Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
14.03.2023 - Die Gabe von CAR-T-Zellen gehört zu den vielversprechendsten Therapieoptionen bei Patienten mit bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems.
Zusammen mit einem internationalen Team von Wissenschaftlern ist es Professor Dr. Hendrik Poeck, Geschäftsführender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums Regensburg (UKR), gelungen zu beweisen, dass die Gabe von Antibiotika die Wirksamkeit von Krebsimmuntherapien beeinflussen kann. Die Ergebnisse der Studie wurden nun im renommierten Fachjournal Nature Medicine veröffentlicht.
Krebserkrankungen gehören zu den häufigsten Krankheiten weltweit, aber die Ansprechraten auf bisher etablierte Therapien sind immer noch ungenügend. Eine vielversprechende Therapieoption, die gerade bei bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems eingesetzt wird, ist die Immuntherapie mit sogenannten CAR-T-Zellen. Dabei handelt es sich um gentechnisch veränderte T-Zellen, die mit synthetischen antigenspezifischen Rezeptoren (CARs) ausgestattet werden. „CAR“ steht hier für chimärer Antigenrezeptor. „Die Wirksamkeit dieser Krebsimmuntherapie bei hämatologischen Tumoren wie z.B. Lymphomen ist beeindruckend. Allerdings stellen die von Patient zu Patient zu beobachtenden Unterschiede in der Tumorrückbildung nach wie vor eine große klinische Herausforderung dar“, erklärt Professor Dr. Hendrik Poeck, Geschäftsführender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des UKR. „Es gibt nun aber immer mehr Hinweise darauf, dass die Darmflora bzw. das Darmmikrobiom, d.h. die Gesamtheit der Mikroorganismen, die unseren Verdauungstrakt besiedeln, die Wirksamkeit von Krebsimmuntherapien beeinflussen kann“, so der Spezialist für Akute Leukämien, Stammzelltransplantation und Tumorimmunologie weiter.
Unter der Federführung von Professor Dr. Christoph Stein-Thöringer, Professor für Klinische Infektiologie und Translationale Mikrobiomforschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen, sowie von Professor Dr. Eran Elinav am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und von Professor Poeck konnte nun in einer internationalen multi-zentrischen Patientenkohorte mit 172 Patienten (n=172) gezeigt werden, dass eine Antibiotikabehandlung im Vorfeld einer CAR-T-Zelltherapie mit ungünstigen Behandlungsergebnissen verbunden ist. Dabei erwies sich die Gabe von Antibiotika als wichtiger Störfaktor bei der Interpretation des Mikrobioms als „Biomarker“ bezüglich der Vorhersage bei den klinischen Ergebnissen. Durch die Fokussierung auf Patienten, die vor der CAR-T-Zell-Gabe keine Antibiotikatherapie erhalten hatten, konnten mittels künstlicher Intelligenz, des so genannten „machine learning“, bestimmte Mikrobiombestandteile entdeckt werden, die eine Vorhersage der klinischen Ergebnisse der CAR-T-Zell-Immuntherapie ermöglichten. Unterstützt wurden die Wissenschaftler bei ihren Analysen von Partnern am Universitätsklinikum Heidelberg, am Klinikum der LMU München, am MD Anderson Cancer Center in Texas und am Moffitt Cancer Center in Florida unterstützt.
„Mit dieser wissenschaftlichen Arbeit ist es zukünftig eventuell möglich, die Wirksamkeit der CAR-T-Zellen besser vorhersagen zu können“, erklärt Professor Poeck. „Nun arbeiten wir weiter mit Hochdruck daran, ob sich unsere Erkenntnisse auch in großen multizentrischen Studien bestätigen.“
Die Erforschung des Mikrobioms bei Krebspatienten und die perspektivische therapeutische Nutzung der gewonnen Erkenntnisse sind seit vielen Jahren ein Forschungsschwerpunkt am UKR. Gemeinsam mit Professor Dr. Dr. André Gessner, Direktor des Instituts für Mikrobiologie und Hygiene der Universität Regensburg, wird derzeit eine therapeutische Nutzung des Mikrobioms mittels so genannter fäkaler Mikrobiotatransplantation (FMT) bei Patienten nach allogener Stammzelltransplantation und nachgewiesenem „Mikrobiomschaden“ geplant. „Diesbezüglich verfügt unsere Mikrobiologie über eine einzigartige Erfahrung, Infrastruktur und auch die notwendigen Akkreditierungen zur Durchführung der klinischen Mikrobiomanalysen und perspektivisch auch FMTs“, erläutert Professor Gessner.
„Basierend auf den aktuellen Erkenntnissen sollte – falls klinisch vertretbar – auf einen restriktiveren Einsatz von Antibiotika geachtet werden. Darüber hinaus ist es sicherlich sinnvoll eine FMT-Studie zur Anwendung bei CAR-T-Zell-Patienten mit nachgewiesenem „Mikrobiomschaden“ vor Infusion zu initiieren und somit gegebenenfalls zur Verbesserung der Therapiewirksamkeit beizutragen“, resümiert Professor Poeck. Diese Studie wollen Professor Poeck und Professor Gessner nun gemeinsam innerhalb des Bayerisches Zentrum für Krebsforschung (BZKF) und des frisch gekürten Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) WERA am Standort Regensburg vorantreiben.
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