Verletzungen der Wirbelsäule: Vom schweren Bruch bis zur Osteoporose
23.05.2014 -
Verletzungen der Wirbelsäule: Vom schweren Bruch bis zur Osteoporose. Alle Verletzungen der Wirbelsäule sind sehr ernst zu nehmen.
Es drohen akute und chronische Schäden für die oft noch recht jungen Verletzten.
Von 1.687 Millionen im Jahr 2004 stationär behandelten Unfallverletzen hatten ca. 100.000 Verletzungen der Wirbelsäule.
Akute Schäden können motorische Lähmungen und Gefühlsausfälle bis hin zur Querschnittslähmung sowie Störungen der Erektion und der Blasen- und Darmentleerung sein (2.519 von 100.000).
Chronische Schäden beruhen auf verletzungsbedingten Instabilitäten und Fehlstellungen zwischen den einzelnen Wirbeln, die in der Folge zu quälenden Nacken- und Rückenbeschwerden bis hin zu lokalen Nervenwurzelausfällen führen.
Der von der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie getragene Teil des Chirurgenkongresses evaluierte und diskutierte schwerpunktmäßig die in den letzten Jahren neu entwickelten operativen Behandlungsmethoden bei Verletzungen der Wirbelsäule.
Nach wie vor kontrovers ist die Frage, ob man die geborstenen Wirbelkörper besser vom Rücken oder von vorne durch den Brustkorb oder Bauch oder sogar kombiniert stabilisieren sollte.
Vom Rücken her können Knochenstücke, die in den Rückenmarkskanal eingedrungen sind, leichter reponiert oder entfernt werden.
Der gebrochene Wirbelkörper wird dann mit einem sog. „Fixateur interne“ überbrückend stabilisiert, einer außerordentlich stabilen Klammer, die beidseits am Rückenmark vorbei in die vorne liegenden unverletzten Wirbelkörper oberhalb und unterhalb des Bruches eingeschraubt wird.
Geht man von vorne an die Wirbelsäule heran, so können die Bruchstücke und verletzte Bandscheiben direkt durch Knochentransplantate oder moderne „Cages“ ersetzt werden.
Dies sind hochstabile, käfigartige, offenporige Titanimplantate, in denen sich zerkleinerter Knochen oder Wachstumsfaktoren befinden, die neuen Knochen bilden können.
Durch die Entwicklung einer minimal- invasiven Technik ist heute auch der Zugang von vorne für die Patienten nur noch relativ wenig belastend – Stichwort Schlüsselloch- Chirurgie.
Ein bisher kaum behandelbares Problem sind die sehr schmerzhaften Knochenbrüche bei Osteoporose, welche 40 % aller Frauen jenseits der Wechseljahre betreffen, von denen 1,7 Millionen eine Wirbelfraktur erleiden.
Bei ausgewählten Problemfällen können die Wirbel heute mit der minimal-invasiven Technik der „Vertebroplastie“ von innen mit Knochenzement (Acryl-Kunststoffe) ausgespritzt werden.
Die Patientinnen sind in der Regel sofort schmerzfrei und müssen sich nicht mehr schonen. Bei der „Ballon- Kyphoplastie“ wird der gebrochene Wirbel zunächst von innen mit einem Ballon aufgerichtet und dann mit Zement aufgefüllt.
Die beschrieben Operationsverfahren haben in den letzten Jahren die Behandlung von Wirbelbrüchen – von der Öffentlichkeit fast unbemerkt – revolutioniert und ihnen vielfach ihren früheren Schrecken genommen.
Einer großen Zahl von Patienten blieben dadurch Rollstuhl oder lebenslanges Leiden erspart.
Kontakt:
Prof. Dr. Klaus Michael Stürmer
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie
Direktor der Abteilung Unfallchirurgie,
Plastische und Wiederherstellungschirurgie
der Universität Göttingen