Hypothermie – für Patienten bedenklich und für Kliniken kostspielig
21.02.2012 -
Unter Hypothermie leiden ca. 40-70% der Patienten, die sich in Deutschland einer Operation unterziehen müssen. Zu den Folgen zählen Punkte wie erhöhte Wundinfektionsraten, ein größeres Herzinfarktrisiko und eine längere Verweildauer der Patienten.
Anlässlich einer Pressekonferenz zum Thema Hypothermie plädiert Prof. Dr. Matthias Menzel, Klinikum Wolfsburg, für perioperatives Temperaturmanagement und eine entsprechende Umstellung von Verfahrensabläufen und Qualitätsmanagement. Dies gewinnt an Dringlichkeit durch die im Sommer 2011 verabschiedeten Neuerungen im deutschen Infektionsschutzgesetz. Kliniken und medizinische Einrichtungen sind angehalten, für gleichmäßige Temperaturverteilung und somit für Normothermie zu sorgen. Diese lässt sich beispielsweise mit speziell entwickelten Wärmedecken und Wärmesystemen herstellen.
Hypothermie als Kostenfaktor
Unter einer unbeabsichtigten Hypothermie versteht man die akute oder anhaltende Senkung der Körper-Kerntemperatur unter den Sollwert durch allgemeine Abkühlung. So fällt bereits 30 Min. nach Narkoseeinleitung die Temperatur um ca. 1ºC, hauptsächlich durch Wärmeumverteilung vom Körperkern zur Peripherie. Auch Faktoren wie das Ausmaß des Eingriffs, der intraoperative Flüssigkeitsumsatz und die kühle Raumumgebung spielen eine Rolle. Bis zu 70% der Patienten im Aufwachraum sind betroffen. Die Folgen sind erheblich. „Letztendlich ist eine schlecht durchblutete Wunde bei einem Kälte schlotternden Patienten eine Eintrittspforte für sekundäre Heilungsstörungen", erläutert Matthias Menzel.
Die mit Hypothermie verbundenen Komplikationen sind teilweise direkt im Operationsverlauf erkennbar oder treten auch erst Tage später auf. Blutungen, Gerinnungsstörungen, kardiale Ereignisse sowie Infektionen und Störungen der Wundheilung führen zu Belastungen der Patienten und zu beträchtlichen Mehrkosten aufseiten der Kliniken. Allein die längere Verweildauer der Patienten oder eine gestiegene Wundinfektionsrate reduzieren die Profitabilität der Abläufe.
Erwärmen im Vorfeld hilft
Da sich die Ursachen der Unterkühlung nicht verhindern lassen, gilt es am Wärmemanagement anzusetzen. Werden die Patienten vorgewärmt, lässt sich der hohe Temperaturverlust kompensieren oder vermeiden. Je früher gewärmt wird, desto eher werden die negativen Folgen der Hypothermie bereits im Vorfeld verhindert. Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention im Robert Koch-Institut hält die präoperative Erwärmung verbunden mit intraoperativer Hauterwärmung für die wirksamste Maßnahme zum Schutz vor Hypothermie.
Hierfür hat beispielsweise 3M ein System der konvektiven Lufterwärmung entwickelt. Gewärmte Luft wird am Körper des Patienten gehalten und gleichmäßig verteilt. Aufeinander abgestimmte Wärmegeräte und Patientenabdeckungen oder Unterlegedecken sorgen für die gewünschte Temperatur und eine homogene Verteilung der gewärmten Luft am Patienten.
Drainageöffnungen minimieren die Ansammlung von Flüssigkeit, während die Decke an den natürlichen Auflagepunkten des Körpers komprimiert wird, sodass potentiell ischämischem Gewebe keine Wärme zugeführt wird. Die Decke kann bei Routine-Eingriffen oder für komplexe Operationen in Rücken-, Seiten- oder Bauchlagerung verwendet werden.
Die Kosten liegen im Durchschnitt zwischen fünf und 15 € pro Eingriff. Das Vorwärmen lässt sich in standardisierte Abläufe in der Operationsvorbereitung integrieren und kann starten, sobald die Patienten im präoperativen Bereich ankommen. Da sie zu der Zeit noch nicht narkotisiert sind, nehmen sie die Erwärmung bewusst wahr und spüren, wie auf ihr persönliches Wohlbefinden geachtet wird. Abgesehen von der medizinischen und ökonomischen Argumentation bringt dies erheblichen Reputationsgewinn für die Klinik mit sich.