Labor & Diagnostik

DNA-Sequenzierung: neue qualitative Diagnostik-Möglichkeiten für Basenabfolge

09.04.2011 -

DNA-Sequenzierung: neue qualitative Diagnostik-Möglichkeiten für Basenabfolge. Mit der Entwicklung eines Verfahrens zur Ermittlung der Basenabfolge in der Erbsubstanz DNA wurde der medizinischen Diagnostik eine qualitativ neue Möglichkeit erschlossen. Die Technik des Sequenzierens bestand zuerst aus einem rein chemischen Verfahren und in rascher Nachfolge dann abgelöst wurde durch ein biochemisch-enzymatisches Verfahren, bei dem die enzymatische Neusynthese des komplementären Strangs einer einzelsträngigen DNA Nukleotid für Nukleotid verfolgt wird.

Das biochemisch-enzymatische Verfahren war ursprünglich als radioaktives Verfahren konzipiert. Es wich bald einer Weiterentwicklung, die mit Fluoreszenzfarbstoffen als Markierern arbeitet. Die Synthese beginnt am 3'-Ende eines an den Matrizenstrang hybridisierten sequenzspezifischen Primers. Dem Synthesebausteingemisch der Desoxinukleotide (dNTPs) aus dG, dA, dT und dC ist ein geringer Anteil der analogen Didesoxinukleotide (ddNTPs) ddG, ddA, ddT und ddC beigemischt, die bei ihrem statistisch seltenen Einbau zu einem Abbruch der laufenden Synthese des jeweils vom Ereignis betroffenen komplementären Strang-Moleküls führen. Da die Abbruch-spezifischen ddNTPs über eine basenspezifische Fluoreszenzfarbstoffmarkierung (fluorophore Terminatoren) verfügen, wird ein Kontinuum von DNA-Fragmenten generiert, das per Elektrophorese im elektrischen Feld eines hochauflösenden Gels oder auch per Kapillarelektrophorese zu einer getreuen Darstellung der Reihenfolge von mehr als 1000 Basen führt. Bei einer Vielzahl genetisch bedingter Erkrankungen – und wo immer ein genetischer Hintergrund für eine physiologische, morphologische oder auch psychische Abberranz vermutet wird – bieten die spezifische Amplifikation bestimmter Genabschnitte oder ganzer Gene, die PCR, und die nachfolgende Sequenzierung des PCR-Produkts einen Ansatz zu Diagnose und möglicher Therapie.

Im Humanen-Genom-Projekt, wurde der Startschuss für eine Entwicklung gegeben, die letztlich die schnelle routinemäßige Ermittlung der Gesamtgenomsequenz eines jeden Patienten ermöglichen soll. Kostete die allererste Gesamtsequenzierung eines menschlichen Genoms noch viele Mrd. $, so steht diese Vision unter der Devise des – überdies noch innerhalb weniger Tage generierten – „1000-Dollar-Genoms“. Die dahinterstehende Technologie firmiert unter „next generation sequencing“, ist das biochemisch-enzymatische Verfahren. Zur Anwendungsreife gelangt ist vorläufig das „sequencing by synthesis“ (auch Pyro-Sequencing genannt). Roche mit der 454-Technologie, und Illumina mit seiner Solexa-Maschine sind die Vorreiter dieser Entwicklung. Die Methode bedient sich ebenfalls der Aktivität einer DNA-Polymerase, nutzt aber die zeitliche Reihenfolge des Auftretens von G-, A-, T- und C- spezifischen Lichtblitzen, die bei einer gekoppelten optischen Reaktion entstehen. Im Einzelnen wird die zu sequenzierende DNA einzelsträngig an einer Oberfläche fixiert und der Sequenzierungsprimer dagegen hybridisiert. An seinem freien 3'-Ende beginnt die Synthesereaktion nach definiert sukzessiver Zugabe der einzelnen dNTPs. In zeitlicher Analogie zur Reihenfolge der Zugabe erfolgt die Sythesereaktion, wobei Pyrophosphat (PPi, deswegen auch Pyrosequencing) entsteht. Dieses wird durch ATP-Sulfurylase mit Adenosinmonophosphat (AMP) zu ATP umgesetzt, welches seinerseits als Treibstoff für eine Luciferase-katalysierte Umwandlung von Luciferin in Oxyluciferin dient, die einen von einer CCD-Kamera registrierten Lichtblitz erzeugt. Der Zeitpunkt des Auftretens dieses Lichtblitzes zeigt daher an, welche Base dafür verantwortlich war.

Eine massiv parallele Sequenzierung hunderttausender verschiedener Matrizen-DNA-Moleküle resultiert z. B. bei Roches System in 100 Mio. Basen Leseleistung innerhalb von acht Stunden. Solexa erzeugt systembedingt nur kurze Sequenzen von bis zu 40 Basen, während die durchschnittliche Leseweite am 454-Gerät mit 250 Bp besser ausfällt. Das mit dem Solid von ABI dritte derzeit verfügbare System, das auf der Basis von Oligonukleotidligation und -detektion funktioniert, liefert ebenfalls nur 25 Basen Information. Alle Systeme bleiben also stark hinter der Leistung der biochemisch-enzymatisch Sequenzierung zurück. Dies stellt eine erhebliche Limitierung dieser Systeme dar, denn die häufigen repetitiven Strukturen in eukaryontischer DNA können nur schwer oder gar nicht überwunden werden, weswegen eine Assemblage der einzelnen Sequenzen zum Gesamtgenom erschwert oder unmöglich wird. Aus diesem Grunde werden gegenwärtig viele Projekte zur Sequenzierung größerer DNA-Konstrukte oder ganzer, meist mikrobieller Genome als Kombination der verfügbaren neuen und biochemisch-enzymatisch-basierter Sequenziertechnologie durchgeführt.

Seit Januar läuft ein internationales Projekt unter Beteiligung von Roche, Illumina und ABI, das sich auch der drei aufgeführten Systeme bedient und die Erfassung der genetischen Variabilität von Homo sapiens durch Sequenzieren von 1.000 Genomen anstrebt. Die Gesamtkosten sollen 80 Mio. $ nicht überschreiten, sodass man mit 80.000 $ pro Genom zwar enorme Kostensenkungen erreicht hat, gleichwohl noch meilenweit vom angestrebten Ziel des 1000-$-Genoms entfernt ist.

Den Durchbruch hierzu wird einem neuen, viel versprechenden Ansatz, der Einzelmolekül-Sequenzierung, zugetraut. Visigens Sequenzierer kombiniert Echtzeit-Signalaufnahme mit Einzelmolekül-Detektion in massiv parallelen DNA-Arrangements. Es sollen Leseweiten von bis zu 1.000 Basen möglich sein, ein humanes Genom wäre somit eine Tagesarbeit. Helicos BioSciences mit seinem Heli-Scope verspricht ähnliche Leistungen. Noch weiter gehen elektrooptische Ansätze wie der von Reveo, bei dem das Prinzip auf quantum-mechanical tunneling beruht. Es umfasst die Fixierung gestreckter Chromosomen auf einem Substrat mit anschließendem Scannen unter Einsatz von Nanofinger-Arrays. Dies Verfahren gibt der einzelnen Base nur eine Nanosekunde zur Detektion, was das Lesen eines gesamten menschlichen Genoms in nur einer Minute ermöglichen soll.

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