Hygiene

Maligne Gliome: Lokale Chemotherapie bringt Überlebensvorteil

29.09.2012 -

Maligne Gliome: Lokale Chemotherapie bringt Überlebensvorteil. Die Überlebenszeit nach Resektion, postoperativer Bestrahlung mit 60 Gy, adjuvanter systemischer Chemotherapie und eventueller Rezidivoperation beträgt bei Patienten mit malignem Gliom nach zwei Jahren 26 % und nach fünf Jahren 5 %. Aufgrund dieser schlechten Prognose gehört zu dem Göttinger Konzept der Behandlung dieses häufigsten Hirntumors die rasche Einbeziehung neuer Therapieformen, sagte Prof. Veit Rohde, Direktor der Abteilung Neurochirurgie am Universitätsklinikum Göttingen.

Denn in 95 % aller Fälle wachsen die Tumore im Resektionsbereich wieder nach. Lokalrezidive maligner Gliome nach Operation und Bestrahlung grenzen unmittelbar an den entfernten Bereich an oder finden sich innerhalb von zwei bis drei Zentimetern um den Resektionsdefekt. Das neue Konzept der lokalen Therapie mit Carmustin Implantat (Gliadel Implantat) soll auf die nach der Operation verbleibende infiltrative Komponente des Tumors einwirken und kann die Zeit bis zum lokalen Rezidiv und damit auch die Überlebenszeit positiv beeinflussen, betonte Priv.-Doz. Dr. Alf Giese, Göttingen. Die lokale Chemotherapie mit biodegradierbaren 3,85 % carmustinhaltigen Polymerimplantaten umgeht im Gegensatz zur intravenösen Gabe die Blut-Hirn-Schranke und erreicht lokal eine bis zu einhundert Mal höhere Konzentration im Vergleich zur systemischen Applikation. Dabei bleibt die systemische Konzentration von Carmustin unterhalb des messbaren Bereichs, führte Giese weiter aus. Deshalb kommt es zu keiner unerwünschten Wirkung auf das Knochenmark, den Gastrointestinaltrakt, die Leber und die Lunge. Während der Operation können bis zu acht Implantate direkt in die Tumorresektionshöhle eingelegt werden.

Durch Hydrierung kommt es zu einem Abbau der Copolymermatrix. Der Wirkstoff selbst wird in hoher Konzentration über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen direkt an das angrenzende Gewebe freigesetzt. Verbliebene Tumorzellen können so gezielt und frühzeitig bekämpft werden. Eine multizentrische, randomisierte, placebo-kontrollierte prospektive Phase-III-Studie mit 240 Patienten bestätigte die Wirksamkeit der Implantate. 120 Patienten erhielten nach einer operativen Resektion Gliadel Implantat plus Bestrahlung, die 120 Patienten der Vergleichsgruppe die gleiche Therapie, jedoch ein Placebo-Implantat (Westphal et al., Neuro-Oncol 2003; 5 (2):79–88). Zum Zeitpunkt der Erstoperation hatten die mit Gliadel implantierten Patienten ein, zwei und drei Jahre nach der Operation einen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber der Placebo- Gruppe, betonte Giese. Die mediane Überlebenszeit betrug mit dem Implantat 13,8 Monate, mit Placebo 11,6 Monate. Dies entspricht einer Verbesserung von 19 %. Nach drei Jahren war die Anzahl der Langzeitüberlebenden unter der Gliadel-Therapie mit 9,2 % fünfmal so hoch wie in der Kontrollgruppe mit 1,7 % (Westphal et al., Acta Neurochirurgica 2006; 148: 269–275). Die Verlängerung der Überlebenszeit bei 222 Patienten mit rezidivierendem malignem Gliom wurde in einer anderen randomisierten, placebo- kontrollierten und doppelblinden multizentrischen Studie untersucht (Brem et al., Lancet 1995; 345: 1008– 1012).

Die mediane Überlebenszeit der intraoperativ mit dem Carmustin- Implantat behandelten 110 Patienten betrug 31 Wochen, in der Placebo- Gruppe 23 Wochen. Die 6-Monatsüberlebensrate war in der Verumgruppe signifikant um 50 % erhöht. In der Untergruppe der Patienten mit Glioblastoma multiforme überlebten 56 % derjenigen Patienten, die das Gliadel Implantat erhalten hatten (n=72). In der Placebo-Gruppe (n=73) waren nach diesem Zeitraum noch 36 % am Leben. Die mediane Überlebenszeit betrug in der ersten Gruppe 28 Wochen, in der Vergleichsgruppe 20 Wochen. Durch die lokale Behandlung der Erkrankung verlängert sich die Überlebenszeit durch eine erst später auftretende Progression des Tumors, erläuterte Giese. Das Implantat wird allgemein gut vertragen. Die beobachteten Nebenwirkungen lagen überwiegend auf dem Niveau der Placebo-Gruppe. Nur selten führte die Therapie zu intrakranieller Drucksteigerung sowie zu Wundheilungsstörungen. Seit 2005 besteht die Möglichkeit, für das Gliadel Implantat einen Antrag auf die Verhandlung individueller NUB-Entgelte zu stellen. Bis Ende Oktober 2005 hatten 43 Kliniken entsprechende Anfragen an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEk) gerichtet. Auf Grundlage der positiven Entscheidung des InEK (NUB Status 1) können sie für 2006 im Rahmen ihrer Budgetverhandlungen über individuelle Entgelte für die Therapie verhandeln. Für die Budgets 2007 müssen wiederum alle Kliniken, die im kommenden Jahr Carmustin Implantat einsetzen wollen, bis zum 31. Oktober 2006 eine Anfrage zur NUB-Vergütung der Therapie an das InEK richten.

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