht auf der Bestimmung des Eisenstatus des Körpers und hämatologischer Parameter.
Nach der Absorption im Darm bindet das Eisen im Blut für den Transport an das Transferrin. Die Eisenverwertung erfolgt hauptsächlich im Knochenmark. Dort wird das Eisen über Transferrinrezeptoren (TfR) auf den Erythrozytenvorläufern aufgenommen und in das Hämoglobin roter Blutzellen eingebaut. TfR ist ein Homodimer, bestehend aus zwei identischen Untereinheiten von je 95 kDa. Die TfR-Menge im Gewebe ist abhängig von der Zellproliferation, der Zelldifferenzierung und dem Eisenbedarf der Zellen.
Der TfR wird knapp über der Zellmembran proteolytisch abgespalten und zirkuliert dann als löslicher Transferrinrezeptor (sTfR) im Blut. Die Konzentration des zirkulierenden sTfR ist proportional zur Gesamtmenge des zellulären TfR und damit auch zur Menge der erythroiden Vorläuferzellen. Bei klinisch manifestem Eisenmangel ist der zirkulierende sTfR erhöht, da die Zellen bei einem Mangel miteinander konkurrieren müssen, um ihren Eisenbedarf zu decken.
Diagnostische Differenzierung
Meist ist eine Eisenmangelanämie (IDA) relativ leicht zu diagnostizieren und zu behandeln. Allerdings kann die Diagnose bei einigen Patienten, die typische Begleiterkrankungen aufweisen, erschwert sein. Zurzeit ist Serumferritin der Standardlabortest zur Diagnose von Eisenmangel. Da Ferritin jedoch ein Akute-Phase-Reaktant ist, kann die Diagnose von Eisenmangel bei hospitalisierten oder erkrankten Personen erschwert sein, da bei diesen auch bei Eisenmangel normale Ferritinwerte vorliegen können. Bei der Anämie chronischer Erkrankungen (ACD, auch Entzündungsanämie), resultiert die Anämie (mit normaler Eisenspeicherung) vorwiegend aus der Beschlagnahme von Eisen durch retikuloendotheliale Zellen. Zytokine und die retikuloendothelialen Zellen verursachen Anämien durch Veränderung der Entwicklung der erythroiden Vorläuferzellen, durch die Produktion von Erythropoietin und durch Veränderung der Lebensdauer von roten Blutkörperchen.
Bei Patienten mit chronischen Erkrankungen werden aufgrund der geringen Sensitivität des Ferritins für die Erkennung von Eisenmangel weitere diagnostische Tests benötigt. Diese helfen den Eisenmangel von anderen Anämieursachen zu unterscheiden. sTfR steigt immer dann an, wenn wenig Eisen für die Erythropoese verfügbar ist. Im Gegensatz zu Ferritin werden die sTfRWerte nicht durch Entzündungen beeinflusst. Sie unterscheiden sich bei ACD, wenn kein Eisenmangel vorliegt, nicht signifikant von normalen Konzentrationen.
Die Diagnose einer ACD schließt die Ermittlung des Eisengesamtstatus des Körpers ein, um eine IDA auszuschließen. Liegen IDA und ACD in Kombination vor, sind die Ferritinspiegel jedoch meist höher als der untere Grenzwert des Referenzbereiches, was das Vorhandensein der IDA verschleiert.
Einsatz des sTfR/log- Ferritin-Indexes
Zusätzlich zur Messung von sTfR unterstützen Studien auch den Einsatz des sTfR/log-Ferritin-Index (sTfR Index), um bei Patienten mit chronischen Erkrankungen oder bei älteren Patienten die Spezifität der Untersuchung auf Anämie zu erhöhen. Außerdem stellt der sTfR/log- Ferritin-Index einen sensitiveren Parameter zur Identifizierung von Frauen mit subklinischem Eisenmangel dar, da bei diesen oft sowohl sTfR als auch Ferritinwert nicht eindeutig sind.
Auf den Access 2 und UniCel DxI Systemen von Beckman Coulter kann neben Folsäure, B12, Intrinsic Factor Ab und Ferritin nun auch sTfR gemessen sowie der abgeleitete sTfR/log-Ferritin-Index berechnet werden. Zur Testung der Effektivität des Access sTfR und des sTfR/log- Ferritin-Index bei der Unterscheidung von ACD, IDA und IDA mit ACD, wurde eine prospektive klinische Multicenterstudie durchgeführt. Die Laboruntersuchungen der Probanden umfasste ein komplettes Blutbild, Eisenstatus, Serumferritin, Tests auf Entzündungen und Infektionen sowie die zytometrische Klassifikation. Der Nachweis der Anämie erfolgte mittels Zählung roter Blutkörperchen, Hb-Messung und Hämatokritmessung. Bei allen Untersuchten lag ein niedriger Hb-Wert mit IDA, mit ACD oder einer Kombination von IDA mit ACD vor. Insgesamt waren 145 Patienten eingeschlossen (ACD: 57, IDA: 27, ACD mit IDA: 61). Die Studie zeigte, dass Personen mit IDA oder ACD mit IDA signifikant höhere Werte für sTfR und sTfR/log- Ferritin-Index aufwiesen als Personen mit ACD (p < 0,0001).
Um die Leistung von sTfR und sTfR-Index zu vergleichen, wurde eine ROC-Kurven-Analyse durchgeführt. Die Sensitivität wurde definiert als der korrekt identifizierte Prozentanteil der Patienten mit IDA oder IDA + ACD. Die Spezifität als der Prozentanteil der korrekt identifizierten Patienten mit ACD (ohne begleitende IDA).
Die Fläche unter der Kurve (AUC) des sTfR-Indexes ist signifikant größer als die des sTfR, was statistisch die Überlegenheit des sTfR-Index belegt: sTfR AUC = 0,74 (95 % CI: 0,66 – 0.83), p < 0,0001 sTfR-Index AUC = 0,87 (95 % CI: 0,81 – 0.93), p < 0,0001
Fazit
Der sTfR/log-Ferritin-Index nutzt den Zusammenhang zwischen sTfR und Ferritin um eine zuverlässige, nichtinvasive Methode zur Diagnose der Erschöpfung der Eisenvorräte bereit zu stellen, die durch Entzündungesprozesse deutlich weniger gestört wird als das Ferritin alleine. Mit der Einführung des Access sTfR Assays sind erstmals die für diese Fragestellung relevanten Anämietests konsolidiert auf einem automatisierten Immunoassay-System messbar.