Hygiene

Risiken mit Cox-2-Hemmern deutlich vermindert: Sterblichkeitsrate durch Ulkus oder Perforation unter NSAR nimmt zu

07.06.2014 -

Risiken mit Cox-2-Hemmern deutlich vermindert: Sterblichkeitsrate durch Ulkus oder Perforation unter NSAR nimmt zu. Die gastrointestinalen Nebenwirkungen konventioneller Antirheumatika (NSAR) sind eine Gefahr, die sich der Wahrnehmung entzieht:
Vielfach kommt es zu Läsionen im Magen-Darm-Trakt, die keine Warnsymptome verursachen.
Gerade bei älteren Patienten hat die Sterblichkeit als Folge einer Ulkusblutung oder einer Perforation zugenommen, sagte Prof. Dr. Wolfgang Fischbach, Aschaffenburg, auf einem Symposium während des Internistenkongresses 2006 in Wiesbaden.
Wie zahlreiche Studien zeigen, ist mit Cox-2-Hemmern das gastrointestinale Nebenwirkungsrisiko um mindestens 50 % vermindert.

In Deutschland nehmen jährlich ca. 11 Millionen Menschen regelmäßig oder gelegentlich NSAR oder Acetylsalicylsäure (ASS) ein, führte Fischbach weiter aus. Dies geht mit einer stark zunehmenden Häufigkeit komplizierter Ulzera einher.
Nach den Ergebnissen einer prospektiven Beobachtungsstudie aus dem Raum Düsseldorf stieg im Vergleich zum Zeitraum 1989–1990 in den Jahren 1999–2000 die Rate der Ulkusblutungen bei über 70-jährigen von 41 % auf 56 % signifikant an (Ohmann C. et al., Scand J Gastroenterol 2005).
„Die Prävalenz der Ulkusblutung ist hoch“, betonte Fischbach.
„Dies erklärt sich durch die wachsende Anzahl älterer Menschen, die NSAR einnehmen.“ Wie groß die Gefahr ist, belegen Zahlen.
Im Jahr 2002 gab es in Deutschland 10,9 Millionen NSAR-Konsumenten.
Davon entwickelten 5–10 % ein Ulkus, von diesen bekamen 5–10 % Ulkuskomplikationen und 5–10 % verstarben daran.
Dies bedeutet, dass jährlich 1.250 bis 10.000 Personen an den Folgen ihres Schmerzmittelkonsums versterben.
„Dies liegt in der Größenordnung der Verkehrstoten in Deutschland“, erklärte Fischbach.
Bei der NSAR-Toxizität ist die Dosis allein nicht ausschlaggebend. Auch niedrigste ASS-Dosen verursachen Mukosaläsionen im Gastrointestinaltrakt, sagte Fischbach weiter.
So steigt das relative Risiko für ein symptomatisches Ulkus unter ASS bei einer Tagesdosierung bis zu 300 mg um den Faktor 2,9, bei NSAR-Einnahme beträgt das Risiko 4,0 (Rodriguez et al., Am J Epidemiol, 2004). Das erhöhte Risiko besteht über den gesamten Behandlungszeitraum.

Inzidenz von GIT-Komplikationen signifikant verringert
Für Cox-2-Hemmer konnte dagegen in vielen Studien belegt werden, dass im Vergleich zu NSAR die Inzidenz von gastrointestinalen Komplikationen signifikant geringer ist.
So wurde in einer randomisierten, doppelblinden Studie Celecoxib 2 x 200 mg täglich mit der Therapie mit Diclofenac 2 x 75 mg bei 655 Patienten über 24 Wochen verglichen.
Unter Celecoxib entwickelten 4% der Patienten ein Ulkus, unter Diclofenac 15 %. In der Celecoxib-Gruppe brachen 4% der Patienten die Medikation ab, in der Diclofenac-Gruppe 16 %. (Emery et al.: Lancet 1999).
Auch eine Metaanalyse von neun randomisierten Studien mit insgesamt 15.187 Patienten ergab deutliche Vorteile für Celecoxib.
In den Untersuchungen wurde der Cox-2- Hemmer gegen NSAR und Placebo geprüft.
Dabei konnte unter der Celecoxib- Medikation die Abbruchrate wegen unerwünschter gastrointestinaler Nebenwirkungen um 47 % und die Rate an Ulzera um 71 % reduziert werden (Deeks et al., BMJ 2002).
In einer anderen Untersuchung an über 65-jährigen Patienten lag die gastrointestinale Blutungsrate unter Celecoxib auf Placeboniveau.
Bei NSAR-Einnahme war sie um das 4,4-fache gesteigert. (Mamdani et al.: BMJ 2002). 40 % aller schweren Komplikationen kommen im Dünn- und Dickdarm vor, sagte Fischbach weiter.
Auch hier verursachen Coxibe deutlich weniger Läsionen.
Dies konnte in einer Studie gezeigt werden, in der bei 413 gesunden Personen eine Kapselendoskopie vorgenommen wurde.
Sie erhielten randomisiert Naproxen plus Omeprazol oder Celecoxib. Bei Einnahme von Celecoxib traten pro Proband durchschnittlich 0,32 Mukosaläsionen auf, unter der Vergleichsmedikation 2,99.
In der Naproxen-Gruppe wurden bei 55 % der Probanden intestinale Läsionen gefunden, in der Celecoxib- Gruppe bei 16 % und in der Placebogruppe bei 7% (Goldstein et al.: Gastroenterology 2005).
Vor dem Einsatz von NSAR bzw. Coxiben sollte zunächst das individuelle Risikoprofil analysiert und danach die Medikamente ausgewählt werden.
Für Patienten ohne kardiovaskuläre Erkrankung, die in der Anamnese ein Ulkus oder gastrointestinale Risikofaktoren haben, empfahl der Gastroenterologe Coxibe.

Dünndarm keine Black Box mehr
Der Dünndarm war über Jahrzehnte eine endoskopische Black Box, sagte Priv.-Doz. Dr. Andrea May, Wiesbaden. Dies hat sich in den letzten Jahren mit Einführung der Doppel- Ballon-Endoskopie (Push- and Pull- Enteroskopie) geändert.
Mit der Technik kann der gesamte Dünndarm in Schritten von etwa 40 cm abschnittsweise untersucht werden. Die Methode bietet eine hohe diagnostische Ausbeute von 70–80% bei mittlerer gastrointestinaler Blutung.
So wird eine Blutung in dem Teil des Dünndarms bezeichnet, der für das konventionelle Gastroskop und Koloskop nicht erreichbar ist.
Neben der Diagnostik sind mit der Doppel- Ballon-Methode auch therapeutische Eingriffe wie Blutstillungen, Polypektomien und endoskopische Resektionen möglich, betonte May.

Quelle: Deutscher Internistenkongress DGIM Symposium „Der Dünndarm: im Fokus der NSAR/Coxibe und neuer bildgebender Verfahren“

Dr. Ralph Hausmann, Frankfurt

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