Retrograde Synovialbiopsie zur Differential-Diagnostik bei Gelenkendprothesen-Versagen
Auf direktem Weg zur Diagnose
Der Knie-und Hüftgelenksersatz ist eine sichere und häufig durchgeführte Intervention mit einer hohen Patientenzufriedenheit. Allerdings treten postoperative Komplikationen in Form von persistierenden Schmerzen, Infekten, Lockerungen oder allergischen Reaktionen immerhin bei bis zu 15% der Patienten auf. Auch die postprothetische Arthrofibrose oder ektopische Verknöcherungen können Ursachen für ein negatives Ergebnis sein.
Diagnostisch wird beim Verdacht auf Protheseninfekt derzeit
in erster Linie die Gelenkspunktion und/oder eine diagnostische Arthroskopie mit Synovialbiopsie durchgeführt. Leider haben Bildgebung und die Bestimmung der Zellzahl in der Gelenksflüssigkeit hier nur einen eingeschränkten diagnostischen Wert. Schnell-Tests wie der Alpha-defensin Immunoassay stehen mittlerweile zur Infekt-Diagnostik zur Verfügung, allerdings beruhen diese auf einem einzelnen Biomarker und es können keine anderen Pathologien diagnostiziert werden.
Für die Diagnose eines Protheseninfekts ist die Synovial-Biopsie der alleinigen Gelenkspunktion deutlich überlegen 1. Die histologische Analyse ist deshalb Bestandteil der Kriterien zur Diagnose von Protheseninfekten 2. Gemäss der SLIM-Konsensus-Klassifikation wird neben der Infekt-assoziierten Arthropathie auch in die Arthrofibrose, Partikel-induced, entzündliche und toxische bzw. immunologische Ursache unterschieden 3.
Retrograde Synovialbiopsie
Erstmals wurde 2016 über den Einsatz einer retrograden Synovialbiopsie zum Ausschluss von periprothetischen Infektionen der Hüfte berichtet 4 (Abbildung 1). Bei der retrograden Biopsie kann mit Hilfe einer retrograden gerichteten Zange auf schnellem Weg die Synovialbiopsie, und durch den innenliegenden Trochar gleichzeitig die Arthrozentese durchgeführt werden. Dies geschieht üblicherweise unter Bildwandlerkontrolle; beim Knie kann darauf unter Umständen verzichtet werden da die intraartikuläre Lage durch Aspiration von Flüssigkeit gesichert ist.
Die retrograde Synovialbiopsie wird ambulant unter Lokalanästhesie durchgeführt. Der technische Ablauf bei der Hüfte ist wie folgt: nach Lokalanästhesie und Stichinzision wird das Instrument z.B. von anterolateral unter Drehbewegung durch die Kapsel vorgeschoben. Durch einen proximalen Luer Anschluss kann Gelenksflüssigkeit aspiriert werden; dies zeigt auch die intraartikuläre Lage der Zange an. Die Zange wird dann geöffnet und retrograd gegen die Kapsel bis zum Widerstand zurückgezogen. Anschliessend wird die Zange geschlossen und damit eine Stanzbiopsie durchgeführt. Durch den gleichen Zugang können verschiedene Biopsien (Kultur und Histologie) entnommen werden. Beschädigungen der Prothese bzw. andere Komplikationen im Rahmen der Intervention wurden bislang nicht beobachtet.
Diskussion
In der Studie von Ploeger et al. wird die retrograde Synovialbiopsie bei Verdacht auf Protheseninfekt als sichere und schnelle Methode beschrieben. In einer weiteren Studie 2017 wurde die Wirksamkeit der retrograden Synovialbiopsie bei 30 Patienten mit schmerzhafter Hüftprothese mit Verdacht auf Protheseninfekt untersucht 5. Alle 17 Fälle mit Protheseninfekt wurden durch die retrograde Synovialbiopsie erkannt. Die Spezifizität der retrograden Synovialbiopsie lag bei 100%, die Sensitivität bei 85%. Neben der Infektdiagnostik können wie gesagt auch andere Pathologien wie Arthrofibrose, Partikelabrieb ect. nachgewiesen werden.
Zusammengenommen kann die Patientenversorgung bei Implantatversagen durch die retrograde Synovialbiopsie verbessert werden. Die Durchführung unter Lokalanästhesie macht den Eingriff im Vergleich zu einer Arthroskopie einfacher und senkt Zeit und Kosten.
Literatur
1 Fink B, Gebhard A, Fuerst M, Berger I, Schäfer P. High diagnostic value of synovial biopsy in periprosthetic joint infection of the hip. Clin Orthop Relat Res. 2013;471(3):956-964.
2 Kapadia BH, Berg RA, Daley JA, Fritz J, Bhave A, Mont MA. Periprosthetic joint infection. Lancet. 2016;387(10016):386-394.
3 Krenn V, Morawietz L, Perino G, et al. Revised histopathological consensus classification of joint implant related pathology. Pathol Res Pract. 2014 5 Dec;210(12):779-86. doi: 10.1016/j.prp.2014.09.017. Epub 2014 Oct 17.
4 Ploeger MM, Groezinger A, Randau TM, et al. [Intra-articular Sampling with Novel Biopsy Forceps: a Simple and Reliable Diagnostic Procedure for Patients with Periprosthetic Infections of the Knee Joint]. Z Orthop Unfall. 2016.
5 Wimmer MD, Ploeger MM, Friedrich MJ, Hügle T, Gravius S, Randau TM. Pre-operative intra-articular deep tissue sampling with novel retrograde forceps improves the diagnostics in periprosthetic joint infection. Int Orthop. 2017;41(7):1355-1359.
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