Labor & Diagnostik

Die Versorgungskette bei der Akutversorgung des Schlaganfalls

23.11.2011 -

Bei ersten Symptomen eines Schlaganfalls muss der Patient so schnell wie möglich in eine spezialisierte Klinik gebracht werden. Hier wird zuerst mit einer CT- oder MRT-Bildgebung eine intrakranielle Blutung als Ursache für den Schlaganfall ausgeschlossen. Erst dann kann die richtige Therapie geplant und eingeleitet werden.

Eine akut auftretende Schlaganfallsymptomatik ist in etwa vier von fünf Fällen durch eine Ischämie eines Hirnareals bedingt, in einem von fünf Fällen liegt eine intrakranielle Blutung vor. Bei Ischämien besteht bei rascher Vorstellung des Patienten nach Auftreten der Symptomatik mit der Lyse eine therapeutische Option, die bei einem Teil der Patienten zu einer Besserung oder sogar zu einer vollständigen Rückbildung der Symptome führen kann.

Aktuell werden zudem interventionelle Therapieverfahren zur Rekanalisierung in ausgewählten Zentren mit neuroradiologischen Schwerpunkten mit dem Ziel einer Verhinderung einer Ischämie bei Verschlüssen großer hirnversorgender Gefäße erprobt. Für den Einsatz dieser Verfahren ist es unablässig, den Patienten möglichst schnell nach Auftreten der neurologischen Ausfallsymptomatik in einer auf die Schlaganfallversorgung spezialisierten Klinik vorzustellen, die über eine sogenannte Stroke Unit verfügt.

Das Zeitfenster, für das die Lysetherapie zugelassen ist, beträgt drei Stunden nach Auftreten der Symptome; neue große Studien belegen einen Nutzen dieser Therapie bis zu 4,5 Stunden nach Auftreten der Symptomatik. Allerdings zeigt die Studienlage auch klar, dass der Nutzen der Lysetherapie am größten im Zeitraum unmittelbar nach Auftreten der Ausfälle ist und mit zunehmender Dauer des therapeutischen Zeitfensters geringer wird.

Hieraus ergibt sich, dass die obersten Prioritäten für die Versorgungskette beim akuten Schlaganfall in einer Stabilisierung des Patienten für den Transport und einer möglichst raschen Vorstellung des Patienten in einem spezialisierten Zentrum liegen. Weiterhin ist es für die möglichst rasche Einleitung der Lysetherapie bei geeigneten Patienten im aufnehmenden Krankenhaus hilfreich, wenn bereits in der Prähospitalphase möglichst viele relevante Informationen gesammelt werden. Hierdurch kann die Zeit vom Eintreffen des Patienten im Krankenhaus bis zum Beginn der Lysetherapie, die sogenannte door-to-needle-time, möglichst gering gehalten werden.

Im Einzelnen umfasst die Versorgungskette bei akutem Schlaganfall die folgenden Punkte:

  • Sofort bei Auftreten von neurologischen Ausfällen, die auf einen akuten Schlaganfall hindeuten, sollte durch den Patienten oder Angehörige die Rettungsleitstelle informiert werden. Die typischen Anzeichen eines Schlaganfalls und die Notwendigkeit der sofortigen Alarmierung der Rettungsstelle sollten in der Bevölkerung bekannt gemacht werden; Informationskampagnen in den vergangenen Jahren und entsprechende Berichterstattung haben hierbei viel verbessert.
  • Das Personal der Rettungsleitstelle, die den Anruf entgegennimmt, muss hinsichtlich typischer Symptome, die auf einen akuten Schlaganfall hinweisen, geschult sein. Bei Verdacht auf akuten Schlaganfall ist sofort ein Rettungswagen zum Patienten zu schicken; bei Bewusstseinstrübung des Patienten in jedem Fall mit Notarztbegleitung. Ansonsten entscheidet der Rettungsdienst vor Ort, ob für den Transport in ein geeignetes Krankenhaus ein Notarzt erforderlich ist. Hierbei sind die Notwendigkeiten eines raschen Transportes und einer Stabilisierung des Patienten bis zur Vorstellung in der aufnehmenden Klinik gegeneinander abzuwägen.
  • Entscheidend für die weitere Versorgung sind neben ersten notfallmedizinischen Maßnahmen und der akuten Stabilisierung des Patienten für den Transport die Dokumentation des exakten Zeitpunktes des Auftretens der Symptome und die
  • Erfassung von möglichen Kontraindikationen gegen eine Lysetherapie wie Tumorerkrankungen, eine Therapie mit Antikoagulantien oder stattgehabte Gehirnblutungen. Die genaue Dokumentation dieser Informationen durch den Rettungsdienst bzw. den Notarzt, für die auch die Transportzeit in die Klinik genutzt werden kann, trägt wesentlich zur Verkürzung der door-to-needle-time im aufnehmenden Krankenhaus bei. Auch die telefonische Weitergabe dieser Informationen während des Transportes an das aufnehmende Krankenhaus ist hilfreich.
  • Zu den wesentlichen notfallmedizinischen Maßnahmen vor Ort und während des Transports gehören die Senkung exorbitant erhöhter Blutdruckwerte oder die Behandlung erhöhter oder erniedrigter Glukosewerte im Blut. Da es nicht möglich ist, klinisch vor Ort zu entscheiden, ob ein ischämischer Schlaganfall oder eine intrakranielle Blutung vorliegt, kann eine antithrombotische Therapie - zum Beispiel durch Heparingabe oder Gabe von Acetylsalicylsäure - in der Prähospitalphase nicht erfolgen. Spezifische Maßnahmen zur Therapie der Ischämieursache können damit erst nach Ausschluss einer intrakraniellen Blutung mittels CT- oder MRT-Bildgebung erfolgen. Dieser Aspekt unterstreicht, wie notwendig eine schnelle Vorstellung des Patienten in der aufnehmenden Klinik ist.
  • Im aufnehmenden Krankenhaus ist zunächst die rasche Durchführung der radiologischen Diagnostik für die Planung und Einleitung der richtigen Therapie entscheidend. Das heißt, bei Vorstellung im aufnehmenden Krankenhaus erfolgt sofort der Transport in die Computertomografie oder die Kernspintomografie. Erst nach Ausschluss einer intrakraniellen Blutung kann eine Lysetherapie erfolgen, daher hat in diesem Fall die radiologische Diagnostik der stationären Aufnahme voranzugehen.
  • Im Anschluss an die kraniale Bildgebung muss zeitnah entschieden werden, ob eine Lyse und ggf. weitere interventionelle Maßnahmen zur Rekanalisierung eingeleitet werden. Das heißt: Der aufnehmende Arzt muss nach Information über den Befund der kranialen Bildgebung, klinischer Untersuchung des Patienten und Ausschluss von Kontraindikationen die Lysetherapie sofort einleiten, falls diese möglich ist.
  • In jedem Fall muss der Patient im Anschluss an die kraniale Bildgebung sofort auf die aufnehmende Stroke Unit bzw. bei vital bedrohten Patienten ggf. auch auf die Intensivstation transportiert werden, um die weitere Versorgung sicherzustellen.

Die konsequente Einhaltung dieser Einzelmaßnahmen der Versorgungskette beim akuten Schlaganfall trägt zu einer Minimierung der Zeit bis zur Aufnahme auf der Stroke Unit und insbesondere bis zum Beginn der Lysetherapie bei. Hierdurch wird die Chance auf einen Erfolg der Lyse im Einzelfall maximiert - getreu dem Leitsatz der Therapie des akuten Schlaganfalls: „time is brain"

 

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