Aus den Kliniken

Corona-Experiment RESTART-19 der Universitätsmedizin Halle mit Konzertsimulation

20.07.2020 -

Die Zukunft der Kultur- und Sportveranstaltungsbranche und der Fortbestand traditionsreicher, aber von TV-Einnahmen weniger gesegneter Profi-Sportarten, ist schwer.

Eine Rückkehr zu großen Konzerten oder Handballspielen in einer Arena scheint wegen des Ansteckungsrisikos mit dem Corona-Virus nahezu ausgeschlossen. Für Profimannschaften wie die Handballer des SC DHfK aus Leipzig, Künstler und Kulturschaffende kann dies das Aus bedeuten. Das Forschungsprojekt RESTART-19 untersucht evidenzbasiert und mit wissenschaftlichem Studiendesign die Risiken von Großveranstaltungen in Hallen. Ziel ist es, Lösungen zu finden, wie diese wieder stattfinden könnten. Das Projekt wird mit rund 990.000 Euro von den Ländern Sachsen-Anhalt und Sachsen sowie aus Eigenmitteln der Universitätsmedizin Halle (Saale) finanziert.

RESTART-19 besteht aus mehreren Teilprojekten wie der Entwicklung eines mathematischen Modells zur Risikoabschätzung und der Festlegung von Rahmenbedingungen für eine Großveranstaltung. Sichtbarster Teil ist jedoch das große Experiment am 22. August 2020 in der Arena Leipzig. „Wir spielen an diesem Tag drei Simulationen durch. Einmal eine Veranstaltungssituation wie vor der Corona-Pandemie, natürlich alles mit dem größtmöglichen Schutz für die Beteiligten. Als zweite eine Simulation mit 4.000 Teilnehmenden, bei der die Ströme gezielt gelenkt werden, und als drittes eine Simulation mit 2.000 Teilnehmenden“, erläutert Projektleiter Dr. Stefan Moritz von der Universitätsmedizin Halle (Saale). Und damit es nicht zu trocken wird, unterstützt – neben den DHfK-Handballern aus Leipzig - der Sänger Tim Bendzko das Experiment mit einer Konzertsimulation. „Leistet auch ihr Euren Beitrag, unterstützt uns und meldet euch zu der Studie an. Wir sehen uns am 22. August in der Quarterback Immobilien Arena in Leipzig. Bleibt gesund“, sagt Bendzko.

Für alle drei Szenarien gebe es ein umfassendes Hygienekonzept mit Oberflächendesinfektion und FFP2-Masken, so Moritz. Alle Beteiligten werden zudem auf SARS-CoV-2 getestet. Am Eingang beim „Check In“ erhalten alle Teilnehmenden Kuverts mit der Nummer ihres Sitzplatzes sowie einer unterschiedlichen Anzahl an Tickets. Diejenigen mit drei Tickets nehmen an allen drei Simulationen teil, diejenigen mit zwei Tickets nur an den ersten beiden. „Alle Teilnehmenden erhalten ein sogenanntes Contact Tracing Device, also ein Gerät, das für jeden registriert ist und Intensität im Sinne von Abstand, Dauer und Häufigkeit eines Kontaktes misst und aufzeichnet. Wir haben dafür im gesamten Areal 30 sogenannte Anker angebracht, die mittels Ultrabreitband-Technologie die Position von allen 4.000 Probanden gleichzeitig messen können“, so Moritz.

Sachsen-Anhalts Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann betont: „Die Corona-Pandemie lähmt die Veranstaltungsbranche. Solange Ansteckung droht, dürfen weder große Konzerte und Messen noch Sportevents stattfinden. Deshalb ist es so wichtig herauszufinden, mit welchen technischen oder organisatorischen Rahmenbedingungen sich die Ansteckungsgefahr wirksam minimieren lässt. Mit RESTART-19 leistet die Unimedizin Halle echte Pionierarbeit für einen Neustart der Veranstaltungswirtschaft in Mitteldeutschland und darüber hinaus. Ich freue mich, dass Sachsen-Anhalt und Sachsen dabei kraftvoll an einem Strang ziehen.“

Doch nicht nur in der Halle finde das Experiment statt, sondern auch die Anfahrt zur Arena ist Bestandteil. „Gerade bei großen Veranstaltungen kommen die Menschen auch aus dem Umland und bewegen sich im Stadtgebiet mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Deswegen binden wir auch die Anreise über einen Park- und Ride-Parkplatz an der Neuen Messe und am Völkerschlacht-Denkmal und die Fahrt mit einer Straßenbahn zur Arena mit ein und wollen hier die Anzahl der Kontakte nachverfolgen. Der Check In erfolgt auf dem Park- und Ride-Parkplatz und in der Straßenbahn sind ebenfalls Anker installiert“, sagt Moritz. Hintergrund sei, dass man mit denjenigen, mit denen man in einer Straßenbahn Kontakt hatte nicht zwangsläufig auch im gleichen Teil der Veranstaltungshalle sitze und somit bereits vor dem eigentlichen Veranstaltungsort Ansteckungsrisiken bestehen würden. „Somit hoffen wir auch gleichzeitig noch die Frage zu beantworten, welches Ansteckungsrisiko öffentliche Verkehrsmittel ausmachen“, erklärt Moritz.

Für das Experiment werden 4.000 junge und gesunde Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebraucht. Weitere Informationen zum Projekt, zum Ablauf und den Risiken des Experiments gibt es auf der Internetseite: www.restart19.de

„Wenn wir künftig wieder Großveranstaltungen zulassen wollen, benötigen wir wissenschaftliche Erkenntnisse darüber wie wir das Infektionsrisiko minimieren und für alle Teilnehmer mehr Sicherheit schaffen können. Ich freue mich sehr, dass wir länderübergreifend ein solch wichtiges Projekt unterstützen können und somit den Weg zurück zu mehr Normalität ermöglichen. Denn natürlich sollen künftig wieder Großveranstaltungen stattfinden, aber wir müssen als Regierung hier auch unsere Verantwortung für den Schutz der Bevölkerung wahrnehmen. Ich habe mich im Vorfeld der Studie davon überzeugen können, dass durch die geplanten, ausreichenden Schutzmaßnahmen keine Gefahr für die Studienteilnehmer sowie die Bevölkerung ausgeht“, erklärt Petra Köpping, Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt des Freistaates Sachsen.

Das länderübergreifende Projekt „RESTART-19“ der Universitätsmedizin Halle (Saale) wird unterstützt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-​Anhalt und den Staatsministerien für Wissenschaft, Kultur und Tourismus beziehungsweise Soziales und Gesellschaftlicher Zusammenhalt des Freistaates Sachsen. Partner des Projekts sind der SC DHfK Leipzig, Handball, und die ZSL Betreibergesellschaft mbH.

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