Kinderarzneimittel-Symposium BfArM - Verbesserungsmaßnahmen
10.12.2015 -
Beim Kinderarzneimittel-Symposium des BfArM Anfang Juni berieten 150 Fachleute über Maßnahmen zur Verbesserung der Arznei-mittelsituation von Kindern und Jugendlichen.
In dieser Altersgruppe werden häufig Arzneimittel eingesetzt, die nur an Erwachsenen geprüft worden sind. Die europäische Kinderarzneimittelverordnung hat bei neu entwickelten Arzneimitteln Fortschritte erzielt. Zulassungsregelungen, mit denen auch bereits verfügbare und patentfreie Arzneimittel sicher bei Kindern angewendet werden könnten, werden von der pharmazeutischen Industrie jedoch kaum genutzt. Seit 2007 sind erst zwei solcher „PUMA“-Zulassungen (Paediatric use marketing authorisation) erfolgreich beantragt worden. Gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium, der pharmazeutischen Industrie, Kinderärzten, dem G-BA und Patientenvertretern will das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Hemmschwellen identifizieren und abbauen, um diese Zulassungsmöglichkeiten für Kinder zu stärken.
Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit: „Immer noch gibt es zu wenig Arzneimittel für Kinder und Jugendliche. Wir wollen die Zahl sicherer Kinderarzneimittel erhöhen.“ Dafür müssten die verfügbaren Arzneimittel darauf hin untersucht werden, ob und in welcher Dosierung und Darreichungsform sie für eine Behandlung von Kindern und Jugendlichen geeignet sind. Ziel sei es, zu mehr zugelassenen Arzneimitteln für Kinder zu kommen und damit deren Gesundheit weiter zu verbessern.
Prof. Dr. Karl Broich, Präsident des BfArM: „Mit der Weiterentwicklung bewährter und patentfreier Arzneimittel könnten Versorgungslücken in dieser Altersgruppe schnell geschlossen werden.“ Daher wolle man mit dem Kinderarzneimittel-Symposium den Dialog zwischen den beteiligten Akteuren intensivieren und die Kinderzulassung für patentfreie Arzneimittel stärken.
Versorgungslücken bei Kinderarzneimitteln
Viele zugelassene Arzneimittel werden bei Kindern angewendet, ohne dass systematische klinische Studien zur Dosierung oder zur Darreichungsform für Kinder vorliegen. Dosierungen werden häufig nur an das Körpergewicht angepasst, obwohl sich der Stoffwechsel von Erwachsenen und Kindern – in Abhängigkeit von der kindlichen Entwicklungsphase – teils erheblich unterscheidet. In der Folge kann die für Erwachsene ermittelte Dosis für Kinder zu hoch oder zu niedrig sein oder die Anwendung zu selten oder zu häufig erfolgen. Eine eingeschränkte Wirksamkeit bis hin zur Unwirksamkeit sowie mögliche beträchtliche bis lebensbedrohliche Nebenwirkungen können die Folge sein. Wegen fehlender geeigneter Darreichungsformen müssen außerdem Tabletten für jüngere Kinder häufig zerkleinert und in Flüssigkeiten oder Lebensmittel eingerührt werden. Eine genaue Dosierung des Arzneimittels ist dann nicht immer sicher zu gewährleisten. Zudem ist bisher nicht ausreichend überprüft, inwieweit die Arzneimittelwirkung durch die beigemischten Lebensmittel beeinflusst wird.
Aus Sicht des BfArM und des BMG bieten viele verfügbare und bewährte Arzneimittel ein hohes Potential, durch Untersuchungen an Kindern Lücken bei der Versorgung mit sicheren geprüften und zugelassenen Arzneimitteln rasch zu schließen. Deshalb zielt das BfArM-Kinderarzneimittel-Symposium auf eine verbesserte Nutzung der zu diesem Zweck geschaffenen Zulassungsmöglichkeit der „Paediatric use marketing authorisation“ ab. PUMA ermöglicht eine Anwendung bereits zugelassener und nicht mehr rechtlich geschützter Arzneimittel bei Kindern und räumt den Zulassungsinhabern weitergehende Schutzrechte ein. Bisher sind jedoch EU-weit seit 2007 erst zwei PUMA-Zulassungen erfolgreich beantragt worden.
Folgemaßnahmen des BfArM-Kinderarzneimittel-Symposiums
Als Ergebnis des Symposiums wird das BfArM geeignete Folgemaßnahmen definieren, um die Anzahl der PUMA-Zulassungen gezielt zu erhöhen. Dazu müssen die verfügbaren Arzneimittel untersucht werden, ob und in welcher Dosierung und Darreichungsform sie überhaupt für eine Behandlung von Kindern und Jugendlichen geeignet sein könnten. Hier bedarf es einerseits der Mitwirkung der pharmazeutischen Industrie, die bereit sein muss, ihre Arzneimittel weitergehend zu beforschen. Darüber hinaus werden Sponsoren für klinische Prüfungen zur „Überleitung“ von Erwachsenen- auf Kinderarzneimittel benötigt, etwa die pharmazeutische Industrie oder auch Unikliniken. Und es bedarf der Mitwirkung von Ärzten, die systematische Untersuchungen als Prüfer durchführen können. Nicht zuletzt muss auch mehr Aufklärungsarbeit mit Blick auf die Bereitschaft von Eltern zur Teilnahme ihrer erkrankten Kinder an klinischen Studien geleistet werden. Eltern wünschen sich umfassende Daten zur Anwendung bei Kindern, stehen einer Teilnahme an klinischen Prüfungen aber oft sehr zurückhaltend gegenüber.