Medizin & Technik

Minimal-invasive Eingriffe unter MRT-Kontrolle

17.05.2013 -

Ein kurzer Überblick über die Entwicklung, vorhandenen Systeme und derzeitigen Einsatzgebiete der interventionellen MRT zeigt die beachtlichen Fortschritte in diesem Bereich.

Bildgestützte Eingriffe

Im Vergleich zum Ultraschall (US) oder zur Computertomografie (CT) scheint die Magnetresonanztomografie (MRT) zunächst nicht das prä­destinierte Verfahren zur Steue­rung minimal-invasiver Interventionen zu sein. Die Arbeitsumgebung ist komplex, die Bildgebung dauert ver­gleichsweise lang und erfordert spezielle, MR-kompatible Materialien.

Auf der anderen Seite bietet die MRT einen überragenden Weichteilkontrast sowie die Möglichkeit zur nichtinvasiven Temperaturkontrolle bei thermischen Therapieverfahren. Neben der Vielzahl morphologischer Bildkontraste liefern funktionelle Methoden wie z. B. die Diffusionswichtung zunehmend wichtige Zusatzinformationen und können so zum Erfolg einer Intervention beitragen. Klare Indikationen für einen MRT-gestützten Eingriff sind vor allem die ausschließliche oder deutlich bessere Lokalisation eines Tumors, die Visualisierung benachbarter kritischer Strukturen, die meist längere Sichtbarkeit von Kontrastmittel aufnehmenden Läsionen sowie die Vermeidung der Strahlenexposition.

Bisherige Entwicklungen

Schon kurz nach Einführung der ersten klinischen MRT-Geräte wurden erste perkutane Biopsien unter MRT-Kontrolle durchgeführt. Den ersten Höhepunkt der Entwicklungen bildeten die Mitte der 1990er Jahre aufgekommenen offenen MRT-Systeme, in denen der radiologische oder chirurgische Eingriff selbst durchgeführt wurde. Die Radiologische Klinik des Leipziger Universitätsklinikums gehörte damals zu den ersten Standorten eines besonderen offenen Systems. Innerhalb des rund 60 cm breiten vertikalen Spalts zwischen den Magnethälften konnten zwei Operateure direkt am Patienten arbeiten. Die Bildebene ließ sich über das eingesetzte OP-Instrument festlegen, sodass z. B. eine Nadel unter nahezu Echtzeit-Kontrolle platziert werden konnte. Bei intraoperativen Anwendungen wie z. B. der Resektion von Hirntumoren lag der entscheidende Vorteil einer MR-Intervention in der Möglichkeit zur unmittelbaren Resektionskontrolle und Nachresektion in einem Arbeitsgang.

Offene MRT-Geräte arbeiteten lange nur bei kleinen und mittleren Feldstärken und waren in ihren Möglichkeiten im Vergleich zur geschlossenen Bauform deutlich eingeschränkt. „Unter wirtschaftlichen Aspekten waren offene MRT-Geräte vielleicht weniger erfolgreich, die zahlreichen Erkenntnisse in technischer Hinsicht und vor allem in klinischen Belangen sind jedoch für uns auch heute noch äußerst hilfreich", resümiert Prof. Thomas Kahn.

Allgemein hat sich unter MRT-Kontrolle z. B. die Vakuumstanzbiopsie der Mamma etablieren können. Ebenso nehmen Leberinterventionen einen großen Stellenwert ein, da die Läsionen mit CT oder US oft nur schwer oder nicht erkennbar sind und die Zugangswege komplex und lang sein können. Vermehrt finden auch die MR-gestützte Biopsie und fokale Therapie der Prostata Anwendung. Im Gehirn kommen neben dia­gnostischen und chirurgischen Eingriffen auch neuere Verfahren zum Einsatz, wie z. B. die MR-geführte Implantation von Hirnschrittmachern bei bestimmten neurodegenerativen Störungen.

MRT-Systeme und interventionelle Konzepte

Heutzutage bieten einige Hersteller offene Hochfeld-MRT-Systeme an, die sich auch sehr gut für interventionelle Zwecke eignen. Der meist horizontale Spalt zwischen den rundlichen Magnethälften bietet ausreichend Platz, um den Patienten von beiden Seiten aus zu erreichen. So wurden z. B. zahlreiche Eingriffe in der Leber, der Niere und im muskuloskeletalen System beschrieben. An geschlossenen MRT-Geräten erfolgt die eigentliche Manipulation meist am herausgefahrenen MR-Tisch, sodass der Patient zur Bildkontrolle wieder in den Magneten bewegt werden muss. Trotz dieser indirekten Arbeitsweise wird die Mehrzahl der Interventionen an röhrenförmigen Geräten durchgeführt. Zur Erleichterung des Vorgehens stehen zahlreiche Hilfssysteme wie stereotaktische Zielhilfen oder Navigationssysteme zur Verfügung, so z. B. für Interventionen im Kopf, der Mamma oder der Prostata.

