Arzneimittelfälschungen in Deutschland
23.11.2011 -
Gefälschte Arzneimittel sind in Europa und damit auch in Deutschland ein wachsendes Problem.
In der Regel sind es die illegalen Vertriebswege, die als Einfallstor für Fälschungen dienen. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass der Fälschungsanteil der über illegale Internetversender verkauften Medikamente bereits heute bei 50% liegt.
Der Bericht des EU-Kommissars für Steuern und Zollunion für 2010 spricht von einer Verdreifachung der Sicherstellungen im Postverkehr gegenüber 2009, die durch den illegalen Online-Verkauf verursacht wurde.
Ähnliche Steigerungsraten gibt das Österreichische Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen an. Eine ebenso deutliche Bilanz zieht die EU-Zollstatistik 2010. In insgesamt ca. 1.800 Beschlagnahmungsfällen an den EU-Außengrenzen wurden rund 3,2 Mio. gefälschte Arzneimittel aufgegriffen, deren Originalwert vom Zoll mit rund 26,6 Mio. Euro beziffert wird. Die Dunkelziffer liegt deutlich höher.
93% der bekannt gewordenen Arzneimittelfälschungen stammen aus Indien, 5% aus China und 1% aus Hongkong. Angesichts dieser Größenordnung und den draus resultierenden möglichen gesundheitlichen Folgeschäden warnen alle Akteure des deutschen Gesundheitswesens und der Politik seit Langem unisono vor dem Bezug von Arzneimitteln aus ungesicherten Quellen über das weltweite Netz.
Dagegen kann man in Deutschland den legalen Vertriebsweg für Arzneimittel, der vom Hersteller über den Großhandel und die Apotheken bis zum Patienten reicht, mit Fug und Recht als sehr sicher bezeichnen. Nach Angaben der ABDA-Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände haben Apotheken im Jahr 2010 rund 856 Mio. von Ärzten verordnete Arzneimittelpackungen abgegeben. Hinzu gesellen sich rund 530 Mio. Packungen im Rahmen der Selbstmedikation.
Über Apotheken gelangen somit 1,386 Milliarden Packungen pro Jahr in die Hände der Patienten. Nach Aussagen des Bundeskriminalamtes sind ihm im Zeitraum von 1996 bis 2008 insgesamt 40 Fälle von Arzneimittelfälschungen mit Deutschlandbezug in der legalen Verteilerkette bekannt geworden.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2010, die allerdings keinen gesonderten Straftatbestand für Fälschungen in der legalen Vertriebskette ausweist, hat neun Fälle erfasst, in denen gefälschte Arzneimittel in den Verkehr gebracht wurden. Derzeit werde im Zusammenhang mit der legalen Vertriebskette in vier Fällen ermittelt.
Bei den meisten der bekannt gewordenen Fälschungen handelt es sich nach Angaben des BKA um illegale Reimporte in gefälschter Verpackung, d.h. Arzneimittel, die zum Export aus der EU bestimmt waren und später in gefälschter Aufmachung in die legale Verteilerkette in Deutschland gelangten. Gefälscht waren danach sowohl primär- als auch Sekundärverpackungen und Beipackzettel.
Fälschungen ohne Wirkstoff seien in der legalen Verteilerkette in Deutschland bislang noch nicht aufgetaucht. Alle entdeckten Fälschungen haben bisher ähnliche Wirkstoffe und Zusammensetzungen wie das Original besessen. Beruhigend für die Patienten, die ihre Arzneimittel ausschließlich aus der Apotheke beziehen: „Dem BKA sind keine Fälle bekannt, in denen Menschen durch die Einnahme eines gefälschten Medikamentes aus der legalen Verteilerkette gesundheitlich geschädigt worden sind."
Bei der anstehenden Umsetzung der EU-Richtlinie zur Verhinderung des Eindringens von Arzneimittelfälschungen in die legale Lieferkette geht es also darum, diesen bereits sehr sicheren Vertriebsweg noch sicherer zu machen. An dem Modellversuch securPharm zur Praxiserprobung eines zukünftigen Systems zur Erkennung gefälschter Arzneimittel in der legalen Vertriebskette beteiligen sich die Apotheken, der pharmazeutische Großhandel und die pharmazeutischen Unternehmer. Denn die Gesundheit der Bürger zu erhalten und zu schützen, ist das erklärte Ziel der an der Vertriebskette Beteiligten.
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