Medizin & Technik

Dr. Ulrich Wenning im Interview über OP-Trays und optimierten Workflow

08.05.2011 -

Dr. Ulrich Wenning im Interview über OP-Trays und optimierten Workflow. Pauschalisierte Vergütungsformen und Qualitätsnormen erfordern standardisierte und möglichst effiziente Prozesse im OP. Diese sind ohne OP-Trays kaum noch denkbar. Ihre Gestaltung und Einführung stellt allerdings eine schwierige Aufgabe dar, die nicht nur Operateure und OP-Pflegepersonal, sondern auch die administrativen Mitarbeiter einer Klinik auf den Plan ruft. Denn diese Medizinprodukte müssen zum einen auf die Bedürfnisse der Klinik zugeschnitten sein, zum anderen in den Prozessfluss der Klinik perfekt integriert werden. Ulrike Hoffrichter sprach hierüber mit Dr. Ulrich Wenning, Ärztliche Leitung Funktionsbereiche, Klinikum Starnberg.

Management & Krankenhaus: Kundenindividuelle OP-Trays sind auf dem Vormarsch, denn sie tragen zu Prozessverbesserung und Kosteneinsparungen bei. Wie lassen sich maximal positive Effekte durch den Einsatz dieser Produkte erzielen?

Ulrich Wenning: Optimale Effekte werden durch eine hohe Durchdringung mit OP-Trays unterschiedlichen Standardisierungsgrades erzielt, so dass die Versorgung von Operationen mit Einzelprodukten eher die Ausnahmeals die Regel darstellt. Bei jeder Vorbereitung lassen sich somit die Prozesszeiten analog verkürzen.

Die unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Berufsgruppen erschweren die Einführung?

Ulrich Wenning: Ja, das stimmt…darin liegt eine besondere Herausforderung einer gelungenen Einführung. Der Operateur bevorzugt z. B. ein möglichst individuell auf ihn zugeschnittenes Produkt. Er wünscht sich Unverwechselbarkeit, was ein individuell ausgestattetes OP-Tray durchaus erfüllen kann, Stichwort „Alleinstellungsmerkmal“. Für jeden wird sofort erkennbar, für wen dieses OP-Tray bestimmt ist.

Die Pflegekraft dagegen möchte mit wenig unterschiedlichen OP-Trays hantieren: Denn für sie ist wichtig, dass deren Inhalte überschaubar und offensichtlich angeordnet sind. Zeit für eine längere Suchphase gibt es nicht. Sie sollten zudem so aussehen, dass die Wissensweitergabe beim Personalwechsel oder in der Ausbildung nicht kompliziert, sondern leicht erfassbar ist. Das erleichtert übrigens auch das Bestellwesen und die interne Logistik.

Unbedingt vereinfachen OP-Trays das Controlling, straffen die Belieferung und tragen somit zur Bündelung des Umsatzes bei.

Wie kann die Verbindung von Standardisierung und notwendiger Individualisierung gelingen?

Ulrich Wenning: Das ist möglich, wenn individuelle Ergänzungen modular aufgebaut werden. Denkbar sind hier z. B. Split-Packs für einzelne Bereiche, Abteilungen oder Einzelakteure. Diese individuellen Einzelkomponenten – wie Nahtmaterial oder Implantate – sollten in ausreichender Menge vorrätig sein, allerdings sollten die Module eine Menge von ca. 5-10 % des Gesamtvolumens nicht überschreiten.

Wie geht man geschickt bei der Gestaltung von OP-Trays vor?

Ulrich Wenning: Zunächst ist eine Bestandsaufnahme und kritische Analyse des Ist-Zustands vorzunehmen. Dabei werden redundante Produktvorhaltungen offensichtlich, die es dann zu beseitigen gilt.

Sodann unterscheidet man zwischen unverzichtbaren Bestandteilen von OP-Trays und individuell gewünschten Erweiterungskomponenten und deren Einsatzhäufigkeit.

Weitere Überlegungen zielen darauf ab, OP-Trays für intradisziplinäre Eingriffsarten und interdisziplinärer Eingriffsarten zu standardisieren. Zu den intradisziplinären Eingriffsarten zählt beispielsweise die Hüft-/Knieendoprothetik in der Orthopädie und bei den interdisziplinären Eingriffsarten wären beispielsweise die laparoskopischen Operationen in der Allgemeinchirurgie/Gynäkologie zu nennen.

Grundsätzlich ist allerdings zu beachten, dass die positiven Effekte durch Prozessoptimierung nur dann optimal sein können, wenn möglichst wenige sterile Einzelprodukte neben den OP-Trays zum Einsatz kommen.

Wo liegen die gefährlichsten Fallstricke bei der Einführung?

Ulrich Wenning: Die Einführung verläuft nur dann reibungslos, wenn man alle an der „Supply-Chain“ beteiligten Entscheidungsträger einbezieht. Vor allem muss das Ziel der Einführung klar sein und die Endanwender müssen es unterstützen. Auch sollte der Veränderungsprozess exakt dokumentiert werden, damit der positive und schrittweise Verlauf des Prozesses und die eingehaltene Zielrichtung deutlich wird.

Wie beurteilen die Nutzer die Neuerung? Welches Best-Practice-Modell möchten Sie anführen?

Ulrich Wenning: Die Anwender sind sehr zufrieden, da sie mit hoher Zuverlässigkeit mit jenem Material agieren, für das sie sich entschieden haben und das sie gewohnt sind.

Improvisationen durch „Brüche“ im Supply-Chain Management und überschießende Lagerhaltung für den Eventualfall lassen sich im sensiblen OP-Bereich auf ein Minimum reduzieren.

Nicht zu unterschätzen ist auch der deutlich reduzierte Stressfaktor jenes Personals, das für die Bereitstellung der Medikalprodukte verantwortlich ist: Denn die Bereitstellung funktioniert dank der OP-Trays reibungslos.

Als Best Practice Modell möchte ich gern einen Sachverhalt anführen: „Critical incidents“, verursacht durch fehlerhaftes, unvollständiges oder verzögertes Bereitstellen von Verbrauchsmaterialien werden reduziert bzw. vermieden. Das ist besonders wichtig in Notfallsituationen.

Mein Wunsch wäre es, ein entsprechendes Reporting-System einzurichten, welches die bisher nur unzulänglich erfassten Gefährdungen bzw. Beinahegefährdungen von Patienten im Rahmen eines Risk-Managements auch in diesem Bereich dokumentiert. Es würde die bereits bestehenden Maßnahmen zur Gewährleistung der Patientensicherheit (Lagerungsstandards, klare Seitenbezeichnung, Kontrollmechanismen) vervollständigen.

Die kritische Analyse solcher Daten könnte dazu beitragen, weitere Verbesserungspotentiale im Bereich Vorhaltung/Bereitstellung von Verbrauchsmaterialien aufzuzeigen. So ließe sich die Qualität der Patientenversorgung noch weiter erhöhen.

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