Hygiene

DGN-Kongress: Off-Label-Use von Medikamenten in der Diskussion

01.04.2011 -

DGN-Kongress: Off-Label-Use von Medikamenten in der Diskussion. Noch immer wird ein erheblicher Teil aller Medikamente trotz guter Wirk­samkeit in einer rechtlichen Grauzone verschrieben. Dieser so genannte Off-Label­-Use kann Kassenpatienten je­ doch finanziell erheblich belasten und Ärzte für kunstgerechtes Verhalten mit Haftungsrisiken bestrafen. Dem Ge­brauch von Arzneimitteln außerhalb ih­rer eigentlichen Zulassung war deshalb auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in Ham­burg erstmals ein komplettes Symposi­um gewidmet.

„… die Verschreibung und Anwendung von Medikamenten, die für eine bestimmte Krankheit oder Bedingung keine Zulassung haben, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ist grundsätzlich ausgeschlossen.“ Die Folgen dieses Urteils des Bundessozialgerichts vom 19. März 2002 erschweren Neurologen, aber auch Pädiatern und Onkologen die Berufsausübung noch heute.

Korrekturen zeigen Wirkung

Zwei Jahre sind vergangen, seit der Gesetzgeber das Problem erkannt und durch einen Erlass des Bundesministeriums für Gesundheit den Off-Label-Use neu geregelt hat. Die Umsetzung dieses Erlasses durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), das Gremium der Selbstverwaltung von Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen, hat mittlerweile erste positive Veränderungen gebracht, bilanziert Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen.

Auch beim Off-Label-Use dürfen Medikamente nun zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verschrieben werden, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Eine Off-Label Expertengruppe des jeweiligen Fachbereichs, die beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprdukte angesiedelt ist, gibt auf der Grundlage von Gutachten und Anhörungen eine positive Empfehlung ab.
  • Das herstellende Unternehmen gibt seine Zustimmung zum Off-Label Gebrauch.
  • Das betreffende Arzneimittel mit seiner Off-Label Indikation wird durch den G-BA veröffentlicht und ist ab diesem Zeitpunkt erstattungsfähig.

„Für uns Ärzte ist dies eine bedeutsame Neuerung, weil wir aus einer haftungsrechtlichen Grauzone heraus kommen“, so Diener, der selbst Mitglied in der Off-Label Expertengruppe Neurologie und Psychiatrie ist. Wichtiger noch sei es, dass die Patienten die umstrittenen Medikamente nicht mehr selbst zahlen müssen. Bis zu 12.000 E pro Therapiezyklus kosten bspw. intravenöse Immunglobuline, die bei der Multiplen Sklerose, der chronisch-inflammatorisch demyelisierenden Polyneuropathie (CIDP), der multifokalen motorischen Neuropathie (MMN), bei Myastenia gravis, Polymyositis und bei der Dermatomyositis zum Einsatz kommen.

Neben den Immunglobulinen beschäftigt sich die Expertengruppe derzeit auch mit der Anwendung von Methylphenidat bei ADHS im Erwachsenenalter, mit Verapamil zur Prophylaxe des Clusterkopfschmerzes, mit Amantadin bei Fatigue und Gabapentin bei Spastiken im Rahmen einer Multiplen Sklerose, sowie mit Valproinsäure zur Migräneprophylaxe.

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