Problem- und kostenbewusste Labortätigkeit
13.09.2012 -
Das akkreditierte Zentrallabor bringt einem Krankenhaus oder Klinikverbund Vorteile - falls Planung, Logistik und vor allem inhaltliche Anforderungen vorbildlich projektiert und umgesetzt werden.
Laborbefunde sollen schnell und kostengünstig erstellt werden und möglichst direkt in die elektronische Patientenakte einfließen. Wenn sie zudem noch von einem akkreditierten Labor mit zusätzlicher Kompetenz in Mikrobiologie, Transfusionsmedizin und Krankenhaushygiene erbracht werden, kann aufseiten der Krankenhausträger eigentlich kein Wunsch mehr offen bleiben. Aber weit gefehlt, denn die Laborwerte sollen an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr eintreffen, und zusätzlich bedarf außerdem das System der Point-of-care-Testing (POCT)-Diagnostik auf Intensivstationen und Notaufnahmeeinheiten der kompetenten Supervision. Schließlich sind gegebenenfalls auch noch Sonderpositionen wie der qualitätsbeauftragte Arzt Hämotherapie, der Transfusionsverantwortliche und der Hygienebeauftragte zu besetzen.
Das Qualitätsmanagement (QM) hat für das Labor in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen, zumal die Krankenhäuser, die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), die Kompetenzzentren und Belegarztpraxen die erfolgreiche Zertifizierung (nach KTQ oder DIN ISO) in ihrem Bereich verstärkt als Wettbewerbsmerkmal einsetzen. So konnte sich das Labor, vor diesem Hintergrund, dem erheblich gestiegenen Qualitätsbewusstsein gar nicht mehr entziehen und musste die Akkreditierung (Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH DAkkS, vormals Deutsche Akkreditierungsstelle Chemie DACH) trotz der unverhältnismäßig hohen Kosten dieser Zusatzaktivitäten ebenfalls betreiben. Allein die Kosten für die erforderlichen Prozesse zur Reakkreditierung nach fünf Jahren belaufen sich - abhängig von der jeweiligen Laborgröße - mittlerweile auf 10.000 bis 20.000 Euro; zusätzlich schlagen die in der Zwischenzeit vorgeschriebenen Audits mit jeweils über 4.000 Euro separat zu Buche. Außerdem müssen zwei Kräfte der Belegschaft komplett für die Aufgaben des QM abgestellt werden. An die Analytik im Rahmen klinischer Studien ohne ein akkreditiertes Labor im Hintergrund ist gar nicht mehr zu denken.
Aspekte des zentralen Labors
Die Zentralisierung der Labortätigkeit ist ein erstrebenswertes Ziel und kann auch bei unterschiedlicher Trägerschaft zum Erfolg führen. Allerdings sollte die räumliche Entfernung zwischen der zentralen Laboreinheit und den Präsenzlaboratorien anderer Krankenhäuser nicht viel mehr als sechs Kilometer betragen. Ein derartiger Radius ist in einer Großstadt wie Frankfurt sicher eher zu realisieren als in der Peripherie. Behutsam bleibt dabei jedoch abzuwägen, ob ein betreutes Krankenhaus ganz auf ein Präsenzlabor, oder aber einen Labornachtdienst vor Ort verzichten kann.
In diesem Zusammenhang ganz auf die POCT-Diagnostik zu setzen, ist ein gefährlicher Trugschluss, weil die POCT-Techniken, die sich aktuell immer mehr ausbreiten, einerseits von den Materialkosten her gesehen recht teuer sind und andererseits - unabhängig davon, ob die Techniken im Präsenzlabor oder auf der Intensivstation vorgehalten werden - bezüglich der Personalbindung nicht zu unterschätzen sind. Es wird dabei von Laborseite eingeräumt, dass zum Beispiel die Blutgasanalytik schon immer eine POCT-Technik war und auch bleiben wird, dass allerdings die Verschärfung der Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätskontrolle das POCT-Portfolio einer sehr rigiden Supervision unterwirft.