Seit Mitte der 2000er Jahre sind röhrenförmige MRT-Systeme mit einem erweiterten Tunneldurchmesser von 70 cm verfügbar. Diese sog. „wide-bore"- oder „open-bore"-Systeme dienen zwar primär der Erweiterung der Untersuchungsmöglichkeiten auf übergewichtige, weniger mobile oder klaustrophobe Patienten, sind jedoch auch interventionell gut nutzbar. Ein grundsätzlicher Vorteil der „wide-bore"-Systeme ist der mittlerweile sehr hohe Verbreitungsgrad.

MRT-geführte Therapien

Minimal-invasive Therapien unter MRT-Kontrolle sind für eine Vielzahl von Anwendungen beschrieben worden. Neben der lokalen Applikation von Schmerzmitteln wie z. B. bei der periradikulären Therapie gilt ein Großteil der lokalen thermischen Zerstörung von Tumoren. Hierbei werden Hitze oder Kälte meist über speziell konfigurierte, perkutan platzierte Sonden appliziert. Ein entscheidender Vorteil der MRT gegenüber anderen Verfahren ist die Möglichkeit, die räumliche Temperaturausbreitung im Gewebe nichtinvasiv zu erfassen und so die Therapie zu überwachen und zu steuern.

Die laserinduzierte Thermotherapie (LITT) ist seit vielen Jahren vor allem für die Ablation von Lebermetastasen gebräuchlich, wird jedoch auch in Hirn, Mamma, Knochen oder Prostata eingesetzt. Die Erhitzung wird durch infrarote Laserstrahlung ausgelöst, die am Ende eines Lichtwellenleiters in das Tumorgewebe austritt. Ein Vorteil der LITT ist, dass Lichtwellenleiter und Laserapplikator ohne metallische Komponenten auskommen.

In Leber, Nieren und Lunge hat sich mit der Radiofrequenzablation (RFA) ein alternatives Verfahren zur Tumordestruktion etablieren können. Die Erhitzung des Gewebes beruht auf der Reibung der sich im Wechselfeld bewegenden Ionen. Eines der RFA-Systeme arbeitet mit einer monopolaren Elektrode, aus der am Ende elektrisch leitende Speichen ausfahren. Die Mikrowellenablation (MWA) ist der RFA ähnlich, regt jedoch speziell Wassermoleküle an. Ein Vorteil liegt in der besseren Durchdringung von Geweben geringer elektrischer Leitfähigkeit wie z. B. von Lunge und Knochen. Derzeit mangelt es der RFA und MWA noch an geeigneten MR-kompatiblen Sonden.

Tumoren in der Prostata, Niere und Leber sowie im Knochen werden auch mit der perkutanen Kryoablation behandelt, die bei Temperaturen um -40 °C arbeitet. Hierfür stehen dem Anwender mittlerweile relativ dünne MR-kompatible Kryoapplikatoren zur Verfügung. Die Ablation lässt sich hervorragend mit der MRT kontrollieren, da sich die erzeugten Kryoläsionen im ganzen Umfang als Signalauslöschung darstellen, was so z. B. mit dem US nicht möglich ist.

Eine vollständig nichtinvasive Therapie ist mit dem hochintensiven fokussierten Ultraschall (HIFU, FUS) möglich. Zum Einsatz kommen kommerzielle Systeme, die für die palliative Behandlung von Uterusmyomen, Knochenmetastasen und einigen neurologischen Störungen zugelassen sind. Perspektivisch soll dieses Verfahren auch vermehrt auf maligne Prozesse wie Brust- und Lebertumoren sowie zu kurativen Zwecken eingesetzt werden. Ein Nachteil liegt in den vergleichsweise langen Bestrahlungsdauern für größere Läsionen.

Ausblick

Die interventionelle MRT hat über fast zwei Jahrzehnte eine beachtliche Entwicklung durchlaufen und wird weiterhin für zahlreiche Anwendungen unverzichtbar bleiben, vor allem dank der überlegenen Bildgebungsmöglichkeiten der MRT. Das derzeitige Anwendungsspektrum umfasst praktisch alle Organregionen und reicht von perkutanen Nadelbiopsien und lokalen Schmerztherapien bis hin zu vollständig MRT-kontrollierten Therapien wie der thermischen Tumorablation. Der technische Fortschritt wird verbesserte und erweiterte Lösungen hervorbringen. Unter Berücksichtigung der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit lassen sich damit auch neue klinische Einsatzgebiete erschließen.

 

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