10. Hauptstadtkongress für Anästhesiologie und Intensivtherapie
24.05.2011 -
10. Hauptstadtkongress für Anästhesiologie und Intensivtherapie. Der Hauptstadtkongress für Anästhesiologie und Intensivtherapie (HAI) hat sich mit 3.500 Fachbesuchern, 112 wissenschaftlichen Symposien, 27 Workshops und zahlreichen weiteren Vorträgen und Kursen zur zweitgrößten Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin entwickelt. In diesem Jahr stand er erstmals unter der Schirmherrschaft des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten. Unter dem vielfältigen Themenspektrum fanden die vorgestellten Therapieoptionen gegen resistente Keime und verbesserte Ernährungskonzepte für Patienten in Anästhesie und Intensivmedizin besondere Aufmerksamkeit.
Prof. Dr. Claudia Spies, Tagungspräsidentin des HAI 2008, wies darauf hin, dass trotz der klinischen Bedeutung von Mangel- oder Unterernährung (Malnutrition) Diagnosen in noch nicht ausreichendem Ausmaß vorgenommen werden. „Grund dafür ist zum einen das Fehlen einfacher Labormessgrößen, die zuverlässig Ernährungsdefizite anzeigen. Zum anderen sind biochemische Tests zum Ernährungszustand durch akute Entzündungsprozesse beeinflusst.“ Um negative Beeinflussungen des Therapieerfolgs zu vermeiden, sei es unerlässlich, dass „Intensivpatienten rechtzeitig und richtig ernährt werden“.
Scores wie das Nutritional Risk Screening „NRS 2002“ können dabei eine bessere Beschreibung des Zustands leisten als Körpergewicht und Größe allein. Denn beim NRS 2002 fließen zusätzliche Faktoren wie Gewichtsverlust, Nahrungsaufnahme, die Schwere der Erkrankung und das Alter ein. So kann das Malnutrition-Risiko beschrieben werden und können Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Auf die besondere Bedeutung des krankheitsassoziierten Gewichtsverlusts bei Tumorpatienten wies Prof. Dr. Arved Weimann, Klinikum St. Georg, Leipzig, während des Kongresses hin. Oft bestehe sogar trotz erheblicher Gewichtsabnahme noch ein Übergewicht. Als Risiko definiert ist ein Gewichtsverlust von über 10 bis 15 % des gewohnten Körpergewichts. Um eine Erhöhung der postoperativen Morbidität und Letalität durch dieses Risiko zu vermindern, ist metabolische Konditionierung mit Glukosedrink zu empfehlen, auch immunologische Stärkung ist wichtig. Die Aussage „Am Anfang zu wenig – am Ende zuviel“ beschreibt die mangelnde Ernährung vor der Operation und die oft zu lange Dauer der künstlichen Ernährung.
Antibiotikatherapie
Das Problem der gegen mehrere Antibiotika resistenten Erreger ist generell für jedes Krankenhaus virulent. Es betrifft jedoch den künstlich beatmeten Intensivpatienten im besonderen Maße, Lungenentzündungen nach Operationen sind die häufigste Ursache für hohe Verweildauerüberschreitungen und Sterblichkeit.
Dieses Risiko lässt sich durch Umsetzung wissenschaftlicher Empfehlungen deutlich reduzieren. Um die Umsetzung der Leitlinien zu verbessern und eine sachgemäße Therapie sicherzustellen, hat die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin an der Charité Berlin ein webbasiertes Antibiotika-Programm entwickelt, das mit den Daten von 116 Intensivstationen im Internet verfügbar ist (www.dgai-abx.de/). Es basiert auf Grundregeln für die Anwendung von Antibiotika. „Diese besagen z. B., dass eine Therapie immer möglichst frühzeitig beginnen sollte, auch wenn der Erreger noch nicht bekannt ist“, erläutert Dr. Irit Nachtigall von der Charité. „Sobald er im Labor nachgewiesen ist, muss die bisherige Antibiotika-Therapie überprüft und gegebenenfalls verändert werden“.
Abhängig davon, welche Antibiotika bevorzugt eingesetzt werden, hat jede Klinik ein eigenes Spektrum an resistenten Erregern. Das webbasierte Antibiotika-Programm gibt wichtige Informationen zu Diagnose, Therapieoptionen und zur jeweiligen Resistenzsituation. Mit den im Programm eingearbeiteten evidenzbasierten Empfehlungen ist so eine sehr hilfreiche Grundlage für die adäquate Therapieentscheidung vorhanden, die dann für jeden Patienten individuell getroffen werden muss. Dabei ist es zur Berücksichtigung der individuellen Resistenz von großer Bedeutung, dass der Arzt weiß, mit welchem Antibiotikum der Patient in den zurückliegenden 180 Tagen schon behandelt wurde.