Sequenzierung in der Onkologieforschung
06.05.2012 -
Sequenzierung in der Onkologieforschung. Die Suche nach entscheidenden genetischen Veränderungen hat zu bemerkenswerten Erfolgen bei der Krebsbehandlung geführt, z.B. bei chronischer myeloider Leukämie und bei Tumoren des Magen/Darm-Traktes. Die Sequenzierung ist dabei einer mutationsspezifischen Genotypisierung überlegen, weil diese nur bekannte Gensequenzen erkennt. Die Sequenzierung nach der Sanger Methode ist häufig nicht sensitiv genug für die Detektion von Tumor- Allelen in Gewebe; in manchen Fällen lag die Fehlerquote bei bis zu 75 %.
Die parallele Sequenzierung mit dem Genome Sequencer 20 System von Roche zeigt hier einen neuen Weg. So berichten Thomas et al. (Nature Medicine 2006: 12; 852–855) über die Anwendung bei der Mutations- Detektion in heterogenen Proben aus kanzerogenen Geweben. Herkömmliche Sequenzierungstechniken sind in Tumor- Biopsien wegen Kontamination aus dem Bindegewebe des Tumors und der genetischen Heterogenität von Krebs in der Anwendung begrenzt. Nach Ansicht der Autoren ermöglicht die schnelle Sequenzierung mit dem Genome Sequencer 20 System eine genaue molekulare Bestimmung heterogener Krebsproben mit dem Ziel einer zielgerichteteren Therapie. Um die Leistungsfähigkeit des Systems zu testen, führten Thomas et al. zunächst ein Verdünnungsexperiment durch. Sie mischten PCR-Amplikons, die entweder eine Einzelbasensubstitution oder eine Exon 19-Mutante des EGFR-Gens enthielten, mit dem entsprechenden Wildtyp.
In der folgenden Analyse konnten die mutierten Allele noch in Anteilen von 0,2 % detektiert werden, was durch eine 65.000 bis 110.000fache Sequenzierung des gleichen Amplikons erreicht wurde. Bei der anschließenden Mutationsanalyse in primären Tumorproben wurden 11 etwa 100 bp Fragmente des EGFR Gens (Exons 18 – 22) individuell mittels PCR aus DNA aus 22 Lungenkarzinom- Proben amplifiziert. Mit der GS 20-Sequenzierung konnten zusätzlich zu den schon vorher bekannten noch weitere, neue Mutationen nachgewiesen werden, darunter eine bis dato unbekannte Insertionsmutante und eine bekannte Deletionsmutante, die mit der Sanger-Technologie nicht entdeckt worden waren. Die neue Mutante P772_H773insV ist wahrscheinlich onkogen. Formalin-fixiertes, paraffinisiertes (FFPE) Gewebe ist eine der Hauptquellen für klinisch verfügbare Krebsproben.
Thomas et al. untersuchten daher 10 FFPE Lungenkrebsproben, von denen fünf Mutationen in der EGFR Kinase Domain 15 enthielten. Sie fanden mithilfe des Genome Sequencer 20 Systems alle fünf Mutanten wieder, in Häufigkeiten zwischen 4,1 und 43,5 %. Die Autoren schließen daraus, dass die Methode für die Analyse von FFPE-Proben brauchbar ist. Aus den oben beschriebenen und einigen weiteren in der Publikation beschriebene Versuchsansätzen schließen Thomas et al., dass die schnelle GS 20-Sequenzierung für die Detektion von selten vorkommenden onkogenen Mutationen in komplexen Proben mit geringem Tumorgehalt geeignet ist – die Sanger-Methode kann dies nicht leisten. Die Technik des Genome Sequencer Systems basiert auf der klonalen Amplifikation von Einzelmolekülen auf Mikropartikeln, die in einer Emulsion isoliert vorliegen, und der anschließenden hochparallelen Sequenzierung der amplifizierten DNA auf den in die Vertiefungen einer PicoTiterPlate platzierten Beads.
Im GS 20 werden Nukleotidlösungen über die Platte geführt. Wenn ein passender Nukleotidbaustein eingefügt wird, gibt es ein Lichtsignal („Pyrosequencing“), das von einer Kamera aufgezeichnet wird. Aus der Gesamtheit der Signale wird die DNA-Sequenz bestimmt. Die parallele Sequenzierung könnte in Zukunft das Tool für das Monitoring der molekularen Zusammensetzung und Entwicklung von Tumorsubtypen sein, ohne aufwändige Anreicherung der Tumorzellen auch in Fällen mit niedrigem Tumorgehalt oder hohem Hintergrund. Die Methode könnte auch helfen, die gegenwärtige Diskussion über die Eignung von EGFR-Mutationen als Marker für das Ansprechen und die Überlebensrate bei Behandlung mit EGFR TKIs weiterzubringen. Zusammenfassend wird die Genome Sequencer- Technik als sehr genaue Methode zur Mutatonsanalyse in Krebsproben bezeichnet, die sich in Zukunft auf Diagnose und Behandlung von Krebs auswirken könnte.