Angesichts der Arbeitsbelastung des Stations- und Intensivpersonals dürften die propagierten POCT-Techniken nicht immer ungeteilte Akzeptanz erhalten. Schnell am Krankenbett oder in der Nähe erbrachte POCT-Ergebnisse erzielen zudem nicht immer die sofortige Aufmerksamkeit und Beachtung durch den diensthabenden Arzt, sodass durchaus ein fast ebenso schnell im Zentrallabor erzieltes Ergebnis mit online-Dokumentation und Befundübermittlung keine sehr viel schlechtere Turn-Around-Zeit (TAT) haben muss. Die abweichende Methodik und unterschiedliche Analyte (zum Beispiel Troponin I/Troponin T/Troponin high sensitive) führen zu unterschiedlichen Referenzbereichen und erschweren die Bewertung der Laborbefunde.
Die Logistik muss stimmen
Die elektronische Befundanforderung im Online-Verfahren, das Verschicken der Proben mit der Haus-internen Rohrpost und die papierlose Online-Rückmeldung der Befunde mit Einfließen der Befunde vom Laborsystem in das Krankenhaus-Informationssystem minimieren die TAT auf akzeptable Werte von elf Minuten bei den Blutbildern (90 % der analysierten Proben) bis zu 40 Minuten beispielsweise bei den Gerinnungswerten.
Ein Rohrpostsystem als Zubringersystem für Blutproben und Abstriche eignet sich jedoch nur für den zentralen Laborbereich und nicht für die dezentralen Präsenzlaboratorien des Krankenhausverbundes. Ein verlässliches Rohrpostsystem ist aber auch in umgekehrter Richtung und mit reduzierter Geschwindigkeit als Verteilsystem für gekreuzte und ungekreuzte Blutkonserven einsetzbar.
Laborarbeit im Krankenhausverbund lässt sich nur mit einem verlässlichen, kompetenten und zertifizierten Fahrdienst realisieren, der sich einerseits offen und konstruktiv der vom QM vorgeschriebenen Kundenbewertung und andererseits den Vorschriften der von den Ordnungsämtern strikt überprüften Gefahrgutverordnung stellt. Aber auch der beste Transportdienst kommt nicht an der Tatsache vorbei, dass der korrekt ausgeführte Probentransport zwischen den betreuten Krankenhäusern und der zentralen Laboreinheit etwa 30 Minuten dauert. Diese Zeit addiert sich somit im Krankenhausverbund zwangsläufig auf die TAT.
Die Rolle des Bereitschaftsdienstes ist im Rahmen der „Rund-um-die-Uhr-Versorgung" (7 x 24) gar nicht hoch genug einzuschätzen. Dabei geht es bei den Aufträgen vornehmlich um die Bereiche Hämatologie, Gerinnung und Klinische Chemie, gefolgt von der Immunhämatologie mit Blutgruppenbestimmungen, Antikörpersuchtesten und Kreuzproben sowie die damit verbundene Ausgabe von gekreuzten und ungekreuzten Erythrozytenkonzentraten, Frischplasmen und Thrombozytenkonzentraten. Mittlerweile hat aber auch die schnelle mikrobiologische Diagnostik zum Beispiel im Rahmen von Screening-Untersuchungen auf MRSA-Erreger eine große Bedeutung erlangt, sodass auch vom angeschlossenen bakteriologischen Labor Arbeitspräsenz an sieben Tagen der Woche erwartet wird.
Aus Kostengründen können nicht alle angeforderten Parameter in ausreichender Serienlänge bearbeitet werden. Das vorgehaltene, eingeschränkte Leistungsspektrum wird deshalb ergänzt durch vertraglich fest verbundene Kooperationspartner, die z. B. Aufgaben der speziellen Immunologie, der Virologie und Molekulargenetik übernehmen.
Ob die laborfachärztliche Versorgung der betreuten, chefärztlich und belegärztlich geleiteten Kliniken im Krankenhausverbund besser in der Struktur eines Medizinischen Versorgungszentrum aufgehoben ist, wird die Zukunft zeigen.
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