Medizin & Technik

RSNA 2013: Die Radiologie braucht eine neue Arbeitskultur

11.12.2013 -

Partnerschaftliches Arbeiten - so lautete das Leitmotiv des RSNA 2013 in Chicago: Um die gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen zu meistern, „müssen wir Partnerschaften aufbauen - intern mit den Kollegen in Subdisziplinen der Radiologie, extern mit den klinischen Partner sowie mit den Patienten".

Partnerschaftliche Beziehungen standen auf der Agenda des RSNA 2013 ganz weit oben: Um den aktuellen Herausforderungen der Disziplin gerecht zu werden, „benötigen wir interne Partnerschaften mit Radiologen, externe mit klinischen Kollegen und auch Partnerschaften mit Patienten", unterstrich Sarah S. Donaldson, M. D. während ihrer Eröffnungsrede zur 99. Ausgabe der RSNA Scientific Assembly and Annual Meeting. Und die RSNA-Präsidentin erläuterte, weshalb diese Partnerschaften so wichtig sind: „Ich kenne die positive Wirkung von Partnerschaften aus meiner eigenen Erfahrung". Dr. Donaldsons Spezialisierung liegt in der Radioonkologie, mit dem Schwerpunkt auf pädiatrische Onkologie. „Ich kann mir kein Leben vorstellen, das lohnender, wertvoller wäre", fuhr sie fort.

Bis vor wenigen Jahrzehnten bedeutete Krebs bei Kindern den sicheren Tod, erinnerte sich die RSNA-Präsidentin. In der Mitte der 1970-er Jahre steckte die Radioonkologie in den Kinderschuhen; Linearbeschleuniger befanden sich in der frühesten Entwicklungsphase. Es gab noch keine Disziplin mit der Bezeichnung pädiatrische Onkologie, und Schnittbildgebung mit CT und MR war unbekannt. Damals waren Radiologen Generalisten; Ausbildungsprogramme waren einheitlich und nicht nach Subdisziplinen ausdifferenziert, und die Radiologen „stellten das Bindeglied in der Behandlungskette dar", so Dr. Donaldson. Visiten nahmen in der Radiologie ihren Anfang, wo Radiologen sämtliche biologischen Anhaltspunkte zu Erkrankungen in der Hand hielten ... später veränderte sich dieser Kosmos: alles wurde komplexer, komplizierter - und neue Technologien setzten sich rasch durch. Die Radiologen begannen, sich in Subdisziplinen zu spezialisieren und auseinanderzuentwickeln. Abteilungen und Praxen wurden heterogen.

Eine Disziplin bricht auseinander

Um den neuen Technologien gerecht zu werden, differenzierte man auch die Ausbildungsprogramme nach Subdisziplinen. Die Therapie wurde von der Diagnose abgespalten, und „schrittweise drifteten wir auseinander". Positiv war dabei sicher, dass die „neuen Technologien zu einem besseren Verständnis und zu erhöhter Präzision" in der Strahlentherapie sowie, in der Folge, zu besseren Outcomes führten, betonte Dr. Donaldson. Allerdings manifestierten sich bei den Patienten durch die Bestrahlung auch unerwartete Schäden des normalen Gewebes. Dies bedeutete, dass die Dosis reduziert werden musste - während die Heilungsraten hoch bleiben sollten.

Um eine höhere Genauigkeit bei der Strahlentherapie zu erzielen, arbeiteten Radioonkologen zunehmend über die Disziplinen hinweg und auch mit der Forschung zusammen. Das positive Ergebnis dieser Kooperation ist dramatisch: „Heute werden 80 Prozent der Kinder mit Krebs von ihrer Krankheit geheilt - durch eine multidisziplinäre, risikoadaptierte Therapie." Die aktuelle Herausforderung ist, die Heilungsraten noch weiter zu erhöhen, ohne Strahlenschäden zu verursachen, fügte Dr. Donaldson hinzu.

Die Arbeitskultur in der Radiologie muss sich ändern

Die Versorgung für Kindern „hat mir verdeutlicht, wie wichtig" und wie wirkungsvoll die multidisziplinäre Zusammenarbeit ist, fasste die RSNA-Präsidentin zusammen: Sie kann helfen, Wert statt Menge zu realisieren, Outcomes statt Output. „Wir müssen eine neue Kultur aufbauen, die Partnerschaften und Zusammenarbeit fördert, mit einem gemeinsamen Fokus darauf, die bestmögliche Behandlung zu bieten". Es geht dabei, so die Expertin, um drei Arten von Partnerschaften: interne, externe und solche mit den Patienten.

