Innovationen der medizinischen Bildgebung
11.11.2010 -
Während der Medica in Düsseldorf vom 17. bis 20. November werden Medizintechnik-Unternehmen und Kongress-Referenten innovative Hybrid-Verfahren wie die Endosonografie und ihre Anwendung im klinischen Alltag in den Fokus rücken. Vor allem bei Krebserkrankungen werden zunehmend diese sog. Hybrid-Verfahren angewendet.
Der Gedanke liegt eigentlich nahe: in einem Untersuchungsgang zwei diagnostische Verfahren miteinander zu koppeln, um mit reduziertem Aufwand und geringerer Belastung für die Patienten nicht nur die Informationen eines bildgebenden Verfahrens, sondern die von zwei Verfahren zu erhalten. Möglich machen dies Hybrid-Verfahren, bei denen zwei unterschiedliche bildgebende Methoden in einem technischen Gesamtsystem miteinander verbunden sind.
Ein besonderes Hybrid-System ist zum Beispiel der Ganzkörper-PET/ MRT-Scanner, der in diesem Jahr am Universitätsspital Genf installiert worden ist. Er wird primär allerdings noch für Forschungszwecke verwendet. In dem System sind zwei bisher nicht kombinierbare Verfahren vereint - die Magnetresonanztomografie (MRT) und die Positronen-Emissionstomografie (PET). Die Verbindung von MRT und PET ermöglicht es, die räumlichen Strukturen und die Stoffwechselaktivität der Organe auf einem einzigen Bild sichtbar zu machen. Das ist besonders interessant bei Krebserkrankungen. Denn Tumorzellen haben oft einen höheren Energiebedarf als gesunde Zellen des benachbarten Gewebes. Wichtig ist dies für die Erstdiagnose, die Operationsplanung und die Erfolgskontrolle bei der Bekämpfung des Tumors.
„Die Kombination der anatomischen Darstellung durch MRT und des Metabolismus durch den applizierten, radioaktiv markierten Tracer für PET wird einen Vorteil für die Verfolgung und Vorhersage sowie die Überwachung der Behandlung von Krebskranken bieten und genauere Erkenntnisse dazu liefern, wie die Patienten auf Behandlungen ansprechen. Wir glauben auch, dass die Hybrid-Bildgebung in anderen Bereichen mehr Potential haben wird, insbesondere in der kardiovaskulären Bildgebung sowie in der Neurologie", erläutert Professor Osman Ratib, Chefarzt der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin der Universität Genf.
Derzeit werden beide Untersuchungen mit MRT und PET getrennt voneinander und oftmals an mehreren Tagen durchgeführt. Danach werden die Bilder an der Nachbearbeitungs-Konsole übereinandergelegt. Die Ergebnisse können daher nur schwer in Übereinstimmung miteinander gebracht werden, da der Patient bei den Untersuchungen nie genau dieselbe Position einnimmt und auch die Ausrichtung der jeweiligen Scanner nicht immer präzise übereinstimmt. Diagnostische Großgeräte, die die PET und die Computertomografie verbinden, sind als PET/CT-Geräte bereits seit Jahren im Einsatz. Im Gegensatz dazu galt die Kombination aus MRT und PET als kaum umsetzbar. „Das Magnetfeld des MRT verhinderte bisher das ordnungsgemäße Funktionieren eines PET-Scanners und erzeugte Artefakte", sagte Ratib. Mit dem neuen Ganzkörper-PET/MRT-Scanner werden diese Schwierigkeiten überwunden. Bei dem Hybrid-Gerät liegen die beiden Scan-Vorrichtungen gegenüber in einem Raum. Dazwischen befindet sich ein Drehtisch, sodass PET und MRT hintereinander stattfinden können, ohne dass der Patient seine Position ändert. „Wir haben insbesondere drei Bereiche gewählt, in denen wir eine bedeutende Verbesserung erwarten", sagt Ratib. Das sind zum einen Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren, bei denen die Beurteilung von Tumorrezidiven mit konventioneller Bildgebung aufgrund der oft sehr radikalen Operationen schwierig ist. Eingesetzt werden soll die PET/MRT auch beim Prostatakrebs, wo es vor allem darum geht, Rezidive früh zu erkennen, und beim Brustkrebs, wo das Verfahren dazu beitragen soll, die Differenzialdiagnostik zu verbessern.
Deutlich geringere Untersuchungsbelastung
Auch am Universitätsklinikum Tübingen verfügen die Radiologen seit rund einem Jahr schon über ein kombiniertes System aus PET und MRT. Prof. Claus D. Claussen, Ärztlicher Direktor im Department für Radiologie: „Für unsere Patienten bedeutet dies künftig eine deutliche Reduktion der Untersuchungsbelastung, weil die Untersuchungszeit erheblich verkürzt werden kann und die Belastung durch Röntgenstrahlung entfällt. Tumorherde oder Metastasen können mit dieser Technologie frühzeitiger entdeckt, eindeutiger charakterisiert und ihre Lage zu den Organen sicherer zugeordnet werden. Als Resultat sind frühzeitigere und zielgenauere Therapiemöglichkeiten zu erwarten." Wichtige Schritte bis hin zur Entwicklung eines Kopf-PET-MRT wurden am Uniklinikum bereits erfolgreich abgeschlossen. Die Herausforderung für die Wissenschaftler besteht jetzt darin, die Technik von der Bildgebung am relativ kleinen Kopf auf den ganzen Körper zu übertragen.
