Mutationsanalysen - der Weg zur personalisierten Medizin
05.11.2015 -
Molekulare Verfahren wie die Mutationsanalysen sind für die Pathologie ein zentrales Thema. Viele neue Testverfahren wurden in den letzten Jahren entwickelt.
Doch nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (DGP) und des Bundesverbandes Deutscher Pathologen profitieren Krebspatienten nicht im notwendigen Maße davon: Zwar würden neue Krebsmedikamente zugelassen, die hierfür notwendigen molekularen Testverfahren würden jedoch blockiert.
Personalisierte Medizin hat die Behandlung vieler Krebserkrankungen erheblich verbessert, in einigen Bereichen sogar revolutioniert. Neuartige Medikamente attackieren gezielt molekulare Veränderungen im Tumorgewebe und helfen damit vielen Krebspatienten. Diese meist teuren Medikamente wirken jedoch nur, wenn die Krebserkrankung tatsächlich die entsprechende molekulare Veränderung aufweist. Zunächst muss daher eine molekularpathologische Untersuchung am Tumorgewebe genau diese Veränderung nachweisen – erst dann ist ein gezielter Medikamenteneinsatz möglich.
Lösung zur Finanzierung innovativer Testverfahren gesucht
Die deutsche Pathologie hat in den letzten Jahren viele Tests mitentwickelt, an großen Tumorkollektiven geprüft und in die Anwendung gebracht. Dennoch können laut DGP die Patienten nicht schnell genug und im gewünschten Maße von diesen Entwicklungen profitieren. Die Ursache hierfür sieht die Fachgesellschaft in „einem gleich mehrfachen Versagen der Kosten- und Entscheidungsträger im Gesundheitswesen. Während in den letzten Jahren erfolgreich viele neue Medikamente, die gezielt Krebserkrankungen bekämpfen, zugelassen wurden, werden die Umsetzung der hierfür notwendigen Testverfahren nicht unterstützt und ihre Vergütung blockiert. Auch die aufwendige Qualitätssicherung dieser Tests wird weder unterstützt noch vergütet“, kritisiert DGP-Vorsitzender Prof. Dr. Peter Schirmacher. Die Konsequenz sei, dass viel zu wenige Krebspatienten getestet würden und vielen somit eine hilfreiche Therapie vorenthalten werde.
Das heißt: Die Forschung auf diesem Gebiet wird zwar mit öffentlichen Geldern erfolgreich vorangetrieben; die durch diese Forschung verbesserten Therapien werden jedoch indirekt über die mangelnde Berücksichtigung der hierfür erforderlichen molekularen Diagnostik konsequent ausgebremst. Die DGP fordert deshalb eine rasche Lösung, die die Finanzierung innovativer Testverfahren zum Wohle der Patientinnen und Patienten sicherstellt.
Companion Diagnostic beim Ovarialkarzinom
Seit Juni 2015 steht in Deutschland ein neues Medikament, Lynparza (Olaparib), für die Rezidivtherapie des BRCA-mutierten, high-grade serösen Ovarialkarzinoms zur Verfügung. Der PARP-Inhibitor nutzt Defekte im DNA-Reparaturmechanismus, die aus BRCA1- und BRCA2-Mutationen entstehen können. Durch die Hemmung der PARP wird ein wesentlicher Reparaturmechanismus für Einzelstrangbrüche in der Zell-DNA gehemmt – es kommt zu Doppelstrangbrüchen bei der Zellteilung. In gesunden Zellen werden diese durch Homologe Rekombination (HR) repariert. Bei einer funktionsein-schränkenden Mutation bereits in einem der Tumorsuppressorgene BRCA1 oder BRCA2 ist dieser Reparaturmechanismus gestört. Es sammelt sich schadhafte DNA an, die zur genomischen Instabilität der Zelle und in der Folge zum Zelltod führt. Die Behandlung mit Olaparib setzt eine nachgewiesene BRCA1- oder BRCA2-Mutation voraus. Die Testung am Tumorgewebe entdeckt dabei mehr Mutationen als die Testung am Blut. Da die Tumortestung keine abschließende Aussage über das Vorliegen erblicher Veränderungen macht, fällt sie nicht unter das Gendiagnostikgesetz (GenDG) und ist in der Reihe des bislang schon bei Darm- oder Lungenkrebs angewandten Vorgehens bei der Companion Diagnostic zu sehen. Diese Auffassung wurde laut Fachgesellschaft und Bundesverband bereits von der Gendiagnostikkommission bestätigt. Eine Aufklärung der Patientinnen und ihre Einwilligung nach GenDG sei für derartige Untersuchungen nicht erforderlich. Dies begrenzt den Aufwand vor Testung des Tumorgewebes und schützt die Patientinnen und Familienmitglieder auch vor einem vorzeitigen Verdacht, Trägerinnen erblicher Merkmale zu sein, was in einem hohen Prozentsatz nicht der Fall ist, heißt es dort.
BRCA-Testungen im Rahmen der Companion Diagnostic sind entgegen anderer Positionen ureigenes Feld der Pathologie. Neu ist bei dieser Mutationstestung der hohe methodische Aufwand, u. a. des Next Generation Sequenzing (NGS). Das Fachgebiet Pathologie stellt bereits derzeit mit 19 Instituten für Pathologie die flächendeckende Versorgung in Bezug auf die BRCA1/2-Mutationstestung beim Ovarialkarzinom sicher. Diese Institute haben sich einer konsequenten Prüfung der Qualität der molekularpathologischen BRCA1/2-Diagnostik unterzogen. Sowohl die Fachgesellschaft als auch der Bundesverband wirken unterstützend mit weiteren Informationen über das konkrete Vorgehen einschließlich verschiedener Muster für Kostenregelungen.