Zuerst müssen Radiologen lernen, untereinander zusammenzuarbeiten. Alle Subdisziplinen sollten sich wieder zusammenfinden, um gemeinsam die höchstmögliche Genauigkeit in der Diagnostik und Therapie zu erzielen. Dr. Donaldson nannte vor diesem Hintergrund als erfolgreiches Beispiel die „naturgegebene" Kollaboration zwischen Radioonkologie, der onkologischen Bildgebung und der interventionellen Radiologie - sie „hat geholfen, Krebszellen zu zerstören und gesundes Gewebe zu erhalten".

Teamorientierte Radiologie ermöglicht Genauigkeit

Diagnostische Bilder auf Basis hybrider Technologien wie PET/MR und PET/CT unterstützen diese wertvolle Arbeit in der anatomischen und funktionalen Diagnostik sowie in der Therapie, etwa durch Simulation. Fortgeschrittene Bildgebung unterstützt Präzision in der radiologischen Diagnostik; die Zukunft, so der Experte, gehört den 4D-Bildern in HD und der molekularen Bildgebung im Kontext der Genexpression. Integrierte Krebsbehandlung, zugeschnitten auf die individuellen Patientenbedürfnisse, erfordert Zusammenarbeit und die gemeinsame Übernahme von Verantwortung. Nur durch die Anstrengung im Team lassen sich die Herausforderungen meistern, fügte Dr. Donaldson hinzu.

Unter Nutzung der bestehenden Grundlagen werden Ausbildungsprogramme folgen müssen, die das Konzept der Zusammenarbeit einbeziehen. Integriert werden sollte hier, so die Expertin weiter, die Ausbildung in den Bereichen Intervention und onkologischer Strahlentherapie - wie dies beispielsweise in Großbritannien und Australien geschieht.

Externe Partnerschaften

Versorgungsqualität erfordert multidisziplinäre Ansätze, wie etwa bei den Kopf-und-Hals- und Lymphom-Teams, in deren Mittelpunkt Radiologen stehen. Zu den Ergebnissen zählen laut Dr. Donaldson verbesserte Koordination, Kostenreduktion und verbessertes Patientenmanagement.

Eine deutlichere Sichtbarkeit ist vonnöten, wenn Radiologen wieder zu einer höheren Relevanz im Krankenhaus zurückfinden wollen. „Raus aus dem Keller und aus den Befundungsräumen - beteiligen Sie sich aktiv in multidisziplinären Tumorkonferenzen", so ihre Botschaft an die Kollegen: „um als Partner auf Augenebene akzeptiert zu werden, müssen wir mit am Tisch sitzen." Das Übernehmen von Verantwortung für die Patientenbehandlung reicht weit über die Präsentation diagnostischer Bilder und rascher Konsultation hinaus. Wahrgenommen und gewürdigt zu werden, unterstützt Radiologen dabei, den Schritt vom „erwünschten Mediziner" zum „zugewiesenen Mediziner" zu tun ... und sichert sie dagegen ab, durch Computeralgorithmen ersetzt zu werden. Teamorientierte Medizin eröffnet neue Möglichkeiten und fördert eine breitere Expertise der Radiologen, was wiederum der Disziplin neue Kraft einflößt.

Patienten wünschen sich die Radiologen als Partner

Welchen Gewinn bergen direkte Partnerschaften mit Patienten? Diese möchten mit Radiologen über Vorergebnisse sprechen, sagte Dr. Donaldson. Die Beziehung hat sich als gängig durchgesetzt, was zu einer höheren Wertschätzung der Radiologen seitens der Patienten geführt hat. Der „Patient als Mittelpunkt" - dieser Ansatz wird als Herausforderung heute Realität in der Disziplin. Ein Kulturwandel wird die Radiologen dabei unterstützen, ihre Beziehungen zu Patienten zu festigen und nachhaltiger, bedeutungsvoller zu gestalten. Die RSNA-Präsidentin zeigte an Beispielen aus ihrer Arbeit, wie wertvoll und befruchtend solche Beziehungen sein können - als Handlungsmuster für ihre Kollegen. Die Beziehungsschaffung zu ihren wichtigsten Partnern wird den Radiologen die Kraft verleihen, die aktuellen Herausforderungen in der Disziplin zu meistern und neu entstehende Möglichkeiten zu nutzen ... und zu vermeiden, dass sie bei Klinikern und Patienten in Vergessenheit geraten.

 

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