Mit einer Technik aus PET plus einem sehr starken MRT (9,4 Tesla) wollen auch Jülicher Forscher Hirnerkrankungen wie einen Morbus Alzheimer schon in ganz frühen Phasen erkennen. Das Gerät erfasst gleichzeitig die Gewebestruktur und biochemische Prozesse im Gehirn. Der Direktor des Instituts für Neurowissenschaften und Medizin, Prof. Jon Shah, erwartet eine Auflösung kleiner als 0,1 mm. Fortschritte erwarten die Forscher auch bei der Grundlagenforschung etwa zu den Themen Sucht oder Kopfschmerz. Die bessere Diagnose bedeute allerdings nicht eine sofortige bessere Therapie. Es kann noch Jahre dauern, bis auf dieser Grundlage neu entwickelte Therapeutika geprüft werden können.
Kombination von MR und Ultraschall
MRgFUS und MR-Touch bilden zwei Hybrid-Verfahren anderer Art. MRgFUS ist eine Kombination der MRT mit hochfokussiertem Ultraschall zur Myomtherapie. Und MR-Touch ist ein spezielles Elastografie-Verfahren, mit dem das visuelle Abtasten von Organen möglich ist. Seit Jahrhunderten verlassen sich Ärzte bei der Untersuchung von Patienten auf ihren Tastsinn, also auf ihr Fingerspitzengefühl, etwa bei der Suche nach Knoten in der Brust oder beim Abtasten der Leber, um etwa eine Leberfibrose zu erkennen. Aber nicht alle Organe sind so erreichbar. MR-Touch kann hier weiterhelfen. Das Verfahren nutzt eine Kombination aus niederfrequenten Schallwellen und MR-Technik, um die Elastizität des Gewebes zu messen. Dadurch entsteht ein Elastogramm, eine farbkodierte anatomische Darstellung der Gewebefestigkeit der Leber. Das Verfahren besteht aus drei Schritten. Zuerst werden im Körper mithilfe eines MRT-kompatiblen Generators Schallwellen (zwischen 40 und 200 Hz) erzeugt. Im zweiten Schritt werden diese Schallwellen mit einer speziellen MR-Bildgebungssequenz abgebildet. Im dritten und letzten Schritt werden diese Daten verarbeitet und ein Elastogramm erstellt, das die relative Gewebefestigkeit im Untersuchungsbereich darstellt.
Die Kombination von zwei bildgebenden Verfahren ist auch der Pluspunkt der Endosonografie (EUS, endoskopischer Ultraschall), bei der die Organe nicht von außen durch die Haut, sondern von innen untersucht werden. Der Ultraschallkopf wird mittels eines Endoskops direkt mit inneren Oberflächen (etwa der Speiseröhren-Schleimhaut) in Kontakt gebracht. Im Vergleich zur herkömmlichen Ultraschalluntersuchung durch die Haut hat dieses Verfahren den Vorteil, dass das Zielorgan näher am Ultraschallkopf liegt und genauer dargestellt werden kann oder seine Darstellung sogar erst möglich wird. Um eine noch bessere Darstellung zu ermöglichen, wird auf die Endoskopspitze auch oft ein mit Wasser gefüllter Ballon gesetzt. Dadurch werden die Ultraschallwellen besser zum Gewebe geleitet und auch besser reflektiert. Je nach Einsatzbereich werden unterschiedliche Geräte benutzt. Verwandt mit der Endosonografe sind Minisonden-Systeme. Dies sind In¬strumente, die auch z. B. durch einen Biopsiekanal geschoben werden können. Der Radius der Eindringtiefe des Ultraschalles ist aber auch geringer. Besonders geeignet ist die Minisonden-Endosonografie zum Beispiel zur gezielten Untersuchung eines Polypen oder zur Abschätzung der Eindringtiefe eines bösartigen Tumors.
Endosonografie gewinnt an Bedeutung
Die Endosonografie „ermöglicht die Betrachtung fast mikroskopisch genauer Schnittbilder der Darmwand", erläutert Dr. Eike Burmester von den Sana Kliniken in Lübeck. Die Untersuchung selbst ist relativ einfach und für die Patienten wenig belastend. In der bildgebenden Diagnostik vor allem bei kolorektalen Erkrankungen hat die Endosonografie in den letzten Jahren daher erheblich an Bedeutung hinzugewonnen und stellt mittlerweile einen wichtigen diagnostischen Baustein dar. Dies gilt zum einen für die Beurteilung des Kontinenzorgans, anorektaler Abszesse und Fisteln. Zum anderen wird die Endosonografie beim Rektumkarzinom in den aktuellen S3-Leitlinien als obligater Bestandteil gefordert. Die Bestimmung der Tumorinfiltrationstiefe und der Nachweis von Lymphknotenmetastasen sind präzise möglich. Das Hybrid-Verfahren ermöglicht eine genaue Therapiekontrolle und Tumornachsorge, bei der verdächtige Befunde erkannt und gezielt punktiert werden können.
Eine Option ist das Verfahren auch bei der Diagnostik von Raumforderungen im Bereich des Pankreas und bei unklarer Cholestase. Eher unbefriedigend sind laut Burmester die Ergebnisse des EUS bei Pankreasprozessen. Darüber hinaus hat die Endosonografie eine besonders hohe Sensitivität bei der Diagnostik neuroendokriner Tumoren des Pankreas. Zur Diagnostik des Insulinoms für die der präoperativen Planung ist sie sogar unerlässlich.